Schmutziger Oktober - Geflügel

Schmutziger Oktober 31. Okt. 2022

Vor 21 Jahren


Hoku und ich sitzen zusammen auf einem Bett. Wir halten uns an den Händen und Hoku‘s Hände sind schwitzig. Meine sind kalt. Ich merke, wie Hoku nervös ist. Er kann seine Beine kaum stillhalten und knabbert an seiner Unterlippe herum. Es ist nachts und in einer Stunde fängt das Spiel an. Doch vorher kommt ein Mann vorbei. Er kommt nun öfter vorbei und eigentlich mag ich ihn, aber das würde ich Hoku niemals verraten. Er ist sanft und er zeigt mir Dinge, die sich gut anfühlen. Außerdem lässt er immer Geschenke da, wie etwa Legosteine oder einen Experimentierkasten. Hoku mag diese Dinge nicht. Und er mag den Mann nicht.

„Wie geht’s dir?“, frage ich, obwohl ich weiß, wie es Hoku geht.

„Nicht gut“, erwidert Hoku und drückt meine Hand. Ich drücke zurück.

„Hast du die Salbe eingeschmiert?“, Hoku hat seit ein paar Tagen einen Ausschlag auf dem Po. Der kommt vom Spiel. Er juckt und sieht nicht gut aus, weil da viele Blasen in all dem Rot auf seiner Haut sind.

„Nein.“

„Die bringen dich nicht ins Krankenhaus, wenn es schlimmer wird“, sage ich, doch Hoku schüttelt den Kopf. „Mir egal.“

„Mir ist es aber nicht egal“, knurre ich und hasse es, dass Hoku in letzter Zeit nur an sich selbst denkt. „Ich will nicht, dass es dir schlecht geht.“

Hoku sieht mich an. „Wir bekommen nicht, was wir wollen. Kapierst du das nicht?“, schnauzt er mich an und lässt meine Hand los. Dann steht er vom Bett auf und verzieht sich in sein eigenes. Er zieht sich sogar die Decke über den Kopf, doch ich kann hören, dass er weint. Ich bekomme das mit dem Weinen geräuschlos hin, aber Hoku schnieft dabei, weil seine Nase anfängt zu tropfen.

Statt ihn trösten zu gehen, ziehe ich meine Beine an mich heran. Es dauert nicht lange, da klopft es an der Tür. Der Mann klopft immer an der Tür, bevor er die Klinke herunter drückt und herein kommt. Er lächelt und füllt den Türrahmen aus. Der Mann ist ein großer Mann mit schwarzen, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren und blauen Augen. Er hat Tattoos und ist stark, und ich weiß, dass er ein Motorrad fährt, weil er mir davon erzählt hat und immer einen Helm unter seiner Achsel trägt, wenn er zu uns ins Zimmer kommt.

Den Helm legt er auf dem Tisch ab, bevor er vor mir in die Hocke geht und mich ansieht. „Na Kleiner“, begrüßt er mich und wuschelt mir durch die Haare. „Wie geht’s dir?“

„Gut“, sage ich und lächle. Er lächelt auch, streicht mir mit seiner Hand über die Wange. Er ist der einzige Mann, bei dem ich mag, wenn er das tut. Und natürlich bei Hoku, der die meiste Zeit ein Mädchen ist.

„Und wie geht’s Hoku?“, erkundigt der Mann sich, diesmal in einem Flüsterton, während sein Blick zu Hoku hinüber schweift, der noch immer unter der Decke weint.

„Nicht gut.“

„Immer noch der Ausschlag?“

Ich nicke und der Mann nickt daraufhin ebenfalls. Er hat mir nie seinen Namen verraten, obwohl er unsere Namen kennt. Ich solle ihn Kumpel nennen, aber Kumpel finde ich doof. Also bleibe ich bei Mann.

„Ich habe euch heute wieder etwas mitgebracht“, meint der Mann und verweist auf seine dicke Bikerjacke. „Darf ich mich setzen?“, er deutet mit seiner Hand auf den Platz neben mich. Ich nicke wieder und kichere innerlich, als die Matratze unter dem Gewicht des Mannes nachgibt. Wenn ich groß bin, will ich so sein wie er. Riesig und stark, dann kann mir keiner mehr was.

„Habt ihr noch das Töpfchen Vaseline, was ich euch mitgebracht habe?“

„Ist unter dem Bett“, sage ich und blicke in die blauen Augen hoch. Heute wirkt der Mann etwas angespannt. Nicht so locker wie sonst. Besonders als er wieder zu Hoku hinüber sieht, merke ich ihm die Anspannung an.

„Ich muss dir etwas sagen, Nael. Aber du musst mir versprechen, dass du es für dich behältst“, der Mann richtet seinen Fokus auf mich und schiebt seine Hand unter mein Kinn, um es anzuheben. „Versprich mir, dass du dicht hältst, ja?“

Ich weiß nicht, worauf der Mann hinaus will, aber ich nicke. Und er nickt daraufhin auch.

„Gut, das ist gut“, flüstert er. Sein Daumen streicht über meine Unterlippe und schiebt sie ein bisschen zu meinem Kinn hinunter. Wenig später habe ich den Daumen im Mund und das Lächeln im Gesicht des Mannes ist zurückgekehrt. „Das schmeckt dir, hm?“, raunt er und ich nicke wieder. „Braver Junge.“

Der Daumen verschwindet aus meinem Mund.

„Zieh die Hose runter und leg dich aufs Bett“, befiehlt der Mann und ich tue, was er will. Als mein nackter Po auf dem Kissen liegt, was der Mann drunter geschoben hat, legt der Mann sich auf mich drauf. Heute behält er seine Bikerjacke dabei an. Normalerweise zieht er die aus, damit ich seine Tattoos ansehen kann, weil sie mir so gefallen und mich ablenken, denn auf seinen Armen fährt eine Eisenbahn entlang. Gleise ziehen sich in schwarzer Tinte über die Haut und führen an verschiedenen Stationen vorbei. Auf der linken Brust des Mannes befindet sich New Orleans. Über dem Bauchnabel Paris. Auf dem Rücken Wales. Und es gibt noch viele weitere Orte auf dem Körper des Mannes. Das weiß ich nur, weil wir nach dem, was wir auf dem Bett machen, zusammen duschen gehen und ich ihn dann erst nackt sehe. Während der Mann auf mir liegt, bleibt die Hose an, und auch wenn er den Reißverschluss hinunter zieht und so tut, als würde er seinen Schwanz rausholen, bleibt die Hose an. Denn der Mann holt seinen Schwanz nie heraus. Wir tun nur so, als ob. Der Mann auf mir, ich unter ihm. Sein Becken bewegt sich und ich liege still unter ihm und lasse ihn machen. Wir tun das für die Kamera in der linken oberen Ecke, weil die Lady zu sieht. Sie sieht gerne zu.

„Nael“, stöhnt der Mann und löst das Haarband aus seiner Frisur. Die schwarzen Haare fallen wie ein Vorhang auf mich hinab, dann vergräbt der Mann sein Gesicht neben meinem Kopf im Kissen.

„Hör mir zu“, flüstert der Mann so leise, dass ich ihn kaum verstehen kann, während seine Hüften an mir reiben. „Ich bin Polizist.“

Ich erstarre unter dem Mann und obwohl ich es nicht will, kommen mir die Tränen. Sie sind einfach da. So plötzlich wie das der Mann auf mir ein Polizist sein soll.

„Ich hole euch hier raus. Dich und Hoku. Aber wenn ich die Lady festnehme, bekommt sie nicht, was sie verdient? Verstehst du? Die bekommt nicht, was sie verdient. Die stecken sie nur in einen Käfig, wie das hier einer ist. Aber das reicht mir nicht. Und dir sollte das auch nicht reichen“, flüstert der Mann und nimmt mein Gesicht in seine Hände. „Ich habe etwas mitgebracht, damit Hoku und du ihr geben könnt, was sie verdient. Aber das ist nichts für feige Hühner. Dafür müsst ihr taff sein. Kannst du das, Nael? Kannst du taff sein?“

Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll, weil mir die Worte im Mund stecken bleiben. Kann ich taff sein? Kann ich der Lady geben, was sie verdient?

Vielleicht muss ich dem Mann auch nicht antworten, vielleicht muss ich es ihm zeigen, wie taff ich bin. Und ich zeige es ihm, indem ich meine Hand zwischen uns und in seine Hose hinein schiebe.

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