Du bist weg.

Poesie 24. Juli 2023

Das ist der Tag, an dem ich dich verloren habe. Endgültig verloren habe. Zu Ende war’s schon lange, doch jetzt, jetzt bist du nicht mehr da. Du bist weg und das wird mir erst so richtig klar, als ich in den Spiegel blicke und nur noch mich dort sehe. Du warst immer an meiner Seite. Ewig. Eigentlich, solange ich denken kann, warst du da. Wie etwas, das ich nicht losgeworden bin, egal wie sehr ich es versucht habe und wie sehr ich dich von mir wegstoßen wollte. Du warst wie ein Geschwür, warst hartnäckig. Bist geblieben. In meinen dunkelsten Stunden und in meinen hellsten Momenten. Ein Teil von mir. Ja, du warst ein Teil von mir und das Fehlen von dir fühlt sich nun so schrecklich leer an.

Als hätte dich jemand mir weggenommen. Und dieser jemand bin ich. Weißt du, ich vermisse dich. Tue ich wirklich. Das da, was du dort siehst, könntest du mich noch sehen, das sind keine Freudentränen. Klar, im ersten Augenblick war es erlösend.  Ich war erleichtert. Sehr. Manchmal hast du mir schon Angst eingejagt. Ich meine, dieses “wir” war ungesund. Es hat uns nicht gut getan. Vor allem habe ich sehr darunter gelitten. Keine Ahnung, wie du das gesehen hast, wir haben nie darüber gesprochen und das, obwohl ich deine Stimme ständig in meinem Ohr hatte. Wie so ein zartes Flüstern. Tröstend und angenehm, wenn es mir schlecht ging. Unheilvoll und beängstigend, wenn ich dich verdrängen wollte. Ja, ich wollte dich loswerden, aber jetzt, wo du weg bist, ist alles viel leerer und voll gleichzeitig.

Es ist ein komisches Gefühl, ohne dich zu sein. Es ist wie schwerelos zu sein, wie zu fliegen und doch zu stürzen. Wird der Fall weh tun oder tauchst du auf und fängst mich?

Auffangen. Hätte das jemand getan, dann wären wir nicht da, wo wir jetzt wären. Du irgendwo und ich hier ohne dich.

Ich denke an diese Brücke, von der wir uns gestürzt haben. Denke daran, wie du untergegangen und ich aufgetaucht bin. Habe noch versucht dich zu greifen, aber deine Hand glitt einfach durch mich hindurch, als wäre dieses Untergehen eine schon längst beschlossene Sache. Dass sich unsere Wege genauso einmal trennen werden. Irgendwann und dieses Wann ist eingetroffen.

Ich habe dir beim Sterben zugesehen. Lange. Und nun bin ich hier. Wo bist du? Sag mir, haben sie dich gefunden oder bist nun du dort, wo dich keiner finden kann?

Ich bin ehrlich mit dir. Ich weiss nicht wohin mit mir. Da ist kein Licht, in das ich gehen könnte und auch die Dunkelheit ist weg. Hättest du je gedacht, dass sie einmal weg sein wird? Diese Schwärze?

Sie ist fort. Mit dir. Und irgendwie glaube ich, dass du von Anfang an diese Schwärze gewesen bist.

Tags