Hi Stalker - 1

Creepypasta 20. Jan. 2024
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Hi STalker mixdown1
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Es sind die kleinen Botschaften, Geschenke und Hinweise, die du hinterlässt und die mich schwach machen. Wobei,... nicht unbedingt schwach machen, sondern eher neugierig. Ja, so allmählich will ich wirklich  wissen, wer du bist.

Denn - du weißt so viel über mich. Welches Kleid ich gerade trage, wie ich meinen Kaffee am liebsten mag, um welche Uhrzeit ich schlafen gehe und wieder aufstehe, was ich tue, wenn mir langweilig ist, wo ich arbeite und mit welchen Blumen man mein Herz zum Rasen bringt - und wie diese Blumen mein Herz zum Rasen bringen. Einerseits ist es die Angst, die kickt, weil du weißt, wo ich wohne und weil du eine Grenze überschritten hast, die du bisher noch nie überschritten hast. Andererseits, weil die purpurfarbenen Rosen wirklich schön sind, die du in meiner Wohnung hinterlassen hast. Keine Ahnung, wie du hereingekommen bist. Aber du warst hier. In meinen vier Wänden und völlig ungestört, unbeobachtet. Ich denke daran, dass ich zuvor noch nie Blumen bekommen habe und schon gar nicht von einem Mann und dass ich mich alleine dadurch, durch diese zugegebenermaßen gruselige und ein wenig geistesgestörte, grenzüberschreitende Geste, auf eine sonderbare Art und Weise begehrt fühle. Begehrt von dir, von meinem Stalker, den ich überhaupt nicht kenne und den ich eher fürchten als anschmachten sollte.

Doch ich kann nicht anders, als mir auszumalen, wer du bist. In meiner Vorstellung hast du blonde Haare, stahlblaue Augen. Du bist groß. Du bist gut gebaut. Du bist ein Mann, der problemlos in ein Fenster im vierten Stock eines Wohnblocks einsteigen kann. Ungesehen, von niemandem ertappt. Du bist wie ein Phantom. Auffällig, unauffällig und dennoch unvergleichlich faszinierend.

Und zu guter Letzt, von all den Frauen, die es dort draußen gibt, bin ich ausgerechnet die, die in dein Raster gefallen ist. Die dir aufgefallen ist. An der du Gefallen gefunden hast. Und die du seitdem nicht mehr in Ruhe gelassen hast.

Während ich die Blumen auf meinem Tisch so ansehe, meldet sich die leise Stimme in meinem Kopf zu Wort. “Ruf die Polizei”, wispert sie und klingt dabei sogar leicht ängstlich. Mir ist bewusst, dass die Polizei rufen, die vernünftigste Reaktion auf dein Eindringen in meine Privatsphäre wäre. Schließlich könntest du gefährlich sein oder etwas wollen, was ich vielleicht nicht will. Zumindest nicht von dir. Und wären diese Blumen nicht so schön und das Gefühl in meiner Brust nicht so wohlig warm, hätte ich dein Spielchen wahrscheinlich mit einem Anruf beendet. Stattdessen stupse ich mit einem Finger eine der Blüten an und muss lächeln.

Du weißt zwar, welches Kleid ich gerade trage, wie  ich meinen Kaffee am liebsten mag,  um welche Uhrzeit ich schlafen gehe und wieder aufstehe. Was ich tue, wenn mir langweilig ist, wo ich arbeite und welche Blumen mir den Verstand verdrehen, doch du hast absolut keinen Schimmer, wie es in mir drin aussieht und was für seltsame Gedanken mir in diesem Moment durch den Kopf spuken. Und kein einziger davon ist gut.

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