Nero, der Alpha - 12
„Ist nur gequetscht, ein paar Halswirbel sind verschoben. Das kann ich behandeln“, lenkt er ab und krault Ignar sanft über den Kopf. Der Hund wedelt schwach mit dem Schwanz.
„Hast du wirklich noch nie…mit einer Frau“, starte ich und breche abrupt mitten im Satz ab. „Es tut mir leid… es geht mich nichts an.“
„Erika. Hör auf dich zu entschuldigen. Es ist nicht deine Schuld. Ich habe noch nie und ich werde nie.“
„Warum nicht?“
„Ich bin altmodisch. Es hat für mich etwas mit Liebe zu tun. Ich will es nicht. Ich kann es nicht.“
Verwirrt ziehe ich die Augenbrauen zusammen. „Aber du zwingst deine Hunde dazu. Du zwingst sie dazu uns zu missbrauchen. Du bringst sie dazu uns zu vergewaltigen. Nur weil du es nicht selbst tust, kommt der Befehl von dir. Was hat das bitteschön mit Liebe zu tun?“
Neros Mundwinkel zucken. „Bei ihnen steckt keine böse Absicht dahinter. Sie tun es, weil sie denken, es wäre richtig, es zu tun. Es klingt wie eine Ausrede, aber ich habe keine andere Wahl. Ich muss irgendetwas tun, sonst….“ Drae schmiegt sich von hinten an Nero und bringt ihn zum Schweigen, indem sie ihm über die Wange leckt. Der Mann schmiegt sich ebenfalls an seine Hündin und schließt die Augen für ein paar Sekunden, als würde er diese Aufmerksamkeit von Drae genießen oder gar brauchen.
„Hast du Sex mir ihr?“ Die Frage rutscht einfach so aus mir heraus und kaum hat sie meinen Mund verlassen, ist sie mir peinlich. Ich höre mich an, als wäre ich schon wieder eifersüchtig. Eifersüchtig auf einen Hund.
„Nicht so wie du es dir vorstellst“, erwidert er gelassen, als wäre es die normalste Sache der Welt, mit einem Tier auf irgendeine Art und Weise intim zu werden. Ich verziehe angewidert das Gesicht und habe augenblicklich das falsche Bild vor Augen. Er wie er Drae auf allen Vieren.. Oh Gott. Bitte nicht. Meine Reaktion hat er anscheinend erwartet, denn er erklärt sich, ohne dass ich nachfragen muss. “Ich penetriere sie nicht. Rein anatomisch würde sie Schmerzen dabei empfinden, das könnte ich ihr nicht antun. Ich könnte es ihr mit dem Finger machen, ja, ich habe auch schon darüber nachgedacht, es zu tun. Das kann ich nicht abstreiten. Aber ich verschaffe ihr anders…” Nero hält inne, als Drae die Vorderpfoten auf seine linke Schulter legt und ihn damit leicht aus dem Gleichgewicht bringt. Wie eine Feder lässt er sich auf sein Hinterteil fallen. Es dauert keine Sekunde und Drae legt sich zwischen seine Beine und drückt wie selbstverständlich ihre Schnauze gegen die Innenseite seiner Oberschenkel, was aussieht wie eine Aufforderung zu...ich will gar nicht daran denken. “...Erleichterung”, beendet Nero seine Erklärung und krault der Hündin die Ohren, die das sichtlich zu mögen scheint. Drae gibt die üblichen Grunzgeräusche von sich.
“Es geht alles von ihr aus. Sie drängt sich mir auf oder reibt sich an mir und....” Wieder hält Nero inne und sieht nachdenklich aus. “Warum kümmern sie dich? Meine Hunde. Warum hast du mir geholfen?” Seine eisblauen Augen fokussieren mich plötzlich. Die gewohnte Grausamkeit darin ist wie weggeblasen und allein von ihm angesehen und wahrgenommen zu werden, löst ein Kribbeln in meiner Brust aus. Die Erinnerung an unseren Kuss schleicht sich in ein Bewusstsein. Er hat gezögert, aber ihn trotz allem erwidert. Alles ausgeblendet für einen Moment. Die Show, die Kameras...
Als ich merke, dass ich die Antwort viel zu lange hinauszögere, zucke ich lediglich mit den Achseln, weil ich kein Wort mehr herausbringe. Ich weiss es nicht. Ich weiss nicht, warum ich Nero geholfen habe. Vielleicht weil ich doch nicht Johanna bin, sondern die dumme und naive Rika, die sich auf unerklärliche Weise zu ihrem Peiniger hingezogen fühlt.
“Danke, Erika” erwidert Nero und wirft einen Blick über seine Schulter zu Kyr, Zor und Farg, die sich vor dem Zwinger die Schnauzen und das Fell sauber machen. Tuga stupst mich von der Seite an und als ich zögerlich die Hand ausstrecke, um ihn zu streicheln, legt sich der graue und riesige Wolfshund neben mir hin. Alles in mir zieht sich zusammen. Das, was mir Kyr im weissen Zimmer angetan hat, ist noch immer präsent. Es sollte präsent bleiben. Ich darf nicht vergessen, zu was dieser Mann und seine Hunde fähig sind. Konsequenzen. Wie im Zeitraffer lasse ich die Tage Revue passieren.
Tag 1: Ein Mittelsmann setzt mich vor der Tür 16 ab, meine Augen sind verbunden. Ich höre Nero’s Stimme zum allerersten Mal. Die Männer reden über mich. Der Mittelsmann klärt Nero über mein Anliegen auf, erzählt ihm von meiner Mutter. Es werden 40 Tage vereinbart. Der Mittelsmann liest mir den Vertrag laut vor und ich darf die Augenbinde abnehmen, um ihn selbst noch einmal zu überfliegen und zu unterschreiben. Danach muss ich mich vor der Tür ausziehen. Nero beschlagnahmt meine Kleidung, mein Handy, meinen Ausweis. Der Mittelsmann geht und ich lande hinter Tür Nummer 16.
Nackt vor einem fremden Mann zu stehen, ist mir unangenehm und ich versuche mich irgendwie mit Armen und Händen zu bedecken. Er verbietet es mir. Als ich mich weigere, pfeift er Farg herbei. Der weisse Wolfshund fletscht die Zähne, schnappt nach mir. Ich füge mich. Nero pfeift alle Hunde herbei und stellt sie mir einzeln vor. Ich solle mir die Namen einprägen. Dann erklärt er mir, wie es hinter seiner Tür abläuft. Entweder ich tue, was er sagt und gehorche oder es würden Konsequenzen folgen. Er händigt mir ein Formular aus, das ich ausfüllen soll. Er zeigt auf eine der dreckigen Matratzen, ich solle das Formular da ausfüllen und warten, bis er zurück ist. Kyr und Farg bewachen mich, während ich alle Fragen auf den Formular in Augenschein nehme. Manche sind zum ankreuzen, bei anderen muss ich selbst etwas hinschreiben. Es fühlt sich an, als würde ich meinen eigenen Steckbrief ausfüllen. Name, Alter, Wohnort, Bankverbindung, Hobbies, Krankheiten und Unverträglichkeiten, sexuelle Vorlieben und Grenzen. Bei Grenzen weiss ich zuerst nicht, was ich hinschreiben soll. Heute wüsste ich es auf Anhieb. Aber an Tag 1 habe ich lediglich ein Wort in die Spalte geschrieben: Anal.
Es dauert eine Ewigkeit bis Nero zurückkehrt und als er mir den Vertrag aus der Hand nimmt, überfliegt er ihn nur kurz, ehe er ihn sich in die Hose steckt und mich auffordert in den Zwinger zu steigen. Ich bin so nervös, dass ich auf die Toilette muss. Ich frage ihn, wo die Toiletten sind. Er deutet auf den Zwinger. Ich sehe den Eimer. Ich sage ihm, dass ich das nicht tun werde. Nero pfeift und Kyr baut sich vor mir auf. Der Hund knurrt. Als ich mich immer noch weigere, pfeift Nero ein zweites Mal. Kyr fällt mich an und als ich auf dem Boden liege, schleift mich Nero an den Füssen in den Zwinger hinein. Die Tür geht hinter mir zu. Nero gibt Kyr den Befehl mich zu bewachen und verlässt wortlos den Raum. Bis auf ein paar Kratzer, einer kleinen Prellung durch den Sturz und einem leichten Bissabdruck bin ich unversehrt, aber ich weine. Ich weine stundenlang und als mein Weinen nichts bringt, schreie ich. Laut. So laut, dass Nero zurückkommt. Er sagt mir, dass Konsequenzen folgen, wenn ich nicht ruhig bin. Konsequenzen. In dem Moment ist mir das egal. Ich schreie weiter. Ich sage ihm, dass ich nach Hause will und dass er sich sein Geld sonst wohin stecken kann. Als Konsequenz lässt er den Hund zu mir in den Zwinger. Kyr umkreist mich wie ein Löwe seine Beute. Ein Pfiff von ihm und der Hund würde mich zum Schweigen bringen. Neros Tonfall ist harsch und eiskalt. Ich bekomme es mit der Angst zu tun und weiche zurück. Als ich still bin, verlässt Nero wieder den Raum und lässt mich mit dem Hund alleine. Kyr starrt mich unentwegt an, als würde er nur darauf warten, dass ich schreie. Ich kauere mich gegen die Gitterstäbe, friere und weine. Irgendwann tut mir meine Blase so weh, dass ich vorsichtig nach dem Eimer greife und wirklich in Betracht ziehe, mich darauf zu setzen und vor den wachenden Augen des Hundes zu pinkeln. Keine Ahnung wie lange ich den Eimer umklammert und mit mir gehadert habe. Gefühlt ewig und als die Schmerzen nicht mehr auszuhalten sind, tue ich es. Ich setze mich auf den Eimer und erleichtere mich, während der Hund mich beobachtet. Ich schäme mich und fühle mich ekelhaft. Nichts zum abtrocknen oder saubermachen. Ich versuche es abtropfen zu lassen, doch dann betritt Nero den Raum und ich steige panisch und peinlich berührt vom Eimer runter. Ein paar Tropfen rinnen an meinen Bein entlang herunter und das Gefühl ist so widerlich, dass ich die Schande in meiner Verzweiflung mit den Händen wegwische, in der bizarren Hoffnung Nero würde es so nicht bemerken. Aber der Mann beachtet mich nicht. Er sieht mich nicht einmal an. Er öffnet nur die Zwingertür und pfeift Kyr zurück. Nun steht Zor vor der Tür Wache, während Nero zusammen mit Kyr den Raum verlässt.
Tag 2: Nero stellt mir Brot, ein Ei, ein bisschen Marmelade, Butter und Salami, sowie eine PET-Flasche Wasser in den Käfig und zwingt mich, ihm den Eimer zu reichen. Beschämt komme ich seiner Forderung nach. Die Tür geht wieder zu und er verschwindet mit dem Eimer. Ich habe keinen Appetit und will auch nichts essen, aber mein Bauch knurrt. Er knurrt so laut, dass ich mich dazu zwinge, ein Stück Brot zu essen, dass ich am liebsten gleich wieder ausgekotzt hätte. Nicht, weil es nicht schmeckt, sondern weil ich mich elendig fühle. Ich muss an meine Mutter denken und an meine Freunde. Ich frage mich, ob es das wirklich wert ist und ob ich vierzig Tage überleben werde. Ich frage mich auch, ob Nero sich an unseren Vertrag halten wird. In meinem Kopf male ich mir bereits aus, was der Mann mir alles antun könnte. Die Angst sitzt mir im Nacken und die Kälte macht mir zu schaffen. Halsschmerzen machen sich bemerkbar und ich fühle mich so, als hätte ich mir eine Blasenentzündung eingefangen.
Als Nero nach gefühlt Stunden zurück kommt, frage ich ihn, wie spät es ist. Er antwortet nicht und stellt mir den Eimer hin. Er bemerkt, dass ich kaum etwas gegessen habe, spricht mich aber nicht darauf an. Stattdessen fordert er mich auf, ihm zu folgen. Ich will nicht und dränge mich gegen die Gitterstäbe. Wieder pfeift er Kyr herbei. Gleiches Spiel, der Hund knurrt mich an. Ich hadere mit mir. Nero wiederholt seine Aufforderung ein zweites Mal und ich füge mich. Ich folge ihm zum Duschraum und realisiere, dass es einen Flur gibt und mehrere Zimmer. Im Duschraum erhalte ich von Nero eine Zahnbürste und Zahncreme, Duschgel gibt es direkt neben der Dusche auf der Ablage. Farg und Kyr halten Wache, Nero verlässt den Raum. Irritiert starre ich ihm hinterher. Ich bin hier im Etablissement, aber der Mann zeigt absolut kein Interesse an mir. Ich erinnere mich daran, was der Junkiefreund meiner Mutter über das Etablissement gesagt hat und schaue an mir herab. Liegt es an mir? Findet der Mann mich nicht attraktiv? Der Gedanke ist so absurd, dass ich mir am liebsten eine Ohrfeige verpasst hätte. Frage ich mich gerade wirklich, was mit mir nicht stimmt, dass der Mann so überhaupt keine Anstalten macht, sich an mir vergehen zu wollen? Ich sollte froh darüber sein. Ich sollte mich freuen. Stattdessen erwische ich mich dabei, wie ich meine Brüste abtaste und das kleine bisschen Speck an meinem Bauch zwischen die Hände nehme und quetsche. Sind meine Brüste zu klein und ich zu dick? Oder liegt es etwa an meinem Po? Ich drehe mich einmal im Kreis, um einen Blick auf meinen Po zu erhaschen. Im selben Augenblick komme ich mir verdammt dämlich vor. Mein Gott, Rika! Du hast sie doch nicht mehr alle. Mit dir ist alles in Ordnung. Vielleicht kommt das noch. Vielleicht braucht er einfach Zeit, um… ich raufe mir die Haare und will diese Gedanken abstellen. Das ist doch total bescheuert! Ich will nicht, dass er sich an mir vergeht. Ich will nicht mit diesem Mann schlafen! Wieder drängen sich die Worte vom Junkiefreund meiner Mutter auf: “Wenn er dich nimmt, mach einfach die Augen zu und denk an was anderes. Immerhin musst du denen nicht vorspielen, dass du es magst, von ihnen gefickt zu werden. Ist also besser, als Nutte zu sein und das sind alles Profis dort. Und die Kohle, Rika. Die Kohle, die macht alles wieder gut.”
In einem Zwinger eingesperrt zu sein und in einen Eimer pinkeln zu müssen, davon hat er nichts gesagt und auch nichts von Hunden, die einen angreifen, wenn man nicht gehorsam ist. Frustriert schaue ich mich im Duschraum um und stelle fest, dass kein einziger Spiegel an der Wand hängt. Nicht einmal über dem Waschbecken. Während ich mir die Zähne putze, fällt mein Blick immer mal wieder zu den Hunden, die im Gegensatz zu ihrem Meister nicht die Augen von mir lassen können und jede Bewegung von mir mit ‘Adleraugen’ beobachten, beinahe so, als würden sie nur darauf warten, mich endlich verschlingen zu können. Der Absatz im Vertrag, dass mir hier keine irreparablen Schäden zugefügt werden, beruhigt mich nur gering. Irreparabel kann viel bedeuten. Gehören Fleischwunden, die durch Bisse erzeugt werden dazu?
Als ich fertig geduscht habe und ich weit und breit kein Handtuch vorfinde und mir allmählich vom klatschnass und mit nassen Haaren Herumstehen wirklich kalt wird, stelle ich mich wieder unter die Dusche und lasse warmes Wasser auf mich regnen. Irgendwann kommt Nero zurück und als sich unsere Blicke für eine Sekunde kreuzen, passiert es zum allerersten Mal. Ein feuer heißer Stich lodert zwischen meinen Beinen auf und meine Brustwarzen reagieren plötzlich verdammt empfindlich auf das Wasser, das von der Dusche auf mich herab prasselt. Blitzschnell schlinge ich meine Arme um mich und drehe mich beschämt von dem Mann weg, als könnte ich somit verhindern, dass er meine in diesem Augenblick total fragwürdige Erregung wahrnimmt. Dem Hund entgeht sie nicht, Kyr jault auf und ich zucke merklich zusammen. Und als wollte mich meine bescheuerte Libido noch weiter quälen, pflanzt sie mir einen Gedanken in den Kopf: “Vielleicht hat Nero sich nur nicht an dir vergangen, weil du ihm zu schmutzig warst, aber jetzt würde er es tun.” Neros Stiefel donnern über den Boden und je näher sie kommen, desto mehr kribbelt und zieht es zwischen meinen Beinen. Völlig verwundert über mich selbst, dass ich in so einer Situation so etwas wie Lust empfinden kann, presse ich meine Schenkel aneinander, in der Hoffnung, dass dieses Gefühl dadurch einfach aufhört. Tut es aber nicht. Es wird nur umso intensiver. Beinahe berauschend. Sowas ist mir total fremd, noch nie habe ich auf einem Mann auf diese Art und Weise reagiert. Wieder jault der Hund. Nero taucht neben mir auf und stellt das Wasser ab. Mein erster Impuls ist es wegzurennen, doch meine Libido denkt nicht einmal daran diesem Impuls Folge zu leisten. Stattdessen bereitet sie mich darauf vor, von diesem Mann gleich genommen zu werden. Doch es kommt ganz anders. Nero fordert mich zwar auf, mich an die Wand zu lehnen und die Beine zu spreizen, aber da er keine Anstalten macht, sich selbst auszuziehen und weiterhin auf Distanz bleibt, bin ich verunsichert. Als er dann Kyr heran pfeift und ihn an mir schnuppern lässt, kann ich nicht mehr stillhalten. Überprüft der Hund jetzt, ob ich sauber genug für sein Herrchen bin? Findet Nero mich so abstoßend? Obwohl ich überhaupt nicht zur Gewalt neige, schlage ich nach Nero aus und will fliehen, weil mir die ganze Situation zu viel wird. Aber Nero hält mich fest, doch ich schlage ein weiteres Mal gegen seine stahlharte Brust… und dann lande ich als Strafe im roten Zimmer.
“Ich kann dich nicht gehen lassen”, holt mich Nero in die Gegenwart zurück. Überrascht stelle ich fest, dass Tuga seinen Kopf auf mein Bein gelegt hat und ich ihn die ganze Zeit über gestreichelt habe. Zerknirscht ziehe ich die Hand zurück und verteufle mich dafür, diesen Hund jemals gestreichelt zu haben. Eigentlich können die Tiere nichts dafür, dass sie dazu erzogen worden sind auf Kommando zu Bestien zu werden. Trotzdem ist es nicht richtig, Neros Hunde zu nah an mich heranzulassen. Nicht, wenn er sie jederzeit wieder auf mich hetzen könnte.
“Aber ich kann auch nicht ausblenden, was soeben passiert ist. Du hast Ignar gerettet. Doch für das, was du im weissen Zimmer getan hast, müsste ich dich bestrafen.” Nero ballt seine rechte Hand zu einer Faust und lässt sie gegen den Boden krachen. Tuga hebt kurz den Kopf an, lässt ihn aber direkt wieder auf mein Bein sinken. “Das hat sie dir eingeredet, oder? Das kam nicht von dir aus.”
“Was genau meinst du?”, frage ich, obwohl ich mir die Antwort denken kann. Er meint den Kuss. Er ist klug. Er kann 1 und 1 zusammenzählen, entweder das, oder Hunde können doch petzen.
“Sie”, zischt Nero und kramt sein Handy aus seiner engen Jeans. Er tippt darauf herum und reicht es mir anschliessend. Unsere Finger berühren sich kurz, wirklich nur ganz kurz, aber es reicht aus, um genau an der Stelle ein elektrisierendes Gefühl zu hinterlassen. Mein Mund öffnet sich einen Spalt und als ich Nero ansehe, wünsche ich mir, dass es ihm ebenso geht wie mir, doch ich werde enttäuscht. Die emotionslose Miene ist auf sein Gesicht zurück gekehrt. Das ist unfair. Er kann einfach so einen Schalter umlegen und ich,...ich kann das nicht. ‘Stockholm Syndrom’, erinnert mich eine Stimme in meinem Kopf leise. Ich blende sie aus und schaue auf den Bildschirm von Nero’s Handy.
“Das ist 27 kurz bevor er abgestochen wird”, erklärt Nero kühl.
“Das wurde aufgenommen?”, entgegne ich und halte zögerlich meinen Zeigefinger über das Abspielsymbol.
“Es ist in einer Liveshow passiert, also ja”, antwortet Nero und der Groll in seiner Stimme ist deutlich rauszuhören. Das bedeutet wohl, dass unsere Liveshow ebenfalls aufgenommen worden und jederzeit abrufbar ist. Jeder kann sich sein ‘Versagen’ wieder und wieder ansehen. Das mein Handeln so schwerwiegende Konsequenzen für ihn haben könnte, war mir nicht bewusst, als ich ihn live vor all seinen Zuschauern blamiert habe.
Ich starte das Video und sehe einen Mann, der ein bisschen älter als Nero wirkt. Das muss 27 sein. Er ist im Gegensatz zu Nero an diversen Stellen gepierct und tätowiert, was den Mann ein bisschen wie ein Kunstwerk aussehen lässt. Die schwarzen Haare gehen ihm bis zu den Schultern und zwischen den Lippen steckt eine Zigarette und in den Lippen zwei schwarze Ringe. Er ist ähnlich gebaut wie Nero und trägt lediglich untenrum eine blaue Jeans, der Oberkörper ist frei aber mit diversen Tattoos übersät. Mein Blick bleibt an dem kleinen Tattoo in seinem schönen, aber finsteren Gesicht hängen. Der Mann hat sich einen kleinen Halbmond unter dem rechten Auge tätowieren lassen. Der Halbmond passt nicht zu den restlichen Tattoos, die eher düster angehaucht sind und allesamt Katzen darstellen. Ob der kleine Halbmond eine spezielle Bedeutung hat?
Im Hintergrund entdecke ich Johanna. Sie kauert auf allen Vieren vor einem Schüsselchen mit weisser Flüssigkeit und lächelt zufrieden in die Kamera, was total absurd ist, wenn man bedenkt, in was für einer Lage sie sich befindet. Eingesperrt hinter Tür 27 und offensichtlich hergerichtet wie eine Katze. Sie trägt einen schwarzen Body und Handschuhe mit Rüschen sowie Söckchen in derselben Farbe. In den kastanienbraunen Haaren steckt ein Haarreif mit Katzenöhrchen und passend dazu erspähe ich ein flauschiges schwarz-weißes Schwänzchen an ihrem Po. Der Mann hinter Tür 27 scheint definitiv eine Vorliebe für Katzen zu haben. Moment… das Schwänzchen… Oh Gott.. ist das etwa… in ihrem Po?
“Ist das…”, platzt es ungewollt aus mir heraus, als das Schwänzchen und Johannas Po im Fokus stehen. Nero wirft einen Blick über meine Schulter auf das Display und ich werde schlagartig knallrot. Verlegen drehe ich mein Gesicht ein bisschen von ihm weg, in der Hoffnung, dass es ihm nicht auffällt
“Ein Plug, ja”, erwidert er trocken. “Seine Spezialität ist es, die Mädchen, wie er sie gerne nennt, zu handzahmen Kätzchen zu machen. Er zieht sie an wie Kätzchen, er lässt sie mit Wollknäuel spielen, das Katzenklo benutzen, füttert sie wie Kätzchen, manchmal hetzt er sie mit einem Laserpointer durch das Zimmer, streichelt sie, nimmt sie auf den Schoss, das ganze Programm eben. Er erfüllt auch Zuschauerwünsche und bei dieser Show hat sich einer seiner Zuschauer gewünscht, dass er dem Kätzchen ein Messer gibt.”
“Ein Messer?”, wiederhole ich und hätte eigentlich auch von selbst drauf kommen können. Mit irgendetwas muss Johanna diesen Mann ja abgestochen haben und ein Messer ist das naheliegendste.
Genau in diesem Moment kommt im Video die Szene mit dem Messer. “Willst du das haben?”, erkundigt sich 27 bei Johanna und hält das silbernes Messer in die Kamera. Die Messer sieht scharf und gefährlich aus. Es hat eine Verzierung am Griff, ein filigranes Rankenmuster. Johanna legt den Kopf schief und gibt ein fragendes “Miau” von sich. Der Mann lächelt und geht in die Hocke. “Komm her,... lass uns zusammen ein bisschen spielen” Anders als Nero hört man bei 27 eine gewisse Wärme in der Stimme heraus. Allgemein wirkt es so, als ob Johanna und 27 sehr vertraut miteinander sind, weniger ein zwanghaftes Verhältnis, sondern ein gewolltes. Aber das kann alles gespielt sein oder in der Kamera ganz anders rüber kommen, als es in Wirklichkeit ist. Wahrscheinlich ist es von 27 gewollt so, dass es innig wirkt. Johanna krabbelt auf den Mann zu und schmiegt, als sie bei dem Meister angekommen ist, ihren Kopf gegen seine Brust. Das wiederholt sie ein paar Mal und miaut immer mal wieder. 27 streichelt ihr über den Rücken. Seine freie Hand gleitet an der Wirbelsäule entlang zu ihrem Po. Da packt er das Schwänzchen, zieht ganz sanft daran, ehe er es wieder loslässt und seine Hand auf Johannas Po legt.
“Braves Kätzchen”, schnurrt er und gibt Johanna einen Klaps auf ihr Hinterteil. Johanna antwortet mit einem quietschigen Miau und wackelt mit ihrem Hintern. Dann hält 27 plötzlich seinem ‘Kätzchen’ das Messer an die Kehle. Johanna erstarrt für eine Sekunde, fängt sich aber blitzschnell wieder. Sie setzt sich auf ihre Unterschenkel und zappelt verspielt mit ihren Händen vor ihrem Brustkorb herum, als wollte sie einen imaginären Schmetterling vertreiben. “Ssschh...vorsichtig, das Messer ist scharf”, schimpft der Mann in einem netten Tonfall und fängt eine Hand von ihr im Flug auf. Johanna schiebt ihre Zunge zwischen den Lippen hervor und leckt 27 über die Hand, die ihre festhält. Der Griff von 27 lockert sich und Johanna nutzt die Gelegenheit und arbeitet sich mit ihrer Zunge zum Daumen vor, um diesen anschließend genüsslich zwischen ihren Lippen verschwinden zu lassen. Als sie anfängt an dem Daumen zu saugen, ist 27 sichtlich anzumerken, dass ihn das erregt. Er stöhnt leise und lässt das Messer behutsam über Johannas Hals zu ihrem Schlüsselbein hinuntergleiten. Dabei hinterlässt die Klinge einen kaum wahrnehmbaren roten Strich. 27 zieht die Spur weiter bis er zwischen Johannas Brüsten ankommt, die vom Body verdeckt werden. Der dünne Stoff erliegt der scharfen Schneide und entblößt einen wohlgeformten Busen. Ich ziehe scharf die Luft ein, als ich bemerke, dass weder die rechte noch die linke Brust blau ist.
“Wie?” Fassungslos starre ich auf die Aufnahme. Eine davon müsste doch blau sein. Wie kann das sein?
“Hm?” Nero sieht mich fragend an, aber ich winke ab. Im Video hat das Messer den Besitzer gewechselt. 27 hat seinen Daumen aus Johannas Mund befreit und ihr stattdessen das Messer zwischen die Lippen gesteckt, so, dass die scharfe Seite in seine Richtung zeigt und Johanna nicht verletzen kann.
“Gut darauf aufpassen”, bittet er sie, ehe er ihren Oberkörper nach unten drückt und sie dazu bringt, sich vor ihm auf den Boden zu legen. Johanna fügt sich und legt sich hin. Ihre Augen glitzern regelrecht, als sie zu ihrem Meister aufsieht, während er sich am Reißverschluss seiner Hose zu schaffen macht. Als er sich die Hose über das Becken zieht und seine harte Erektion zum Vorschein kommt, laufe ich wieder rot an und hätte am liebsten weggesehen. Nicht weil es eklig ist, sondern weil ich mir so einen Anblick nicht gewöhnt bin.
“Willst du mich?”, erkundigt sich 27 bei Johanna und seine tiefe und rauchige Stimme dabei, löst selbst in mir ein Kribbeln aus. Johanna nickt und holt das Messer aus ihrem Mund heraus. Sie gibt ein kehliges “Miau” von sich und hält nun 27 die Klinge an den Hals. Er lächelt und reisst den Stoff ihres Bodys ganz auf, so dass man nun alles sieht und nichts mehr bedeckt ist. Und man sieht auch, das Johanna ganz eindeutig erregt ist. Ihr entblößtes Geschlecht glänzt vor Feuchtigkeit. 27 streichelt sie mit der Hand, dringt mit zwei Fingern in sie ein. Johanna bäumt sich auf, räkelt sich auf dem Boden hin und her, dabei verletzt sie 27 am Hals und am Schlüsselbein. Scheint diesen aber nicht sonderlich zu stören. Er befriedigt sie weiter und treibt sie zum Höhepunkt und dann passiert es. Die Ereignisse üerschlagen sich. Johanna sticht zu. Sie sticht das Messer direkt in 27’s Brust hinein. Er reagiert schnell und überwältigt sie, doch dann sagt sie etwas, das ihn für einen Augenblick komplett ausser Gefecht setzt.
“Ich bin schwanger, du elendiger Hurensohn!”
Jetzt ist er es, der auf dem Boden liegt und sich nicht mehr rührt, während sie rittlings auf ihm sitzt. Ein Schwall an Blut quillt aus der Wunde bahnt sich über seinen Oberkörper. 27 wirkt wie paralysiert, als hätte ihn das, was sie zu ihm gesagt hat, wortwörtlich umgehauen. Johanna nutzt seine Lage aus. Sie lacht wie ein Biest und hantiert hysterisch mit dem Messer auf seiner Brust herum. Es sieht beinahe so aus, als ob sie mit der Spitze des Messers irgendetwas in seine Haut hinein ritzen will oder es gar tut.Nero nimmt das Handy wieder an sich und verstaut es in seiner Hose.
“Das verstehe ich nicht”, wispere ich, immer noch vollkommen verstört von dem, was ich mir gerade angesehen habe. In dem Video wirkt 27 gar nicht wie das Monster, was mir Johanna beschrieben hat. Er ist beinahe schon liebevoll zu ihr, es macht zumindest den Anschein, als wäre sie ihm wichtig und als würde sie ihm etwas bedeuten, als wollte er sie gut behandeln und dann sticht sie ihn einfach ab? Und woher stammen dann ihre ganzen Wunden? Das ergibt doch alles keinen Sinn. Sie wurde doch direkt nachdem sie 27 abgestochen hat, zu Nero gebracht.
“So wie ich das sehe, hat sie seinen wunden Punkt herausgefunden und ihn gegen ihn angewendet. Einerseits bewundere ich diese Frau dafür, andererseits ist er ein Vollidiot. Und ich bin wohl auch einer. Der Trick funktioniert, ganz eindeutig. Zweimal hintereinander. Ich hätte es besser wissen müssen. Und ich habe dich unterschätzt, Erika. Nein, ich habe sie unterschätzt und die Quittung dafür erhalten”, murmelt Nero und sieht dabei Ignar an. Dass er den Hund hätte verlieren können, macht ihm eindeutig zu schaffen. Er gibt sich die Schuld dafür, obwohl ich sie eigentlich trage.
“Sie meinte, ich sollte etwas tun, was du nicht erwartest und deine Schwachstelle finden”, gebe ich zu und komme mir vor wie eine Verräterin. Aber nach diesem Video weiss ich nicht mehr, was ich von Johanna halten soll. Natürlich ist das nur ein kleiner Ausschnitt und zeigt nicht, was sie alles hinter Tür 27 durchmachen musste. Trotzdem hinterlässt ihre Tat einen bitteren Beigeschmack.
“Und da fällt dir nichts anderes ein, als mich zu bitten vor laufender Kamera mit dir zu schlafen und mich zu küssen?”, verhöhnt mich Nero und giesst damit Salz in die noch immer offene Wunde. Natürlich war es eine blöde Idee, aber sie hat funktioniert und ich konnte ja nicht wissen, dass ich damit wirklich einen wunden Punkt bei ihm treffe und daraufhin eine Latex-Domina zur Tür herein stürmt und seine Hunde umbringen will. Das ist doch völlig abstrus. Ich wollte nur, dass es aufhört und dass Kyr mich nicht…. Tränen fliessen abermals über meine Wangen. Vielleicht hatte ich wirklich nur Pech mit der Wahl der Tür. Vielleicht hätte ich hinter Tür 27 landen sollen, vielleicht wäre dann alles ganz anders herausgekommen. Katzenöhrchen anzuziehen und hinter einem Wollknäuel hinterher zu hetzen wäre mir tausendmal lieber gewesen, als von Hunden missbraucht und dauernd ignoriert und links liegen gelassen zu werden. Allein schon für den Gedanken, dass ich Johanna darum beneide, dass sie wenigstens von ihrem Meister angefasst worden ist, könnte ich mich schlagen. Was ist nur falsch mit mir? Warum denke ich so? Warum macht mir das alles so zu schaffen?
“Alles ist besser, als von einem Hund gefickt zu werden”, sage ich wütend. Wütend auf mich selbst. Wütend auf Johanna. Wütend auf Nero. Wütend auf alles. “Warum hat sie ihn überhaupt abgestochen? Er hat sie in dem Video doch gut behandelt? Ich versteh das nicht. Das geht nicht in meinen Kopf rein!”, fauche ich und bringe Tuga mit meinem Ausbruch dazu, den Kopf von meinem Schoss zu heben. Hellblaue Hundeaugen schauen mich fragend an, so als wollte er sich erkundigen, ob bei mir alles in Ordnung ist oder ob er jemanden für mich beissen soll. Toll, jetzt tut mir meine Aussage schon fast wieder ein bisschen leid. Aus einem Anflug von schlechtem Gewissen streichle ich Tuga über den Kopf, was total im Widerspruch zu dem steht, was ich gerade von mir gegeben habe. Aber Tuga kann ja nichts dafür, dass Nero so ein widerliches Schwein ist. Und Kyr auch.
Nero fängt an zu lachen und ihn lachen zu hören, ist so ungewohnt, dass mir die Kinnlade offen steht. Findet er das etwa echt witzig? Macht er sich über mich lustig?
“Erika, du hast keine Ahnung, wie das hier abläuft. Das, was du da gesehen hast, war nur eine Momentaufnahme. 27 ist alles andere als ein netter Kerl. Du willst nicht wissen, wie oft und wie schlimm er sich an dieser Frau vergangen hat, bis er sie so weit gebracht hat, dass er so eine Nummer mit ihr vor der Kamera aufführen konnte. Wir brechen die Frauen. Wir zerstören sie und hättest du mir fünf Tage mehr gegeben, hätte ich nur mit dem Finger schnippen müssen und du hättest dich ohne dich zu sträuben von all meinen Hunden hintereinander ficken lassen und dabei sogar noch gelächelt, wenn ich es gefordert hätte. Was denkst du, wie oft und mit wie vielen Frauen ich das mache? Hm? Ich habe aufgehört zu zählen. Weil es mich nicht interessiert. Es interessiert mich nicht mehr. Es reizt mich nicht. Es macht mir keinen Spass. Ich tue es, weil ich es tun muss und ich bin gut darin. Nein, warte. Ich war gut darin. Aber ihr beiden. Du und sie”, Nero zeigt mit seinem Finger Richtung Flur, “ihr beide… am liebsten würde...ich würde euch…” Nero knurrt und ballt die Hände zu Fäusten. Abermals brechen die Emotionen aus dem emotionslosen Mann heraus. Drae springt zwischen seinen Beinen auf und sprintet los den Flur hinunter. Wahrscheinlich zurück zu Johanna, als würde sie ahnen, dass Nero gleich eskaliert. Farg blickt ihr hinterher und auch Tuga erhebt sich vom Boden und schüttelt sich.
Statt das Nero seine Drohung ausspricht , richtet er sich ebenfalls vom Boden auf und als er auf beiden Beinen steht, packt er mich am Arm und zieht mich ebenfalls grob auf die Beine. Dann nimmt er wie zuvor schon im weissen Zimmer mein Kinn zwischen zwei Finger und zwingt mich dazu ihn anzusehen. Hass lodert in seinen eisblauen Augen auf. Grenzenloser Hass, Wut und Zorn. “Nur damit das klar ist, Ich werde dich niemals ficken und solltest du noch einmal auf die Idee kommen, mich zu küssen, dann..”
Ich denke gar nicht daran, ihn aussprechen zu lassen und handle einfach. Ohne Vorwarnung donnere ich ihm mein Knie zwischen die Beine und weil er so gross ist, muss ich mich dafür auch noch anstrengen. Trotzdem erzielt es die gewünschte Wirkung, denn er hat es absolut nicht kommen sehen. Er stöhnt auf und lässt mich los, weil der Hieb mit meinem Knie so gesessen hat, dass er nun vor mir auf die Knie geht. Selbst die Hunde brauchen einen Moment, um zu schalten und zu realisieren, was gerade passiert ist. Farg ist der Erste, der die Initiative ergreift und Nero zur Hilfe eilen will. Kyr und Zor folgen, nur Tuga kapiert offenbar nicht, auf welcher Seite er nun stehen soll. Doch ehe irgendeiner der Hunde mich verletzen oder attackieren kann, quetscht Nero mühsam einen Pfiff heraus und hält sie in allerletzter Sekunde davon ab.
“Ist das besser?”, brülle ich Nero an und fühle mich miserabel, dass ich ihm das angetan habe, aber was hätte ich sonst tun sollen? Konsequenzen. Das Wort taucht wieder in meinem Kopf auf. Ja. Es würden Konsequenzen folgen. Dieses Vergehen würde er nicht auf sich sitzen lassen. Vielleicht würde er wieder Kyr auf mich hetzen. Aber dieser Hieb in seine Kronjuwelen war schon längst überfällig. Das habe ich für all die Frauen getan, die er gequält hat und das, obwohl er weder Freude, Spass noch Lust daran empfindet. Diesen Hieb hat er verdient. Sowas von verdient. “Du machst Frauen kaputt und empfindest nicht einmal Befriedigung dabei. Du machst es einfach so, weil du es angeblich machen musst. Das ist widerlich. Du bist widerlich!”, sage ich und spüre wie meine Stimme bricht. Keine Ahnung, wohin Rika verschwunden ist, aber in mir herrscht nur noch Leere. Keine Rika mehr da. Nichts mehr da.
Nero kauert immer noch vor mir auf dem Boden und hält sich den schmerzenden Schritt. Seine Haare verdecken seine Gesichtszüge. An seiner schweren Atmung erkenne ich, dass der Schmerz immer noch nachbrennt. Der Gefühlscocktail aus Mitleid und Genugtuung schmeckt fad auf meiner Zunge und weil ich absolut nichts mit mir anzufangen weiss, mache ich das Naheliegendste. Ich gehe an den Hunden, die mich alle ziemlich mies gelaunt anglotzen, vorbei und setze mich im Zwinger auf den Boden, dort schlinge meine Arme um meine Beine und weine. Ich hätte auch zur Tür hinaus gehen können. Abhauen. Fliehen. Aber was dann? Einem anderen Meister in die Hände laufen? Nein, danke.