Schmutziger Oktober - Bat

Im Jetzt

Hoku hat recht, es wird schwerer, Rachel zu widerstehen. Je mehr sie zu einer Frau heranwächst, umso schwieriger wird es, sie als etwas zu sehen, was ich nicht besteigen will. In den zwei Jahren hat sich viel getan, das merke ich, als ich ihre linke Brust auf dem Weg zum Verschluss ihres BH‘s mit dem Handrücken streife. Und ich hoffe inständig, sie bemerkt nicht, dass ich heute mehr Mühe habe als sonst, ihren BH zu schließen. Oder dass ich kurz die Luft angehalten habe.

„Darf ich dir eine Frage stellen?“, Rachel‘s grüne Augen sehen mich an. Ich lächle finster und ziehe meine Hand zurück, um mich um den Lippenstift zu kümmern.
“Du hast mir gerade eine Frage gestellt”, sage ich und deute mit meinen Lippen einen Kussmund an.

“Darf ich dir noch eine Frage stellen?”, verbessert sich Rachel und formt ihre Lippen, der stillen Aufforderung folgend, ebenfalls zu einem Kussmund. Ich grinse umso breiter und weiss, dass ich dieses kleine Spielchen ewig mit Rachel spielen könnte, weil sie selbst nach zwei Jahren immer noch ungeschickt im Umgang mit mir ist. Doch gerade als ich den roten Lippenstift an ihren Lippen ansetzen will, überrascht mich das Mädchen.
“Darf ich dir nach dieser Frage noch eine Frage stellen?”

Ich halte mit dem Lippenstift inne und gebe ein lustloses “Hm?” von mir.

“Meine Familie,... vermisst sie mich?”
Ich zucke mit den Achseln, diese Frage taucht hin und wieder einmal auf, nur werden die Abstände dazwischen allmählich größer. Zum Glück.

“Die kommen ganz gut ohne dich zurecht.”
Rachel schluckt, sieht mich aber weiterhin eisern mit ihren grünen Augen an, ohne den Blick zu senken oder zur Seite zu wenden. “Aber sie suchen noch nach mir”, beharrt sie in einem Tonfall, als wolle sie sich selbst davon überzeugen, dass es so ist. Was irgendwie traurig aber nachvollziehbar ist. Wer will schon gerne vergessen werden?
Ich zücke mein Handy aus der Hosentasche hervor und öffne Instagram. Ein paar Klicks und wenig später präsentiere ich dem Mädchen die Instagram Seite ihrer Mutter. “Der letzte Post, bei dem es um dich ging, ist bereits acht Monate her, aber deine Mutter war gestern zusammen mit deinem Vater auf einem Weingut”, ich tippe mit meinem Finger auf das neuste Foto, auf dem Rachel’s Mutter glücklich in die Kamera strahlt und sich von ihrem Ehemann mit Wein abfüllen lässt. Beide wirken auf dem Foto so, als wäre ihre Welt vollkommen in Ordnung, so ohne Rachel. Bevor Rachel das Foto kommentieren kann, suche ich nach dem Profil ihrer Schwester und halte ihr dieses unter die Nase. “Und deine Schwester Cleo hat vor fünf Monaten ein Foto von euch beiden hochgeladen, um an dich zu erinnern, aber bei der Fülle von Selfies geht das meiner Meinung nach komplett unter. Wenn du mich fragst, vermissen sie dich nicht wirklich.”

Wieder schluckt Rachel und schürzt brav die Lippen, damit ich diese endlich mit roter Farbe bemalen kann. Als das erledigt ist, suche ich in der Schublade mit Schmuck nach einem geeigneten Accessoire für unser heutiges Shooting und werde schnell fündig. Wir haben den dritten Oktober und so langsam wird es Zeit ein paar Schnappschüsse von Rachel zu machen, die zum “Spooktober” passen. Mittlerweile komme ich sogar mit Haarklammern ziemlich gut zurecht, respektive ich habe den Dreh so langsam raus, was Schminken, Frisuren und Styling betrifft. Übung macht halt den Meister. Also streife ich eine rotbraune Haarsträhne nach hinten und bringe die Haarklammer ungefähr zwei Zentimeter unter Rachel‘s Haarscheitel an, um die Haarsträhne an Ort und Stelle zu fixieren. Die niedliche Baby-Fledermaus auf der Haarklammer passt zwar nicht ganz so gut zu der sexy roten Spitzen-Unterwäsche, die Hoku besorgt hat, aber wen juckt das schon. Der Fokus von Rachel’s Fans liegt sowieso nicht im Detail, sondern eher auf nackten Tatsachen.