Schmutziger Oktober - Gargoyle

Schmutziger Oktober 30. Sep. 2022

“Männer wissen, was Männer wollen und deswegen kann allein ein Mann einen Mann glücklich machen”, ich grinse in mein Tagebuch hinein und setze einen Punkt hinter den Satz. Just in dem Moment klopft es an der Tür und drei Schläge später tritt Hoku ein. Ich schaue von meinem Schriftstück auf und seufze resigniert, als ich die Tüte in Hoku’s Hand entdecke.
“Ich wollte etwas von Triumph und du kommst mit Hunkemöller an? Wofür bezahle ich dich eigentlich?”, begrüsse ich Hoku in meinem gewohnt gelangweilten Tonfall und hebe fragend eine Augenbraue an. Hoku tippt sich mit der freien Hand gegen die Gargoyle-Maske, die sein Gesicht verbirgt und lässt sich stöhnend auf den Stuhl neben mir fallen. “Du bezahlst mich nicht und wie heißt es so schön? Friss oder stirb.”
Die Tasche wechselt den Besitzer und als ich hinein linse und etwas Rotes mit Spitze darin entdecke, hätte ich diesem Trottel von einem Komplizen am liebsten eine gescheuert. “Und ich wollte etwas Pinkes”, murmle ich frustriert über meinen Fund.
“Und ich wollte etwas Pinkes”, äfft Hoku mich nach, pflückt eine Zigarettenpackung aus seiner Jacke und zündet sich eine an. Wie immer, wenn er sich einen seiner heiß geliebten Glimmstängel durch die kleine Luke seiner Silikonmaske schiebt, frage ich mich, warum wir so gut miteinander klarkommen, obwohl wir uns so erheblich voneinander unterscheiden. Wahrscheinlich genau aus diesem Grund. Wir ergänzen uns und das macht uns gefährlich. Während er seinen Gelüsten zu jederzeit und in jeder Lebenslage nachgeht, bin ich ziemlich gut darin, eben genau dies nicht zu tun. Ich denke nach, bevor ich etwas tue, was ich im Nachhinein womöglich bereuen könnte. Das wird uns irgendwann den Arsch retten.
“Warum eigentlich etwas Pinkes?”, erkundigt sich Hoku bei mir und streckt mir die Zigarettenpackung hin. Ich inspiziere die Packung, nehme die dritte Zigarette von links heraus und lasse sie mir von Hoku anzünden. Als wir beide nebeneinander rauchen, zucke ich mit den Achseln und gehe nach einem weiteren Zug des Sargnagels schlussendlich auf Hoku’s Frage ein.. “Wurde sich gewünscht. Ich persönlich stehe nicht so auf Pink, sieht bestimmt scheusslich an ihr an aus.”
Hoku lacht leise in sich hinein. “So mädchenhaft, hm?”
“Bingo”, sage ich und angele nach dem Aschenbecher auf meinem Schreibtisch. Ich halte ihn Hoku unter die Nase und auch wenn ich seine Augen unter der Gargoyle-Maske nicht sehen kann, weiss ich, dass er mit den Augen rollt. Trotzdem fügt er sich und ascht einmal brav in den Becher hinein. Na geht doch.
“Apropos”, startet Hoku, stützt sich mit den Ellenbogen auf seinen Knien ab und lehnt sich vor. “Wir haben ein Problem.”
“Du meinst, du hast ein Problem? Ich habe keine Probleme.”
“Ich meine es ernst, Nael”, Hoku’s Tonfall ist ungewohnt sachlich.
“Sie hat keinen Bock mehr auf dich, richtig?”, frage ich und meine damit Hoku’s “Freundin”. Hoku nickt unter seiner Maske. “Sie hat keinen Bock mehr auf mich, weil ich keinen Bock darauf habe, sie zu schwängern.”
“Und warum schwängerst du sie nicht einfach?”, ärgere ich ihn und erhalte prompt die Quittung in Form eines sanften Tritts gegen mein Schienbein.
“Ich ficke sie, ich halte sie aus, aber schwängern geht mir zu weit”, erwidert Hoku. “Den kann ich nicht bringen.”
“Hat sie dir ein Ultimatum gestellt?”
“Könnte man so sagen. Warum fickst du sie eigentlich nie?”, Hoku deutet mit seiner Zigarette auf Rachel, die ausgebreitet auf dem Bett liegt, an Händen und Füßen gefesselt und ruhig gestellt, weil mir ihr elendes Rumgeflenne beim Schreiben einfach tierisch auf die Nerven geht.
“Ich meine, wie hältst du das aus, sie nie auch nur ein einziges Mal zu ficken?”, schiebt Hoku hinterher und steckt die Zigarette wieder in den Schlitz seiner Silikon-Maske. “Ganz besonders, wenn sie so daliegt wie jetzt. Ich würde durchdrehen.”

“Das habe ich dir schon einmal gesagt. Falls sie uns drankriegen, dann will ich unser Vergehen so gering wie möglich halten. Was wiederum bedeutet, auf einige Dinge zu verzichten. Für die Entführung kassieren wir bereits einige Jahre.”
“Falls sie uns drankriegen”, wiederholt Hoku amüsiert und ich kann das selbstgefällige Grinsen unter seiner Maske erahnen. “Die haben uns zwei Jahre lang nicht drangekriegt.”

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