Bestialischer Gestank

Creepypasta 14. Juni 2022

Warnung:

Wir erinnern uns daran, dass dies nur eine fiktive Geschichte ist. Der Inhalt soll schockieren, abschrecken und Angst auslösen.  Das Leben ist kostbar. Das Leben ist ein Geschenk und man sollte andere so behandeln, wie man selbst gerne behandelt werden möchte. Mit Respekt, Liebe und Verständnis. Solltest du dunkle Gedanken haben, die dich drohen einzunehmen, dann suche dir bitte Hilfe. Es gibt immer eine helfende Hand, man muss danach nur greifen wollen.

Ich sitze im Wohnzimmer und schaue mir eine Folge Supernatural an. Gerade in dem Moment, als Dean in einen saftigen Hamburger beißt, brüllt meine Mutter aus der Küche meinen Namen. „Tiiiiiim?“ Ihre schrille Stimme hallt in meinen Ohren und ich muss mich zurückhalten den Fernseher nicht lauter aufzudrehen und so zu tun, als hätte ich sie nicht gehört. „Tiiiiiiiiiiiiiiiim“, krächzt es nochmals durch die Wohnung, etwas genervter und herrischer als der erste Aufruf. Ein tiefer Seufzer entweicht mir und ich drehe den Fernseher widerwillig leiser. „Was“ „Telefon für dich“ Telefon? Wer zum Henker ruft mich auf dem Haustelefon an? Ein ungutes Gefühl macht sich in mir breit und meine Hände werden automatisch schweißnass.

Meine Mutter taucht im Türrahmen auf und hält mir handwedelnd den Hörer entgegen. Ich schaue ihr in die Augen, schlucke und nehme den Hörer an mich. Sie wirft mir einen skeptischen Blick zu, schüttelt den Kopf und verschwindet mit einem „Die Jugend von Heute“-Seufzer wieder in der Küche. „Hallo?“ Mehr als ein Rauschen ist nicht zu hören. Ich presse den Hörer fester gegen mein Ohr und wiederhole mein „Hallo“ gefolgt von einem „Wer ist da?“. Nichts. Immer noch Rauschen. Ich schließe die Augen und kratze mich am Kopf. „Ich möchte nichts kaufen“ stöhne ich genervt und werfe einen Blick zum Fernseher, wo Dean gerade einen Kreis aus Salz auf den Boden malt. „Tim?“ Ich erkenne Jims Stimme sofort und fange an zu lachen. “Alter, warum rufst du mich auf dem Haustelefon an?” Mit dem Hörer in der Hand watschle ich wieder zum Sofa und lasse mich auf das weiche Leder fallen.

„Das ist nicht lustig“, erwidert Jim im todernsten Tonfall. Ich fische nach der Fernbedienung und drücke auf STOP um die Folge anzuhalten. „Was ist los, Mann? Du rufst mich normalerweise nie hier an, ist deine Oma gestorben?“ „Nein, verdammt, hör mal auf dich darüber lustig zu machen. Erinnerst du dich noch an das Buch, dass wir der Missgeburt gestern geklaut haben? Ich glaube es ist verflucht, oder ich bin verflucht, oder diese Schlampe ist eine verdammte Hexe“ Natürlich erinnere ich mich an Stinkefuß-Rebecca und ihr bescheuertes Tagebuch, das wir ihr gestern abgeluchst haben. „Jim, alter, hast du zu viel geraucht?“ witzle ich und lehne mich zurück. Stinkefuß-Rebecca ist das einzige Mädchen in der Nachbarschaft, mit einem kompletten Dachschaden. Sie wäscht sich nie, brabbelt nur wirres Zeug, läuft ständig mit einem Tagebuch unter dem Arm durch den Park und verpestet jeden Morgen den Bus, den Jim und ich nehmen, mit ihrem bestialischen Gestank.

Letztes Wochenende haben Jim und ich im Suff eine Wette aufgestellt. Er vermutet erotische Nacktbilder von Forrest Gump zwischen den Seiten von Stinkefuß-Rebecca's Tagebuchs und ich spekuliere auf eine Jesuscollage. Mit Kreuzen und fetzigen Psalmen aus der Bibel. „Alter im Ernst, ich habe nicht zu viel geraucht. Rate wo mein scheiß Handy ist. Rate.“ brüllt er hysterisch in den Hörer. „Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich in der Hosentasche und du sitzt mal wieder drauf, schau mal nach Bro.“

„Fick dich. Ich hab gestern in dem Scheißbuch herumgeblättert. Leer. Da sind nur leere Seiten drin. Aber hey, mir eigentlich egal, was die Schlampe mit ihrem Buch macht aber als ich heute Morgen aufgestanden bin und in den Spiegel geschaut habe, stand plötzlich etwas neben mir. Ich habe mir fast in die Hose geschissen, ey. Mein Handy habe ich vor lauter Schreck auch im Klo versenkt. Geht nicht mehr an das Teil. Wasserschaden.“ Ich blinzele und lache prustend los. „Sicher, dass du nicht gekifft hast? Das klingt alles sehr abgedreht. Und was meinst du mit Etwas stand neben dir?“ „Ja, halt Etwas, so ein Schatten.“ „ein Schatten?“ „Ja ein Schatten, keine Ahnung Bro, ich schaue nicht nochmal in diesen Spiegel. Meine Hände zittern immer noch“, das leise Wimmern in seiner Stimme macht mich stutzig und ich richte mich auf. „Alles klar, ich komme vorbei. Du bildest dir das bestimmt alles nur ein. Ich bin in 10 Minuten bei dir, stell mal Bier bereit“. Ich lege den Hörer auf und schnappe nach meiner Jacke. Im Flur drehe ich mich nochmals kurz um und stelle mich vor den Ganzkörperspiegel. Ein Schatten? Ich betrachte mein Spiegelbild. Alles normal. Der hat bestimmt zu viel gekifft. Die Tür fällt hinter mir ins Schloss und ich mache mich auf den Weg zu Jim.

Jim wohnt nur einen Block von mir entfernt und steht bereits im Haustürrahmen als ich aus dem Lift komme. Er winkt mich hektisch herbei. Als ich Anstalten mache ihn zu umarmen, packt er mich an der Hand und zieht mich in seine Wohnung. Ein bestialischer Gestank steigt mir in die Nase. „Boah alter, ist hier jemand gestorben?“ Ich halte mir die Hand vor Mund und Nase und kämpfe mit dem Brechreiz. „Nein“ erwidert er und verschwindet im Bad. Die Luft anhaltend ziehe ich mir die Schuhe aus und hänge meine Jacke an die Garderobe. Im Bad angekommen, stelle ich mich neben Jim, der mit verschlossenen Augen vor dem Spiegel steht. „Siehst du es?“, flüstert er ängstlich. Verarscht er mich? Ich mustere ihn und schaue dann in den Spiegel. „Was zur Hölle…“, mein Handy rutscht mir aus der Hand und fällt klappernd auf den Boden. Schockiert betrachte ich das ‚ Etwas‘ was Jim bereits am Telefon erwähnt hatte. Ein Schatten mit verzerrter Fratze steht hinter Jim und es scheint, als würde er uns beobachten.

Ich glotze fassungslos Jims Spiegelbild an. „Siehst du es???“, wimmert Jim. „Ja, ich sehe es…“, flüstere ich und reibe mir die Augen. Als ich sie wieder öffne ist der Schatten immer noch dort. Was zur Hölle... Mit dem Ärmel meines Kapuzenpullis reibe ich energischer über meine Lider. Nichts. Der Schatten bleibt an Ort und Stelle. Jim starrt ebenfalls mit weit aufgerissenen Augen sein Spiegelbild an. Wieder steigt mir der bestialische Geruch in die Nase und meine Hand wandert wie reflexartig in mein Gesicht. „Alter, was ist das für ein widerwärtiger Gestank???“, fluche ich und Jim zeigt mit dem Finger auf seine Füße. „Deine Füße? Verdammt, geh unter die Dusche, das ist ja unerträglich!“ „Habe ich bereits, mehrmals, der Gestank geht nicht weg, genauso wenig wie das verdammte Etwas dort im Spiegel nicht verschwindet“ „Wie der Gestank geht nicht weg? Ist das dein Ernst?“ „Ja, seit gestern stinke ich wie ein verwesender Tierkadaver, egal wie viel Seife ich benutze, egal wie viel Deo ich sprühe,“ er seufzt, „…es geht einfach nicht weg…“

So niedergeschlagen und fertig habe ich meinen besten Kumpel noch nie gesehen und ich verspüre den Drang ihn in die Arme zu nehmen und zu trösten. Doch der Schatten im Spiegel hält mich davon ab. Was ist wenn er sich auf mich überträgt? Da kommt mir ein Gedanke. „Hast du das Ding bisher nur in diesem Spiegel gesehen oder noch einen anderen ausprobiert?“ Jims Augen weiten sich. „Das ist es!“ Er rennt aus dem Bad und verschwindet im Zimmer seiner Schwester, die gerade in der Schule ist und kommt mit einem Handspiegel wieder zu mir angerannt. Er hält den Spiegel vor sein Gesicht. Kreidebleich und mit Tränen im Augenwinkel reicht er mir den Spiegel. Ich stelle mich hinter meinen Kumpel und halte den Spiegel vor uns zwei. Mist.

Die hässliche Fratze des Schattens taucht weiterhin hinter Jim auf und es scheint, als wäre sie näher an ihm dran als vorher. „Verdammt…“ Ich schaue auf den Boden zu meinem Handy. Das Display ist noch heil. Was ist, wenn ich Jim abfotografiere… ich nehme das Handy in die Hand, öffne die Kamera-App und knipse ein Foto. In Jims Augen flackert ein Funken Hoffnung auf, der sogleich wieder erlischt. Selbst auf dem Foto taucht der Schatten auf, etwas verzerrter und schwärzer als im Spiegel, aber er ist da. Jim schlurft aus dem Bad und geht in sein Zimmer, ich folge ihm und setze mich mit ihm auf sein Bett. „Alter, die Missgeburt hat mich verflucht“, jammert er und stampft frustriert auf dem Boden auf. „Wo ist eigentlich das Tagebuch?“ „Dort drüben auf dem Schreibtisch, fass es bloß nicht an, sonst geht es dir wie mir.“ Ich nicke. Im Kopf gehe ich nochmals alles durch.

Wir haben ein Tagebuch von einer verrückten und bestialisch stinkenden, schrägen Psychotante geklaut. Das Tagebuch scheint besessen oder verflucht zu sein. Vielleicht ein Geist? Oder ein Dämon? Beim Wort Dämon sehe ich automatisch Dean und Sam Winchester vor meinen Augen und da kommt mir ein Gedankenblitz. „Wir verbrennen es!“, brülle ich euphorisch. Jim lacht hysterisch auf. „Verbrennen? Was soll das bringen?“ „Vertrau mir Alter, im Fernsehen funktioniert das immer, außerdem, was haben wir schon zu verlieren?“

Gesagt getan. Wir fahren mit Buch und Benzin Richtung Wald und halten an einer Lichtung an. Jim wirft das Buch auf den Boden und ich kippe Benzin darüber. Nervös fingert er an seinem Feuerzeug rum. Ich reiße es ihm aus der Hand und zünde den Scheiß an. Es brennt und der Rauch, der aufsteigt, verdrängt für einen Augenblick Jims Gestank, worüber ich sehr dankbar bin. Wir warten, bis das Buch völlig verbrannt ist und trinken dabei ein Bier. Das Bier lockert die Stimmung etwas und als das Feuer keinen Brennstoff mehr hat und das Buch nur noch Asche ist, holt Jim den Handspiegel seiner Schwester aus dem Auto. Euphorisch hält er den Spiegel vor sich und ich husche hinter ihn, um auch einen Blick auf das Ergebnis zu erhaschen. Jim kreischt und lässt den Spiegel auf den Boden fallen. Anstatt zu verschwinden, ist die Visage des Etwas noch näher an Jim herangerückt. Mein Kumpel fällt neben mir auf die Knie und flucht. „Tolle Idee, fick dich Tim. Das Scheißteil ist noch näher. Meinst du, wir haben es…. Wütend gemacht?“ „Schmonzes, du redest Unsinn!“ Ich packe ihn an der Schulter und zerre ihn wieder auf die Beine.

„Wir fahren jetzt in den Park und machen die Schlampe fertig, bis sie den Scheißhokuspokus wieder von dir nimmt, aber unterwegs kaufen wir erst so einen behinderten Duftbaum, du stinkst wirklich erbärmlich.“ Er wirft mir einen finsteren Blick zu und wir fahren zur nächsten Tankstelle, holen den Baum, Duftnote Vanille, und düsen Richtung Park. Dort angekommen, stürmt Jim wie von der Tarantel gestochen auf den Eingang zu, bleibt stehen und sucht den überschaubaren Park nach Stinkfuß-Rebecca ab. Als er sie gefunden hat, winkt er mich zu sich heran und wir stampfen gemeinsam auf die Hexe zu. Auf halbem Weg fängt Jim an zu rennen, packt Stinkfuß-Rebecca grob an den Haaren und schlägt wie ein Irrer auf sie ein. Sie schreit erbärmlich um Hilfe. Ich renne ebenfalls los, stürze mich auf Jim und stosse ihn von Stinkfuß-Rebecca runter. Er fuchtelt wild um sich und hätte mir dabei beinahe auch noch einen Kinnhaken verpasst. „Diese Schlampe hat mich verflucht!“, brüllt er und bestialisch riechender Schweiß tropft von seiner Stirn. Der Gestank, der nun von ihm ausgeht, ist so unerträglich, dass jeder Atemzug in der Lunge brennt. Ich huste und versuche den Brechreiz zu unterdrücken, während ich mir das Duftbäumchen in meinem Auto herbei sehne.

Stinkfuß-Rebecca wirft Jim und mir einen giftigen Blick zu, klopft sich den Dreck von ihrem schwarzen Rock und steht auf. „Ich habe niemanden verflucht! Ihr Diebe!“ Ihr russischer Akzent überrascht mich. Ich habe Stinkfuß-Rebecca bisher nie zusammenhängende Sätze sprechen hören, nur Gebrabbel. Das blaue Veilchen, das wir ihr gestern verpasst haben, als wir ihr das Buch geklaut haben, sieht schmerzhaft aus. Verdient hat sie es, dieses Miststück. „Gebt mir sofort mein Buch zurück!“, keift sie uns an. Jim versucht wieder an mir vorbei zu stürmen und auf sie loszugehen, doch ich halte ihn zurück. „Miststück! Nimm den Fluch von mir! Sofort oder ich bringe dich um!“, brüllt Jim, jedes Wort vor Wut triefend. Die Hexe macht große Augen und kichert. „Ihr habt ihn gesehen, den faulenden Mann!“ Ich werfe Jim einen Blick zu. „Ja und jetzt nimm diesen Fluch von ihm, du Hexe!“ Sie verschränkt die Arme vor der Brust. „Ich bin keine Hexe, ich bin eine Wächterin! Ich wache über den Dämon, den faulenden Mann und halte ihn davon ab, von einem Wirt Besitz zu ergreifen, ihr Narren! Dein Freund hat den Dämon aus dem Buch befreit!“ Ich hätte ihr den Mist niemals abgekauft, hätte ich nicht selbst dieses Wesen im Spiegel gesehen.

„Was für ein faulender Mann? Wovon redest du? Verarsch uns nicht, Hexe!“ „Der Dämon der Fäulnis! Er labt sich von der Angst und der Wut des Wirtes, bis er genug stark ist, um ihn zu übernehmen und selbstständig auf der Erde wandeln zu können, er ist das pure Böse! Gebt mir sofort das Buch, ich muss ihn wieder einsperren, bevor es zu spät ist!“ Das Buch? Einsperren? Ich spüre wie Jims wütende Augen auf mir kleben. Es war meine Idee gewesen, das Buch zu verbrennen, meine Idee... Panik steigt in mir auf und der Gestank, der von Jim ausgeht, lässt mich kaum atmen. Meine Lunge brennt fürchterlich. „Wo ist das Buch?“, kreischt Rebecca verzweifelt und starrt angsterfüllt Jim an. Ich traue mich nicht meinen besten Freund anzusehen, zu sehr fürchte ich mich vor seiner Reaktion und vor dem was ich dort sehen könnte. Fick dich, Supernatural. Fick dich. Rebecca's Finger greifen nach meinem Shirt, kratzen über den Stoff. „Gib mir das Buch!!!“ Ihre Stimme klingt flehentlich. „Wir haben es verbrannt…“, flüstere ich leise. Sie lässt mein Shirt los und geht mit weit aufgerissenen Augen ein paar Schritte zurück.

Ich bleibe wie angewurzelt stehen, schnappe nach Sauerstoff und das Letzte, was ich höre, ist Rebecca's schriller Schrei:

„Lauf!“

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