Ostara

kontroverse Geschichten 16. Mai 2023


Warnung:

Wir erinnern uns daran, dass dies nur eine fiktive Geschichte ist. Der Inhalt soll schockieren, abschrecken und Angst auslösen.  Das Leben ist kostbar. Das Leben ist ein Geschenk und man sollte andere so behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte. Mit Respekt, Liebe und Verständnis. Solltest du dunkle Gedanken haben, die dich drohen einzunehmen, dann suche dir bitte Hilfe. Es gibt immer eine helfende Hand, man muss danach nur greifen wollen.

FSK18 - kontrovers

Vielleicht nicht meine beste Idee, all meine Hoffnungen auf einen Toyboy aus dem Internet zu setzen. Was soll’s. Man muss sich eben zu helfen wissen, selbst wenn das bedeutet, einen jungen Mann zu sich nach Hause einzuladen und dafür auch noch zu bezahlen. Das Geld reut mich tatsächlich nicht, es ist vielmehr der Gedanke, nun gänzlich an Attraktivität verloren zu haben, da ich gezwungen bin, zu solchen Mitteln zu greifen. Eigentlich ist nichts dabei, sich mit einem Toyboy zu treffen. Zumindest rede ich mir das ein. Ich bin ja schließlich nicht die Einzige auf diesem Planeten, die so etwas tut. Mal ehrlich. Es ist immer eine Sache von Angebot und Nachfrage, außerdem muss ich zugeben, dass mir der junge Kerl mehr gefällt, als ich mir insgeheim eingestehen will. Besonders als er vor meiner Tür steht und der Mann aus dem Internet plötzlich real und greifbar wird. Er sieht sogar besser aus, als auf den Fotos. Vielleicht liegt es an seinen Klamotten oder an dem Fakt, dass er gerade in diesem Moment Klamotten trägt. Auf den Fotos im Internet hatte er nämlich keine an und irgendwie gefällt mir der Typ mehr, wenn er nicht willig in eine Kamera hinein lächelt und sein bestes Stück dazu in der Hand hält. Ja. Mit Klamotten ist dieses Treffen erstaunlicherweise fast etwas Normales und für mich deutlich weniger Beschämendes. Beinahe so, als würde man sich mit einem guten Freund zu Kaffee und Kuchen treffen und als wäre dieser Freund halt eben ein paar Jahre jünger als man selbst. Da ist nichts dabei. Rede ich mir ein.

“Und du bist wirklich schon volljährig?”, frage ich und verfluche mich, dass ich dabei klinge wie eine, die hinter der Kasse sitzt und einem Jungen sein alkoholisches Getränk nicht gönnen will. Was witzig wäre, weil ich in unserem Fall dieses alkoholische Getränk wäre, für das er nicht einmal bezahlen muss. Ich bin schließlich die, die am Ende dieses Tages die Scheine springen lässt. Und davon ganz schön viele. Verflucht ist der Typ teuer, aber er macht auch echt etwas her.

“Lady, ich bin sowas von volljährig, aber wenn du mir nicht traust, wie wäre es damit?”, erwidert Odin, ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich bei dem Namen um einen Fake-Namen handelt, und lässt seine Hand in der Hosentasche verschwinden. Wenig später streckt mir der junge Mann seinen Ausweis entgegen und lächelt mich dabei so selbstsicher an, dass mir bei diesem Lächeln bestimmt die Knie weich geworden wären, würde ich nicht im Rollstuhl sitzen und die untere Hälfte von mir seit Jahren nicht mehr spüren. Immerhin ein Vorteil hat dieser Zustand, wenn auch nur ein geringer.

“Der könnte auch gefälscht sein”, sage ich wie beiläufig und werfe einen Blick auf den Ausweis. Zwei Dinge irritieren mich daran ungemein. Erstens, dass der Typ wirklich Odin heißt, obwohl er wenig mit dem echten Odin gemein hat und zweitens, dass dieser Odin hier bereits 21 Jahre alt sein soll, obwohl er sich auf seinem Profil im Internet als 18 ausgegeben hat. Der kleine Lügner. Mir soll’s recht sein, Hauptsache alt genug für das, was ich mit ihm vorhabe.

“Und überzeugt?”, meint Odin nur, als hätte er meine spitze Bemerkung gekonnt überhört. “Überzeugt von mir?”, ergänzt er und zieht sein Gewinner-Lächeln noch ein Stück höher. Ich nicke notgedrungen und gebe ihm den Ausweis zurück, der sogleich in der schicken Hose verschwindet, die bestimmt teuer gewesen ist. Toyboy zu sein, scheint sich wohl auszuzahlen, wenn Toyboy Odin sich damit Luxus-Markenklamotten finanzieren kann, die selbst mir, die das Geld locker sitzen hat, die Kohle nicht wert wären.

“Komm rein”, ich deute mit meiner linken Hand neben mich und signalisiere dem Jungen, einzutreten. “Schuhe kannst du anbehalten.”

Odin tut wie ihm geheißen und betritt den Eingangsbereich. “Kannst du die Tür schließen?”, bitte ich ihn, und auch dieser Aufforderung kommt er, breit grinsend, nach. Dann stehen wir erstmal schweigend im Eingangsbereich herum. Wobei nein, ich sitze, er steht – und da ist diese bedrückende Stille zwischen uns, die ich irgendwie mit Worten füllen möchte und nicht kann.

„Machst du sowas öfters?“, platzt es irgendwann doch aus mir heraus.

„Hmm, kommt drauf an. Was genau meinst du?“, gibt Odin kokett von sich und lässt dabei lässig die trainierten Schultern kreisen. „Alte Schachteln bumsen“, fährt es mir durch den Kopf, sagen tue ich jedoch was anderes. „Na Frauen im Rollstuhl verführen.“

Odin lacht kurz auf. „Da bist du tatsächlich die Erste.“

„Toll“, denke ich und bemühe mich um einen einigermaßen neutralen Gesichtsausdruck. Nicht, dass mich so eine Aussage auch nur ansatzweise verletzen würde. Der Zug ist schon längst abgefahren. Da stehe ich drüber. Oder sitze ich drüber. Wie auch immer.

„Spürst du denn untenrum noch alles?“, sprudelt es nun unverblümt aus Odin heraus. Dazu sein dummes Grinsen, was unfairerweise verdammt gut an ihm aussieht und ihm steht.

„Bist du immer so direkt?“, gebe ich leicht pikiert zurück.

Odin seinerseits zuckt lediglich mit den Achseln. „Schätze, du hast mich nicht zu dir bestellt, damit ich hier den schüchternen Jungen raushängen lasse, der den Mund nicht aufkriegt – denn wenn ich mit dem da, da unten zugange bin“, Odin deutet mit seinem Zeigefinger auf seinem Mund, kurz darauf auf mich, besser gesagt in Richtung meiner tauben Beine. „Dann wäre es praktisch, wenn du davon auch etwas mitbekommst, oder nicht?“

Nun, diese Frage aka Schlussfolgerung, Feststellung, oder wie man das nennt, ergibt natürlich Sinn.

Ich winke erstmal ab. „Mach dir darüber mal keine Gedanken“, sage ich und pflastere meinerseits ebenfalls ein Lächeln auf meine Lippen. „Wärst du so lieb?“, ich klimpere mit meinen Wimpern und tippe auf die Armlehne meines Rollstuhls. Odin hebt fragend eine Augenbraue in die Höhe, scheint aber zu verstehen.

„Ich soll dich schieben?“

„Ich mag es, wenn man sich lieb um mich kümmert und mich wie eine Göttin behandelt.“

„Ach, ja?“, lacht Odin und stellt sich prompt hinter mir auf. „Na wenn du darauf stehst, dann…“, der junge Mann bückt sich zu mir herunter und legt seine Lippen an mein rechtes Ohr. „Wo soll ich die Lady denn hinschieben?“, raunt er gegen mein Ohrläppchen und jagt mir damit einen zuckersüßen Schauder den Rücken hinunter. Ich brauche einen Moment, um mich davon zu erholen, dann strecke ich den Arm aus. „Nach dort drüben. In den Garten.“

„Du willst es im Garten machen? Also im Freien? Draußen?“, Odin klingt leicht überrascht, aber nicht abgetan von der Idee, sondern eher angetan. Vielleicht wollen es die anderen alten Schachteln, die er so besucht, immer klassisch im Bett tun. Tja, ich bin halt anders. War ich schon immer.

„Bist du etwa doch schüchtern und hast Angst vor möglichen Zuschauern?“, stichele ich und erhalte sogleich den Nächsten angenehmen Schauer in Form von Odins Mund an meinem Hals. „Im Gegenteil“, flüstert er und beißt zärtlich in die empfindliche Stelle hinein. „Das ist sogar ganz nach meinem Geschmack.“

Im Garten angekommen schiebt mich Odin über den frisch gemähten Rasen bis zu einer Rosenhecke. Dort sinkt er vor mir in die Knie und sieht mich erwartungsvoll an. „So und darf ich nun von der süßesten Frucht im Garten kosten, schöne Frau?“, raspelt Odin das Süßholz und ich bin mir sicher, dass alleine seine tiefblauen Augen jedes Frauenherz zum Schmelzen bringen könnten, möge es sich noch so sehr dagegen wehren. Dazu die blonden, glänzenden Haare, die er sich zurückgebunden hat, das makellose, jungenhafte und doch markante Gesicht. Diese vollen Lippen. Der definierte Körper. Eigentlich ein Jammer, dass sich dieser schöne Mann wie ein belangloses Objekt im Internet verkauft.

„Kannst du bitte zuerst den Osterhasen für mich ausgraben?“, erwidere ich und verwirre sichtlich mit dieser Bitte den Mann vor mir. Die blonden Augenbrauen ziehen sich zusammen, Falten schmiegen sich auf die glatte Stirn, die Nasenflügel blähen sich auf und dann, wenige Sekunden darauf, bricht es sintflutartig aus dem Mann heraus. Odin lacht los, als hätte ich einen Witz gerissen, der es echt sowas in sich hat. Er wischt sich sogar eine Träne aus dem linken Auge, ehe er mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr klemmt und mich dabei so liebevoll anlächelt, dass ich doch glatt ein schlechtes Gewissen bei meinem Vorhaben bekommen könnte.

„Kann es sein, dass du ein bisschen verrückt bist?“, erkundigt Odin sich bei mir und schmunzelt dazu verwegen.

Ich schüttele den Kopf und lächle ebenfalls. „Bitte, grab den Osterhasen für mich aus.“

„Den Osterhasen“, echoed Odin und grinst sein Grinsen. Ich weiß, dass der Kerl mich nicht für voll nimmt, aber das ist mir reichlich egal. Am Ende wird er die Schaufel in der Hand halten – das ist alles, was für mich zählt.

„In deinem Profil stand, dass du Frauen jeden erdenklichen Wunsch erfüllst, war das etwa geflunkert“, kontere ich und weiß, wie naiv sich das anhört, aber auch das ist mir egal.

„Du weißt schon, dass…“, beginnt Odin und hält inne, als er den ernsten Ausdruck auf meinem Gesicht bemerkt. „Vielleicht sollte ich besser…“

„Ich will nur, dass du mir ein Loch buddelst“, unterbreche ich den jungen Mann. „Ich kann das nicht alleine, wie du siehst“, füge ich hinzu und deute auf meine Beine hinunter. Odin folgt meinem Blick und rümpft wenig begeistert die Nase. Das Treffen hat sich der Mann wohl ganz anders vorgestellt. Vielleicht hätte ich ihn vorwarnen sollen, aber dann wäre er bestimmt nie vorbeigekommen.

„Wozu brauchst du ein Loch?“, hakt er unsicher nach und ich sehe ihm an, dass er bereits das Schlimmste vom Schlimmsten befürchtet aka, dass sich in seinem Kopf ein Szenario abspielt, in dem ich mich vom Rollstuhl und in das Loch hineinstürze um zu Sterben.

„Nicht das, was du denkst“, versuche ich, den jungen Mann zu beruhigen. „Ich will mich nicht umbringen. Ich will nur, dass du den Osterhasen ausgräbst, den ich vor Jahren hier verbuddelt habe. Bitte. Mehr nicht.“

Odin weicht einen Schritt von mir zurück und richtet sich zu seiner vollen Größe auf – dann beißt er sich auf die Unterlippe und zieht eine gequälte Fratze. Eine Mischung aus Unbehagen und unterdrückter Lachanfall spiegelt sich in dem Ausdruck wider.

„Das ist echt ein bisschen krank, Lady“, meint er schlussendlich und probiert es erst mit einem Lächeln, ehe er gänzlich loslacht.

„Wäre es weniger krank, wenn ich dich bitte, das Shirt dafür auszuziehen?“, schlage ich vor.

„Ich soll das Loch oben ohne für dich graben?“, bohrt Odin ungläubig nach und lacht erneut los, als ich nicke.

„Du bist ganz schön crazy, Lady“, meint er, als er sich einigermaßen von seinem Lachanfall beruhigt hat.

„Ich würde eher sagen verzweifelt“, murmle ich und obwohl ich nicht will, ziehe ich einen Schmollmund. Er ist einfach plötzlich da. In meinem Gesicht. Dieser affige Mund, den alle Frauen ziehen, wenn sie etwas wollen und nicht bekommen.  Abermals zeichnet sich eine Mischung aus Mitleid und Belustigung in Odins Mimik ab.

„Und ich kann wirklich nichts anderes für dich tun, als oben ohne ein Loch zu buddeln? Ja?“

Ich nicke ein weiteres Mal, doch diesmal lacht Odin nicht los. Er mustert mich lediglich interessiert, bis er sich selbst einen Ruck gibt und das siegessichere Grinsen vom Anfang auf seine schönen Lippen zurückkehrt.

„Okay. Weißt du was? Ich buddele dir dieses Loch, wenn es dich glücklich macht“, sagt er und zwinkert mir zu. „Aber danach darf ich dich ordentlich lecken. Deal?“

„Deal!“, posaune ich eine Spur zu überschwänglich heraus. Oops. Egal. Nun ist keine Zeit für Scham. Odin hat ja gesagt und tut genau das, was ich von ihm will. Perfekt, würde ich sagen. Es läuft alles nach Plan. Zumindest bis auf den Teil mit der Zunge zwischen meinen Beinen, doch auch das bekommen wir hin.

„Dort drüben ist die Schaufel!“

Odin zieht fürs Buddeln tatsächlich sein Shirt aus und was unter dem Stoff zum Vorschein kommt, sieht besser aus, als auf den zahlreichen Fotos auf seinem Profil im Internet. Vielleicht weil es in Bewegung ist und ein leichter Schweißfilm im Sonnenlicht auf der weißen Haut glitzert, unter der sich starke Muskeln abbilden, die sich beim Versenken der Schaufel und dem Ausheben von Dreck richtig ansehnlich anspannen. Ja. Ich könnte Odin ewig beim Schaufeln zugucken, doch die schönen Dinge währen leider nie besonders lang. Sie sind vergänglich, so wie die Jahreszeiten.

Doch genug davon, denn der junge Mann kommt schnell voran, auch wenn er etwas ins Hadern mit sich und unserem Deal gerät, als ich ihn immer tiefer und tiefer graben lassen habe. Nun steht Odin im selbstgeschaufelten Loch, die Sonne scheint auf uns hinab, um uns herum blüht der Frühling und die Schaufel trifft endlich auf das, was ich vor Jahren unter dieser Erde beerdigt habe.
“Fuck, verdammt”, brüllt es aus dem Loch heraus. “Hier liegt ja tatsächlich ein Skelett.”

Nun bin ich die, die verschmitzt grinst, auch wenn ich es versuche, hinter meiner Hand zu verstecken.

“Hast du gedacht, ich binde dir einen Bären auf?”, brülle ich zurück, obwohl uns nur zwei Meter voneinander trennen.

Odin dreht sich zu mir um und kratzt sich über die schweißnasse Stirn, dann lächelt er sein zauberhaftes Siegerlächeln und legt dazu den Kopf schief. “Ehrlich gesagt, ja, ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich hier wirklich auf die Überreste von Bugs Bunny treffe.”

“Von dem Osterhasen”, korrigiere ich und entlocke Odin einen weiteren kleinen Lachanfall. “Stimmt der Osterhase, mein Fehler, wie kann ich die beiden nur verwechseln? Asche auf mein Haupt”, wieder zwinkert mir Odin zu, der bis zur Hüfte im Loch steckt. Oder steht. Je nachdem, aus welchem Winkel man die Sache betrachtet.

“Und den hast du hier verbuddelt?”, fragt der junge Mann schlussendlich, als er sich zum Skelett hinunter beugt und mit seinen dreckigen Fingern gegen einen Kaninchen-Oberschenkelknochen tippt.

“Ist schon ein paar Jahre her”, sage ich und lehne mich auf meinem Rollstuhl vor, um einen Blick ins Loch zu erhaschen. So völlig verdreckt sieht Odin sogar noch besser aus. Beinahe schon zum Anbeissen.

“Und was soll ich nun mit dem Rammler hier machen? Was schwebt der Lady vor?”, erkundigt sich der junge Mann bei mir, während er sich aufrichtet und die Schaufel mit Schwung in die Erde neben sich sticht, um die Hände für weitere Schandtaten frei zu haben.
Ich räuspere mich verlegen und wappne mich innerlich, ehe ich auf Odin’s Frage antworte. “Würdest du bitte… deinen Samen auf dem Osterhasen verteilen?”, piepse ich.

Odin’s Kinnlade sackt ein bisschen hinunter, die tiefblauen Augen werden groß und dann, als das Überraschungsmoment verflogen ist, bricht der junge Mann wieder einmal mehr in Gelächter aus. Ich lasse ihn auslachen, mir entgeht aber nicht, wie die Stimmung plötzlich von erheitert zu was ganz Anderem umschwingt.
“Okay, Lady”, beginnt Odin, als er sich von seinem keine Ahnung wievielten Lachanfall erholt hat und eine ernste Miene auflegt. “Das wird mir nun ein bisschen zu wild. Ich wichse garantiert nicht auf..”
“Bitte”, unterbreche ich den Mann. “Ich bezahle auch das Doppelte, von mir aus auch das Dreifache. Und sag nicht Wichsen dazu. Das klingt… falsch.”

Erst sieht mich Odin an, als hätte ich nicht mehr alle Latten im Zaun, und dann, nach einer gefühlt ewig langen Weile, seufzt er resigniert und scheint tatsächlich über mein Angebot nachzudenken. “Das Dreifache, ja?”, hakt er nach und ich nicke.

“Und warum genau soll ich auf ….”

“den Osterhasen deinen Samen verteilen?”, beende ich Odin’s Satz vorsichtshalber, bevor er es tut und wieder dieses abscheuliche Wort dafür verwendet..

“Genau. Ist das irgendein Kink von dir? Nichts gegen Kinks, aber… fuck, das ist echt schräg, Lady.”
“Sagt dir der Begriff Wiederauferstehung etwas?”, frage ich. Odin zuckt desinteressiert mit den Schultern.
“Du meinst die Sache mit Jesus und dem Kreuz und dem ganzen Scheiß?”

“Und dem ganzen Scheiß”, äffe ich Odin in meinem Kopf nach und beiße mir auf die Zunge, um den Mann für diese abfällige Bemerkung nicht direkt anzufahren. Erstaunlich, über wie wenig Feingefühl dieser zugegeben sehr schöne und potente Mann verfügt. Doch wie ich bereits mehrmals feststellen musste, ist Odin damit nicht alleine. Die Mehrheit der Menschen ist so. Leider.

“Die Bedeutung von Ostern, ja”, murmle ich ein wenig frustriert und bemühe mich um einen einigermaßen freundlichen Gesichtsausdruck. “Würdest du nun bitte tun, worum ich dich gebeten habe?”

“Ich glaube kaum, dass auf verbuddelte Hasen wichsen, irgendwas mit Ostern zu tun hat”, witzelt Odin und fährt sich durch die blonden und ach so tollen Haare.

“Mehr als du denkst”, blaffe ich Odin an und schaffe es gerade noch im letzten Moment, ihm nicht auch noch um die Ohren zu hauen, dass Schokolade fressen und Eiersuchen noch viel weniger mit Ostern zu tun haben und er lieber die Fresse halten sollte, wenn er keine Ahnung von der Materie habe. Aber Streit würde ohnehin zu nichts führen, außer dazu, dass, wenn der junge Mann mir das nächste Mal zu Nahe kommen sollte, ich ihm wohl oder übel die Haare vom Kopf reißen und mir daraus einen Pullover stricken muss, um meinem Zorn irgendwie Ausdruck verleihen zu können.

“Na gut, Lady, wenn es dir so wichtig ist und du dafür zahlst, mach ich, was du von mir willst, auch wenn es echt nicht mein Ding ist”, wieder ein Zwinkern von Odin, dann geht der Reißverschluss seiner teuren Jeans auf. “Willst du mir dabei zugucken?”, erkundigt er sich und hebt neckisch eine Augenbraue an.

“Gerne”, sage ich, schließlich will ich mir den Spass dann doch nicht entgehen lassen. Und dann legt Odin schon los. Die großen Händen finden schnell ihr Ziel und tun genau das, was ich will. Und wie sie es tun. Alleine Odin zuzusehen, weckt etwas in mir und als der junge Mann allmählich und kontinuierlich Richtung Höhepunkt schlittert, ist die Vorfreude so groß, dass ich mich kaum mehr auf dem Rollstuhl halten kann. Ich kralle mich regelrecht an den Armlehnen fest, vergesse sogar zu Blinzeln und dann… von einer Sekunde auf die andere, ist es endlich so weit. Der Samen schießt explosionsartig aus Odin heraus und füllt das kalte Grab mit frischem Leben. Und was dann passiert, gleicht gar einer Naturgewalt. So rein und unaufhaltsam in ihrer Form – unbändig und wild wie ein Tier – erwacht der Frühling mit einem Knall und in vollster Blüte vor meinen Füssen. Blut spritzt wie ein warmer Regenschauer aus dem Loch hinaus und in mein lachendes Gesicht. Und Blut tränkt auch den Rasen. Ich kann es schmecken. Ich kann es fühlen. Dazu Odin’s Schreie, die wie Vogelgesang gleich durch den Garten hallen und mich mit nie geahnter Glückseligkeit erfüllen. Dann, innerhalb eines Wimpernschlags, liegt der Körper meines Toyboys in Fetzen verstreut um mich herum. Wow. Was für ein Anblick, was für eine Darstellung, ich hätte nur allzu gerne applaudiert, doch etwas anderes lenkt meine Aufmerksamkeit auf sich, denn mittendrin in all dem Rot entdecke ich den todbringenden Künstler dieses spektakulären Schauspiels. Meinen  Freund. Meinen alten Gefährten, der sich durch Odins Innereien wühlt.

“Was für eine Sauerei, ist ja widerlich”, dringt es empört aus dem Loch und zu mir hinauf. Knochen knacken, Fleisch reißt und einem Satz springt der Osterhase blutüberströmt aus der frisch geschaufelten Grube heraus und mir vor die Füße.

“Ist das das, was ich denke, was es ist?”, schnaubt der Hase und fährt sich mit der Pfote  angewidert durch das klebrige, nicht mehr ganz so weiße Fell.

„Es ist genau das, was du denkst, was es ist“, schmunzele ich und strecke meine Hand nach meinem alten Freund aus. Dieser dreht sich in einer geschmeidigen Bewegung beleidigt von mir weg, doch ich kenne ihn. Lange wird er mir diese kleine Notwendigkeit nicht übel nehmen. So funktioniert nun eben meine Macht. Dagegen bin ich machtlos. Oh, wow. Was für Wortspiel.

„Du bist zwar die Göttin der Fruchtbarkeit, aber… das ist verdammt nochmal eklig, bah!“, mault der Osterhase erzürnt und streckt sein Näschen angepisst in die Höhe. Und als hätte man einen Schalter umgelegt, macht es plötzlich Klick. Prompt wirft mir der Hase einen zaghaften Blick über die Schulter zu, so als wäre er sich nicht ganz sicher, ob an seiner Schlussfolgerung wirklich etwas dran ist. „Moment Mal, wenn ich hier bin, dann heißt das…“

„Dann heißt das, dass du recht mit allem hattest und es mir leid tut“, gestehe ich und neige demütig den Kopf. Diese Geste reicht aus, damit der gekränkte Osterhase sich einmal um die eigene Achse dreht und mich mit seinen schwarzen Kulleraugen einmal von oben bis unten skeptisch unter die Lupe nimmt.

„Außerdem tut es mir auch leid, dass ich dich getötet und in dieses Loch gesteckt habe“, ergänze ich und zucke entschuldigend mit den Achseln. „Da habe ich wohl etwas überreagiert.“

„Etwas?!“, zischt es verärgert aus dem Hasenmund, doch an den Mundwinkeln kann ich ein kleines und diebisches Lächeln ablesen. Der Osterhase genießt das und das darf er auch. Schließlich hatte er recht mit allem. Von Anfang an. Die Menschen sind missratene Kreaturen. Verabscheuungswürdig. Selbstgefällig, selbstzerstörerisch und empathielos. Sie nehmen statt zu geben und machen kaputt, was wir für sie geschaffen haben. Sie haben uns Götter nicht verdient, und sie haben unsere Liebe nicht verdient. Das musste ich erst oder besser gesagt: wohl oder übel auf die harte Tour lernen. Und dabei habe ich die Menschen doch immer geliebt, habe ihnen seit Anbeginn Licht, Wärme und Energie gespendet. Aber diese fünf Jahre als Menschenfrau und an diesen Rollstuhl gebunden, haben mich eines Besseren belehrt. Den Menschen geht es nur noch um den eigenen Profit und Nächstenliebe ist ihnen vollkommen fremd geworden. Nicht alle sind so. Ja, es gibt sie noch, die Ausnahmen unter ihnen, die anders sind, die würdig sind, die uns zu schätzen wissen und die es verdient haben zu leben. Die gibt es, doch das ist nicht genug. Nicht mehr. Und es wird nie wieder genug sein. Denn mir reicht’s. Die Menschen hatten ihre Chance und diese haben sie nun einmal gnadenlos verspielt.

Ich seufze frustriert und sehe den kleinen Hasenmann voller Reue an. „Vergib mir, denn ich wusste es nicht besser, und du wolltest meine geliebten Menschen ausrotten, angefangen bei ihren Kindern, da habe ich halt keine andere Möglichkeit gesehen, als“

„Als mich in ein Loch zu stopfen und den Deckel draufzumachen“, plappert mir der Osterhase dazwischen.

„Genau“, lächle ich und merke, wie mir die Schamesröte in die Wangen steigt. „Aber ich habe die Zeit, in der du weg warst, sinnvoll genutzt und die Menschen getestet – und was soll ich sagen,… es war eine wertvolle Erfahrung. Und wie schon gesagt, du hattest recht. Sie haben uns Götter nicht verdient. Keinen Einzigen von uns.“

„Also killen wir sie?“, dringt es euphorisch aus dem Hasen heraus.

„Wir killen sie“, bestätige ich und muss lachen, als der Osterhase erquickt seine Pfötchen vor seinem Brustkorb zusammen klatscht, als wäre er zu allen Schandtaten bereit. Was er vermutlich aus ist.

„Verdammt ja! Ich hab‘s dir doch gesagt! Immer und immer wieder! Die haben nichts anderes verdient als den eiskalten und widerlichen Tod! Und sie sollen leiden! Qualvoll leiden, so wie wir gelitten haben für sie! Jeder einzelne von ihnen soll elendig verrecken!“, johlt der Hase und bricht in diabolischem Gelächter aus. „Und, wann fangen wir an?“

„Willst du nicht erst einmal duschen?“, frage ich und muss kichern, als der Hase seine Pfote ausstreckt und damit auf mich zeigt. „Ein ausgesprochen guter Vorschlag, aber direkt danach will ich Köpfe rollen sehen“, pflichtet er mir bei und setzt sich voller Tatendrang in Bewegung. Ich schaue ihm hinterher und muss grinsen. „Was für ein garstiger alter Rammler, wie sehr ich dich doch vermisst habe.“

Viel Zeit um in Nostalgie zu schwelgen bleibt mir jedoch nicht, denn im Morgenrot ist die Menschheit erwacht und im Morgenrot soll die Menschheit untergehen. Jedoch könnte ein bisschen Hilfe nicht schaden. Ich wische mit meiner Hand Odin‘s Blut von meinem Gesicht und lecke es genüsslich von meinen Fingern. Das ist alles, was ich brauche, um von meinem Rollstuhl wieder aufzuerstehen. Eine kleine Opfergabe kann so viel bewirken und gleichzeitig so viel in Gang setzen. Kurzerhand hole ich mein Handy aus der Hosentasche und wähle die Nummer einer alten Freundin, die ich schon so lange nicht mehr gesprochen habe. Doch nun ist der richtige Augenblick, um sie zu kontaktieren.

„Ostara,… mit einem Anruf von dir habe ich nicht gerechnet“, meldet sich die vertraute Stimme und kitzelt in meinen Augen Tränen der Sehnsucht hervor.

„Athena… ich habe es nun auch eingesehen. Ihr hattet alle recht. Die Menschheit soll untergehen. Ich stehe euch nicht mehr im Wege. Nein, ich schließe mich euch an.“

„Endlich! Du weißt nicht, wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe. Brennen wir sie alle nieder!“

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