Morbides Verlangen 10

Morbides Verlangen 30. Sep. 2022

Warnung:

Wir erinnern uns daran, dass dies nur eine fiktive Geschichte ist. Der Inhalt soll schockieren, abschrecken und Angst auslösen.  Das Leben ist kostbar. Das Leben ist ein Geschenk und man sollte andere so behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte. Mit Respekt, Liebe und Verständnis. Solltest du dunkle Gedanken haben, die dich drohen einzunehmen, dann suche dir bitte Hilfe. Es gibt immer eine helfende Hand, man muss danach nur greifen wollen.

Achtung Triggerwarnung, enthält sensible Themen wie Depressionen/Selbstmord und erotische Inhalte, FSK +18

Ich werfe einen kurzen Blick in den Spiegel über dem Waschbecken. Meine langen Haare sind nass und leicht gewellt. Mit ein paar Handgriffen binde ich sie zu einem unordentlichen Dutt auf meinem Hinterkopf zusammen, wasche mir das Gesicht und stelle fest, dass ich trotz allem unglaublich fertig aussehe. Beinahe so, als würde sich die Depression in mein Gesicht hineinfressen und dort erstmal Urlaub auf unbestimmte Zeit machen.
Ich werfe das Handtuch frustriert über den Rand der Wanne und laufe nackt - und natürlich ausgerüstet mit Handy - durch meine Wohnung zu meinem Schreibtisch.

Dort angekommen, pflücke ich einen Slip, diesmal in der Farbe schwarz, aus dem vollen Korb mit sauberer Wäsche und ziehe ihn an. Der Korb steht nun schon seit knapp einer Woche herum, weil ich bisher nicht die Motivation aufbringen konnte, den Inhalt in meinen Kleiderschrank einzuräumen. Andererseits ist praktisch immer irgendetwas griffbereit zum Anziehen zu haben, da ich mich generell mehr in der Nähe meines Schreibtischs aufhalte als in meinem Schlafzimmer, wo der Kleiderschrank sowieso nur nutzlos und leer herumsteht.
Vielleicht sollte ich in Erwägung ziehen, den Schrank umzusiedeln. Ach was mache ich mir überhaupt vor, eigentlich brauche ich gar kein Schlafzimmer, ich sollte einfach das Bett direkt vor meinen Schreibtisch verfrachten. Wäre der Kühlschrank nicht in der Küche eingebaut, würde sich dieser bestimmt auch gut neben Bett und Schreibtisch machen, oh ja, ich bin ein faules Stück Scheisse.

Resigniert glotze ich auf den Bildschirm meines Computers, der gefühlt Jahrhunderte braucht, um endlich hochzufahren. Als der Computer einsatzbereit ist, öffne ich die Google-Suchmaschine und gebe den Begriff „Callgirl“ ein. Schnell stelle ich fest, dass es an Angeboten nicht fehlt. Zu meinem Vorteil und zu Nachtwolfs Nachteil habe ich eine Adresse von ihm bekommen und kann somit den Raum eingrenzen. Kurzerhand präzisiere ich meine Sucheingabe und gebe „Callgirl Stuttgart“ ein. Bingo.
Die Seite “Escort Service Stuttgart” sieht vielversprechend aus. Die Escort-Damen auf der Seite sind alle relativ jung bis auf ein paar wenige Ausnahmen und genau diese Ausnahmen wecken mein Interesse. Ich klicke durch die Profile der Frauen und meine Wahl fällt schnell auf Daniela. Sie ist vierzig Jahre alt, brünett und vollbusig. Und das Beste ist - sie gleicht mir überhaupt nicht, was sie zur perfekten Kandidatin für mein Vorhaben macht, weil ich, warum auch immer, nicht will, dass er mit einer Frau schläft, die sich kaum von mir unterscheidet. Außerdem sind Daniela’s sexuelle Vorlieben vielfältig und sie scheint sich auch gerne auf Rollenspiele einzulassen. Perfekt.  Die Preise schlagen mir jedoch ein Loch in die Magengrube. Man muss verdammt reich sein, um sich überhaupt so eine Dame leisten zu können.

Was Daniela für ein paar Stunden „Private Date“ verlangt, verdient ein MC-Donalds Mitarbeiter vielleicht im Monat. Eventuell sollte ich meine Jobwahl überdenken und auch eine Karriere als Callgirl anstreben. Andererseits weiss man nie, worauf man sich bei sowas einlässt. Schließlich kann man von jedem x-beliebigen Mann mit genug Geld in der Brieftasche gebucht werden.
“Aber du weißt doch auch nicht wirklich, wer hinter dem Pseudonym Nachtwolf steckt. Du kennst ihn nicht, du weißt absolut nichts über ihn, wahrscheinlich ist der Kerl ein Serienkiller und wartet nur auf eine Gelegenheit, dich abzumurksen”, flüstert eine leise Stimme in meinem Kopf. Prompt verbanne ich die langweilige Miesepeterin in die hinterste Ecke meines Bewusstseins. Ja, gut, die leise Stimme in meinem Kopf hat  zwar recht, aber auch gleichzeitig irgendwie unrecht. Ich meine, was soll mir schon passieren? Nachtwolf weiss genauso wenig über mich, wie ich über ihn. Er weiss nicht einmal, wo ich wohne oder arbeite und wer weiss, ob wir uns im echten Leben jemals treffen werden.
Im Angesicht der Tatsache, dass ich sowieso mit dem Gedanken gespielt habe, mein Leben vorzeitig zu beenden, sollte ich mir sowieso keinen Kopf darüber machen, ob ich einem Serienkiller in die Fänge laufen könnte. Wäre immerhin ein abenteuerlicherer Tod, als alleine zuhause an seinem eigenen Erbrochenem zu ersticken. “Aber auch viel schmerzvoller”, piepst die Miesepeterin nochmals aus ihrer Ecke und am liebsten hätte ich ihr meinen imaginären Stinkefinger gezeigt.
“Pssst. Lass mich einfach machen. Kann nicht mehr als schiefgehen.”

Ich fotografiere mit meinem Handy die Profilseite von Daniela, auf der alle notwendigen Infos zu der Dame stehen, dann tippe ich die Nummer vom Escort Service ab und sende Foto sowie Nummer Nachtwolf zu.

Schatten: Während du dir immer noch Gedanken darüber machst, was du mit meinem Slip anstellen möchtest, habe ich einen Leckerbissen für den bösen Wolf herausgesucht. Verabrede dich heute Abend mit Daniela - ich will, dass du sie fickst und ich will dir dabei zusehen können.

Kaum habe ich die Nachricht abgeschickt, wird mir flau im Bauch. Ich bin wirklich gespannt, wie Nachtwolf auf diese Aufforderung reagiert. Bezahlter Sex ist für einige Männer ein absolutes Tabu. Mal sehen, wie Nachtwolf zu sowas steht, außerdem möchte ich nicht nur herausfinden, wie gut der Mann im Bett ist, sondern auch wo seine Grenzen liegen.
Tut er, was ich von ihm verlange oder ist ihm das zu viel?
Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe herum und ertappe mich dabei, wie ich mir vorstelle, wie der Mann über der Escortdame ragt. Wie seine Hüften zustoßen, seine Muskeln sich über der Anstrengung anspannen und seine schönen Hände den fülligen Körper dieser Frau erkunden.
Oh ja. Ich will Nachtwolf in Aktion erleben und herausfinden, ob wirklich etwas Animalisches in ihm steckt. Ich spüre, wie mir schlagartig heiß wird. Vielleicht hat mein Arbeitskollege doch recht und ich muss tatsächlich unbedingt wieder einmal ‚flachgelegt' werden. Vor meinem inneren Auge sehe ich Georg’s dämliches Grinsen vor mir und verfluche mich dafür, mir einzugestehen, dass der Blödmann mit dieser Annahme einmal ins Schwarze getroffen haben könnte.

Plötzlich piepst mein Handy und als ich einen Blick auf die Nachricht werfe, weiß ich, dass ich den Bogen überspannt habe.

Nachtwolf:    Lebwohl, Schatten.

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