Kristallklar
“Kristalle sind total faszinierend! Ein Kristall ist ein homogener Körper, das heisst, er ist stofflich sowie physikalisch einheitlich! Außerdem wird die äußere Form durch die voneinander unabhängigen Merkmale Kristallhabitus und Kristalltracht bestimmt. Es gibt Zuckerkristalle, Salzkristalle, Schneekristalle, Mineral- und Metallkristalle. Es gibt so viele Arten von Kristallen und weisst du wie eine Kristallisation entsteht?”, fragt mich Kristy und ihre Augen funkeln dabei wie zwei Saphire. Kristy hat die Eigenart, dass sie einen an die Wand reden kann. Hat sie erstmal ein Thema gefunden, dass sie interessiert, ist sie nicht mehr zu stoppen und in der Regel hört sie erst auf einen zu zulabern, wenn sie alles zu dem Thema beigesteuert hat, was ihr dazu einfällt und das kann sich endlos in die Länge ziehen. Aber ich mag Kristy, eigentlich mag ich sie sogar viel zu sehr und sollte daran arbeiten sie ein bisschen weniger zu mögen, denn wir sind nur Freunde.
“Nein, ich habe keine Ahnung, wie eine Kristallisation entsteht”, sage ich und erfreue mich an dem Lächeln, dass sich in ihrem bildhübschen Gesicht ausbreitet. Selbst mit zerzausten Haaren und im Pyjama sieht Kristy unwiderstehlich aus. Dieses Mädchen hat einfach etwas an sich, was mein Herz zum Schmelzen bringt und meine Knie weich wie Pudding werden lässt. Zum Glück sitze ich, sonst wäre ich nach diesem Lächeln wie ein Kartenhaus in mich zusammengefallen und würde jetzt mit dem Boden schmusen.
“Ein Kristall entsteht, indem Atome oder Moleküle eine regelmäßige Struktur mit Fernordnung ausbilden”, beginnt Kristy zu erklären und ich nicke, als würde ich zuhören und mich ernsthaft dafür interessieren, wie ein Kristall entsteht, doch in Wirklichkeit studiere ich daran herum, wie ich ihr am besten meine Gefühle gestehe und wann der richtige Zeitpunkt für dieses Unterfangen wäre. Wahrscheinlich nie. Zumindest wenn ich unsere Freundschaft nicht aufs Spiel setzen will. Frustriert beobachte ich die Bewegungen von Kristy’s schönen Lippen, während der komplizierte Entstehungsprozess von Kristallen ihren Mund verlässt. Wenn ich genauer darüber nachdenke, bin ich ihr vielleicht auch einfach zu dumm. Schließlich habe ich von den meisten Dingen, für die sie sich so interessiert, absolut keine Ahnung und selbst wenn sie versucht mir die Dinge zu erklären, verstehe ich in der Regel nur Bahnhof.
“Sam?” Kristy schnippt mit ihren Fingern vor meinem Gesicht herum. “Erde an Sam.”
“Hm?”, ich blinzle überrascht und im ersten Moment bin ich wirklich verwundert, dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass sie bereits mit ihrer Erklärung fertig ist. Natürlich laufe ich knallrot an - wie sollte es auch anders sein. “Sorry, was hast du gesagt?”
Kristy kichert und schubst mich spielerisch ein bisschen von sich weg. “Schnarchnase. Ich habe gefragt, wo du den gefunden hast?” Sie deutet auf den schwarzen Kristall, der zwischen uns auf ihrer Bettdecke liegt. Ich zucke mit den Achseln und habe keine Ahnung, wie ich ihr das am Besten erklären sollte. Sowas wie “der war einfach da” würde ihr bestimmt nicht als Erklärung reichen, dafür ist sie zu klug und wissbegierig und sie weiß wie ich bin. Manchmal liest sie mich wie ein Buch, was teilweise echt gruselig ist, aber schließlich kennen wir uns schon seit dem Kindergarten. Sie würde also wissen, dass ich ihr etwas verheimliche. Also schustere ich mir im Kopf kurz irgendetwas zusammen, was nah genug an der Wahrheit dran ist, so dass sie mich, wenn ich Glück habe, nicht direkt auf frischer Tat beim Flunkern ertappt.
“Bin beim Spazieren einfach so drüber gestolpert”, murmle ich und hebe vorsichtig den Blick. Lügen ist mir schon immer schwer gefallen, dafür bin ich einfach viel zu ehrlich, außer halt eben in diesem Fall - das ist sozusagen eine Ausnahme. Kristy mustert mich skeptisch und lehnt sich zu mir vor, als würde sie etwas in meinem Gesicht untersuchen wollen. Instinktiv will ich zurückweichen, doch dann kommt mir Kristy zuvor. Sie steht abrupt vom Bett auf und setzt sich an ihren Schreibtisch, dort klappt sie den Laptop auf und winkt mich zu sich herbei. “Es ist an der Zeit für ein bisschen Recherche”, meint sie und lässt ihre Finger über die Tastatur tanzen.
Ich hieve meinem Körper vom Bett hoch und schlurfe zu ihr. “Es gibt haufenweise schwarze Kristalle, siehst du?” Kristy deutet mit ihrer Hand auf den Bildschirm ihres Laptops. Ist nichts Neues für mich, denn genau dasselbe was sie jetzt tut, habe ich auch schon getan. Nach schwarzen Kristallen gegoogelt und die Auswahl mit meinem Exemplar verglichen. Erfolglos. Mein Exemplar ist erschreckend einzigartig, denn mein schwarzer Kristall funkelt aus dem Innern heraus rot. Glühend rot. Wobei es nicht unbedingt ein Funkeln ist mehr so ein dynamisches Leuchten, was entfernt irgendwie an einen Herzschlag erinnert, so sonderbar wie es klingt, so schwierig zu beschreiben ist es. Immerhin gibt mein Kristall keine Geräusche von sich, wie zum Beispiel ein Pochen, sonst wäre ich schon längst durchgedreht.
“Mal sehen,...”, Kristy presst angestrengt ihre Lippen aufeinander, was sie immer tut, wenn sie konzentriert ist. “Wir finden schon heraus, was für ein Kristall das ist”, versichert sie mir und füttert die Google Suchmaschine mit diversen Begriffen und Beschreibungen wie “schwarzer Kristall, rot im Innern”, “schwarzer Kristall, rotes Leuchten”, “rotes Leuchten Kristall” und “schwarzroter Kristall”. Schlussendlich kommt sie zum gleichen Ergebnis wie ich - mein Kristall bleibt ein Mysterium und ist offensichtlich ein Unikat.
“Seltsam, dein Kristall scheint wirklich einzigartig zu sein. Also, im Prinzip sind alle Kristalle Unikate und einzigartig, aber dieser hier scheint was ganz Besonderes zu sein. Vielleicht sitzen wir auf einer Goldgrube?”, Kristy klappt den Laptop wieder zu und sieht mich mit ihren Saphir-Augen an. “Oder er ist aus Plastik”, merke ich an, obwohl ich weiss, dass das Blödsinn ist.
“Schwachsinn, der ist viel zu schwer, um aus Plastik zu sein. Außerdem fühlt er sich auch nicht so an, als wäre er aus Plastik”, Kristy steht von ihrem Bürostuhl auf und ich sehe ihr zu, wie sie zum Bett geht und meinen Kristall in die Hände nimmt. “Ist dir eigentlich schon aufgefallen, dass er warm ist? Also ich meine, so richtig warm? Als würde er sich von selbst erhitzen. So von innen nach aussen.”
Ist mir aufgefallen, denke ich und spüre, wie die Nervosität von heute morgen, als ich den Kristall neben mir im Bett vorgefunden habe, allmählich zurückkehrt. Ich meine, er war einfach da. Ist wie aus dem Nichts aufgetaucht. Hätte ich Geschwister, hätte man sagen können, mein Bruder oder meine Schwester hätte ihn dorthin gelegt, um mir einen Schreck zu verpassen. Und ja, ich habe mich erschrocken. Man rechnet nicht damit, plötzlich neben einem schwarzen Kristall aufzuwachen, den man vorher noch nie zuvor gesehen hat. Meine Eltern sind aktuell im Urlaub, ich bin alleine zuhause, also fällt auch diese Option ins Wasser. Ich habe absolut keine Ahnung, wie dieser ominöse Kristall in mein Bett gefunden hat und hätte ich ihn selbst dorthin gelegt, würde ich mich doch daran erinnern. Oder? Oder!?
“Und du bist dir wirklich sicher, dass du den einfach beim Spazieren gehen gefunden hast?”, bohrt Kristy nach, als von mir nichts mehr kommt. Die Skepsis schwingt in ihrer Stimme mit.
“Spielt das denn eine Rolle?”, verteidige ich mich und komme mir dumm vor ihr die Wahrheit weiterhin zu verschweigen. Andererseits würde ich mir auch dumm vorkommen, wenn ich ihr erzähle, dass der Kristall plötzlich wie aus dem Nichts und auf unerklärliche Art und Weise in meinem Bett aufgetaucht ist. Am Ende hält sie mich noch für bescheuert oder denkt, ich wolle nur Aufmerksamkeit und würde ihr einen Bären aufbinden.
“Ich denke schon, dass es eine Rolle spielt, denn irgendwie scheint dich der Kristall unheimlich nervös zu machen”, neckt mich Kristy, kneift die Augen zusammen und hält sich den schwarzen Kristall vors Gesicht. “Findest du nicht, dass es ein bisschen so aussieht, als würde da drin etwas leben?”
“Im Kristall?”, hake ich nach, obwohl offensichtlich ist, dass Kristy den Kristall meint.
“Ja, dieses rote Leuchten ist mehr als sonderbar und es liegt definitiv nicht an der Reflektion des Lichts. Es ist zu unregelmäßig und irgendwie so… so impulsartig? Hört sich das komisch an?” Sie sieht mich fragend an. Ich zucke mit den Achseln. Recht hat sie ja schon.
“Meinst du er geht kaputt, wenn ich ihn fallen lasse?”
“Tun Kristalle das denn?” Ich bugsiere eine Augenbraue in die Höhe. Eigentlich ist es mir egal, wenn das blöde Ding kaputt gehen würde. Warum wollte ich überhaupt herausfinden, was es mit diesem Kristall auf sich hat? Ich hätte ihn einfach zuhause und in einer Ecke meines Zimmers verstauben lassen können. Oder für immer in einen Karton verbannen, ganz nach dem Motto aus den Augen aus dem Sinn. Keine Ahnung warum ich unbedingt Kristy's Meinung zu dem Ding haben wollte. Gut, vielleicht habe ich nur nach einem Vorwand gesucht, um sie zu besuchen oder das blöde schwarze Ding hat mir mit seinem plötzlichen Auftauchen so eine Angst eingejagt, dass ich nicht damit alleine sein wollte. Wahrscheinlich eine Kombination aus beiden Möglichkeiten.
“Es gibt verschiedene Varianten von Kristallen, die die einen Sturz überleben und die, die dabei zersplittern. Wollen wir es ausprobieren?” Wieder liegt ein Funkeln in Kristy’s saphirblauen Augen. Es sind Momente wie diese, die zeigen, dass aus Kristy irgendwann eine Wissenschaftlerin oder Forscherin werden würde.
“Von mir aus”, sage ich und hätte nichts dagegen, wenn der Kristall bei dem Fall-Experiment in seine Einzelteile zerspringen würde.
“Aber wenn er kaputt geht und sich im Nachhinein herausstellen würde, dass er wirklich wertvoll gewesen ist, darfst du nicht böse auf mich sein”, merkt Kristy an und sieht mich mit diesem Blick an, bei dem man ihr nichts abschlagen kann.
“Ich werde nicht böse sein.”
“Versprochen?”
“Versprochen.”
Kristy springt aufs Bett hoch und streckt die Hand mit dem Kristall aus. “Ich lasse ihn jetzt fallen”, kündigt sie an und scheint auf meine finale Bestätigung zu warten. Ich nicke und sie lässt ihn fallen. Innerhalb allerhöchstens zwei Sekunden kommt der schwarze Kristall mit einem dumpfen Knall auf dem Parkettboden auf.
“Aua.”
Was zum? Reflexartig hüpfe ich vor Schreck einen Schritt zurück und reiße die Augen auf. Hat der Kristall…. Nein. Das kann doch nicht sein. Mein Blick flitzt von dem schwarzen Ding zu Kristy, die noch immer auf dem Bett steht und den unversehrten Kristall von da oben aus mustert. Ich bin beinahe mehr irritiert über ihren gelassenen und unbeschwerten Gesichtsausdruck, als über das Geräusch, was der Kristall von sich gegeben hat, als er auf dem Boden aufgekommen ist.
“Hast du das gehört?”, frage ich unsicher nach und zeige mit meiner Hand auf den Kristall. Kristy legt die Stirn in Falten und sieht mich verwirrt an. “Ja, natürlich”, sagt sie und steigt vom Bett runter, um sich den Kristall einmal genauer anzusehen. “Hört sich ein bisschen an wie….”, sie legt den Kopf schief und scheint zu überlegen, während sie den ominösen Kristall in der Hand hin und her schaukelt. Ich hätte das Ding, nach dem was gerade passiert ist, garantiert nicht mehr angefasst, aber ihr ist das offensichtlich vollkommen egal.
“...wie wenn ein Ziegelstein vom Dach fällt”, ergänzt sie ihre Aussage und bringt mich damit vollkommen aus dem Konzept. “Was?”
“Wie was?” Ihre saphirblauen Augen richten sich vom Kristall auf mich. Nun sehen wir uns gegenseitig total verdattert an.
“Seit wann geben Ziegelsteine ein ‘Aua’ von sich, wenn sie vom Dach runterfallen?”, meine Stimme hört sich eine Spur hysterischer an als gewollt, aber als Kristy daraufhin ihre Augen zusammenkneift und mich anglotzt, als würde ich sie gerade veräppeln, werde ich wirklich hysterisch.
“Du hast das doch auch gehört, oder?”, bricht es aus mir heraus.
“Was gehört?”, Kristy runzelt die Stirn und blickt auf den Kristall in ihrer Hand herunter. “Den Aufprall?”
“Nein, das Ding hat ein Aua von sich gegeben.”
Kristy sieht mich erst total entgeistert an, doch dann lacht sie plötzlich los. “Haha, sehr witzig, Sam”, sie zeigt mit dem Kristall auf mich und kommt einen Schritt näher. “Beinahe hättest du mich drangekriegt. Ich wusste gar nicht, dass du so gut schauspielern kannst.”
“Wie schauspielern? Ich meine das ernst!”, schnaube ich und mache ebenfalls einen Schritt auf sie zu. Für eine Weile starren wir uns einfach nur an und ich merke, wie sie mein Gesicht analysiert und nach Hinweisen sucht, die ihr zeigen, dass ich sie wirklich verarsche. Was ich nicht tue. Ich meine es total ernst. Das schwarze Ding hat ein Aua von sich gegeben. Entweder das, oder ich verliere allmählich so richtig den Verstand und habe mir das nur eingebildet.
“Lass ihn nochmal fallen”, schlage ich schlussendlich vor. Sie zuckt mit den Achseln und lässt den Kristall aus ihrer Hand gleiten. Wieder kommt er mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden auf. Ich horche und warte auf das Aua. Doch da kommt nichts. Nur das Plumps. Was zur Hölle. Also leide ich doch an Wahnvorstellungen? Misstrauisch gehe ich neben dem Kristall auf die Knie und inspiziere ihn mit genug Sicherheitsabstand. Kristy tut es mir gleich, auf ihren Lippen liegt ein Schmunzeln.
“Und?”, fragt sie und kichert. “Hat er nochmal ein Aua von sich gegeben?”
“Nein”, gebe ich ungern zu und funkle dabei den blöden Kristall böse an. “Vielleicht habe ich es mir doch nur eingebildet.”
“Genau”, meint Kristy und rollt verspielt mit den Augen. “Eingebildet”, äfft sie mich nach. Ihre Hände formen Gänsefüsschen und erneut muss sie lachen.
“Ach, keine Ahnung”, ich stehe auf und hieve mein Hinterteil auf Kristy’s Bett. Die Frustration ist mir wohl deutlich anzusehen, denn Kristy pflanzt sich schnell neben mich und legt einen Arm um mich. “Was ist denn los? Irgendwie bist du heute so komisch drauf.”
“Es liegt an dem blöden Kristall”, erwidere ich und entdecke ihn auf Kristy’s Schoss. “Ich habe ihn nicht beim Spazieren gefunden. Er war einfach da. In meinem Bett. Heute morgen.”
“Ach?”, Kristy’s linke Augenbraue springt in die Höhe. “Er war einfach da?”
Ich nicke.
“Und du hast ihn vorher noch nie zuvor gesehen?”
Ich nicke nochmals und schaue Kristy dabei zu, wie sie den Kristall abermals einer genaueren Betrachtung unterzieht. “Komisch”, meint sie schlussendlich, doch irgendetwas in ihrem Tonfall sagt mir, dass sie mir die Story nicht ganz abkauft und wohl immer noch der Meinung ist, dass ich sie einfach veräpple.
“Ich meine es ernst”, sage ich als wäre es ein Mantra und nehme ihr das blöde schwarze Ding aus der Hand. Kaum berühren meine Finger den Kristall, gibt dieser unerwartet ein Stöhnen von sich. Vor Schreck donnere ich das Ding gegen die Wand, woraufhin ein weiteres “Aua” erklingt. Was zur...verfickten...Scheisse? Nein. Nein. Nein. Nein. DAS habe ich mir garantiert nicht eingebildet! “Hast du das gehört?!”, brülle ich Kristy an, die neben mir zusammen zuckt, als hätte sie einen Geist gesehen. Ich packe sie an den Schultern und ziehe sie näher an mich ran. “Du hast es gehört, oder?”, wiederhole ich energischer, aber diesmal eine Spur leiser, um Rücksicht auf meine Freundin zu nehmen, die kreidebleich um ihre Nasenspitze geworden ist.
“Das Aua, du hast es gehört. Oder?”
Die saphirblauen Augen weiten sich und es liegt eine gewisse Fassungslosigkeit in ihnen. Sie muss es also gehört haben. Ich meine, warum sollte sie sonst so reagieren.
“Sam”, beginnt sie nachdem einige endlos lange Sekunden verstrichen sind und ich merke, wie sie mit ihrer Antwort noch immer hadert. “Okay. Ich gebe zu, deine Vorstellung war gerade ziemlich überzeugend, beinahe hätte ich es dir abgekauft”, sagt sie und kichert plötzlich. Was? Das ist doch nicht ihr ernst. Veräppelt sie mich jetzt gerade? Verzweifelt schüttle ich sie, doch das animiert sie nur dazu, noch mehr zu lachen. Vielleicht hat sie den Verstand verloren und nicht ich? Kurzerhand springe ich vom Bett auf und stampfe auf den dämlichen Kristall zu. Als ich vor ihm stehe, überlege ich, ob ich ihn lieber treten oder nochmal gegen die Wand werfen soll.
“Sam, was machst du da?”, höre ich Kristy rufen, ihre Stimme klingt viel zu amüsiert, als würde ich hier wirklich eine lustige Theater Nummer abziehen. Ich drehe mich zu ihr um, eine Mischung aus Wut, Angst und Verzweiflung im Bauch. Keine gute Kombination, trotzdem bemühe ich mich um einen ernsten Tonfall, auch wenn ich sie am liebsten angeschrien und nochmal geschüttelt hätte. “Ich meine es verflucht nochmal ernst, Kristy. Der Ding hat Aua gesagt. Zweimal!”, ich halte zwei Finger in die Höhe und Kristy prustet los. Ja. Es ist amtlich. Sie hält das immer noch für ein Schauspiel. Okay. Dann ist es jetzt wohl an der Zeit für die Wahrheit. Immerhin hält sie mich eh schon für verrückt und scheint es beim ersten Mal für einen Witz gehalten zu haben. “Dieses dämliche Ding war heute morgen einfach in meinem Bett. Es ist wie aus dem Nichts aufgetaucht. Ich habe den bescheuerten Kristall noch nie in meinem Leben zuvor gesehen und er gibt Geräusche von sich. Verstehst du nicht wie abgefuckt das ist?”, fluche ich und spüre, wie die Wut in mir die Oberhand übernimmt. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, obwohl ich es gar nicht will. Plötzlich fängt es hinter mir an zu lachen. Perplex fahre ich herum und starre auf den Kristall. Das fiese Gelächter das aus der schwarzen Abscheulichkeit dringt, verpasst mir eine nie dagewesene Gänsehaut. Wie in Zeitlupe weiche ich zurück und kollidiere mit Kristy, die vom Bett aufgestanden ist und ebenfalls lacht. “Sam, beruhig dich, allmählich machst du mir Angst”, sagt sie, aber das Grinsen in ihrem Gesicht straft sie Lügen.
“Die Bitch kauft dir die Story nicht ab”, grollt eine Stimme zu mir herüber und als ich einen Blick über meine Schulter werfe, rutscht nicht nur mein Kiefer eine Etage runter sondern auch mein Herz in meine Hose. Der Kristall hat gesprochen. Schon wieder. Einen ganzen verdammten Satz. Verfluchte Scheisse.
“Kristy”, stammele ich und ziehe sie mit mir Richtung Bett und weg von dem schwarzen Ding. “Es…. es….es....”, ich klammere mich an den Pullover von Kristy’s Pyjama und zupfe in meiner Panik nervös daran herum.
“Was denn?”, Kristy kichert und wuschelt mir durch die Haare. Sie scheint den ernst der Lage nicht verstehen zu wollen und denkt wohl immer noch ich mache Spass.
“Es hat gesprochen!”, kreische ich völlig ausser mir, den Tränen nahe.
Das Grinsen in Kristy’s Gesicht wird breiter. “Ahja und was hat es gesagt?”
“Dass du mir die Story nicht abkaufst.”
Kristy und der Kristall prusten gemeinsam los. “Okay, okay, Sam. Du bringst mich noch um damit. Mir tut langsam echt der Bauch weh vor Lachen”, meint Kristy lachend und hält sich, wie um ihre Aussage zu untermauern, die Hand vor den Bauch, während ich wie eine Salzsäule neben ihr stehe und zwischen ihr und dem Kristall hin und her blicke. Ich habe absolut keine Ahnung, was ich tun soll und wie ich dieses Mädchen davon überzeugen soll, dass dieser dämliche Kristall spricht und lebendig ist. Zumindest glaube ich, dass er lebendig ist. Vielleicht ist er auch gefährlich. Oh Gott, verflucht, was ist, wenn er gefährlich ist?!
“Hey Kumpel”, ruft mir der Kristall zu. Die tiefe, grollende Stimme verstärkt meine Vermutung umso mehr. Ich muss Kristy hier wegschaffen. Schleunigst. Sie in Sicherheit bringen und…
“Sag der Tussi mal, dass sie mir einen Kuss geben soll”, unterbricht mich der Kristall herrisch.
“Garantiert nicht”, fahre ich den Kristall an und packe Kristy, die mich daraufhin verdattert ansieht und wieder zu lachen anfängt. “Hat er wieder gesprochen?”, fragt sie mich und gluckst wie eine Henne. Was ist nur los mit dem Mädchen? Ist sie irre geworden? Hat der Kristall sie vielleicht verhext?
“Ja”, knurre ich und will sie zur Tür schleifen, doch sie reißt sich los und statt abzuhauen, geht sie auf den Kristall zu und nimmt ihn sogar noch in die Hand.
“Spinnst du?”, panisch stampfe ich auf sie zu und will ihr den Kristall wegnehmen, doch sie dreht sich geschickt von mir weg und ich greife ins Leere.
“Was hat der Kristall denn gesagt?”, sie fuchtelt unbekümmert mit dem Kristall vor meiner Nase herum und will mir das verfluchte Ding ums Verrecken nicht geben.
“Gib den her!”, fordere ich und bin so kurz davor, ihre eine zu verpassen, wenn sie das Ding nicht sofort rausrückt.
“Was hat er gesagt?”, bohrt sie nach und stolpert nach hinten, ich rücke nach. Im Handgemenge verlieren wir das Gleichgewicht und purzeln zusammen Richtung Boden. Sie zuerst und dann ich auf sie drauf. Erst werde ich verlegen, weil ich ihr noch nie so nahe gekommen bin, doch dann erinnert mich das fiese Lachen des Kristalls wieder daran, was ich tun muss. Kristy das Ding wegnehmen. Also drücke ich Kristy mit meinem Gewicht fest gegen den Boden und schnappe ihre Handgelenke. Sie entwindet sich und strampelt mit ihren Beinen. Ihr Knie trifft mich da, wo es verdammt weh tut. Ich keuche auf und krümme mich auf ihr. Die Gelegenheit nutzt sie, um sich unter mir zu befreien. Kichernd krabbelt sie über den Boden und ich nach einer kurzen Verschnaufpause hinter ihr her, bis ich sie in eine Ecke dränge und sie nicht mehr fliehen kann.
“Gib mir den verdammten Kristall”, herrsche ich sie an und bin im ersten Moment selbst überrascht über meinen schroffen Tonfall. So habe ich noch nie mit ihr gesprochen. So bin ich eigentlich auch gar nicht.
“Die Tussi soll mir endlich einen Kuss geben”, flucht der Kristall düster.
“Nein, sie wird dich garantiert nicht küssen!”, fluche ich zurück und kaum haben die Worte meinen Mund verlassen, bereue ich sie, denn Kristy lacht wieder los. “Der Kristall will einen Kuss von mir? Hat er das gesagt? Ja?”, gackert sie und funkelt mich dabei mit ihren saphirblauen Augen angriffslustig an. Ich presse angestrengt die Lippen aufeinander und schüttle mit dem Kopf. Allmählich glaube ich, der Kristall sorgt dafür, dass wir beide den Verstand verlieren.
“Du kleiner Schlingel willst also einen Kuss von mir”, macht Kristy ungeniert weiter und hält sich das schwarze Monster ganz dicht an ihrem Mund. “Ja, die dumme Schlampe soll mich endlich küssen”, murrt der Kristall in ihrer Hand. Ich verkneife mir einen Kommentar und schaue Kristy eindringlich an. “Tu es nicht”, flehe ich sie an, keine Ahnung, warum mich das Ganze so aufwühlt. Das ungute Gefühl in meiner Magengrube gewinnt mit jeder Sekunde, die verstreicht, an Intensität. Irgendwann würde ich mich übergeben müssen. Ich bin so kurz davor… Doch ehe ich dazu komme mich auf Kristy und den Kristall zu stürzen, berühren ihre zarten Lippen die Dunkelheit. Von einem Wimpernschlag auf den nächsten verschwindet das Saphirblau aus Kristy’s Augen und das wabernde rote Leuchten aus dem Kristall. Besser gesagt, die Farben tauschen die Plätze. Ungläubig starre ich meine Freundin an. Meine Hände tasten reflexartig hinter mich, suchen Halt, schlittern aber über den Boden, so schweißnass sind sie. Ich rutsche mit meinem Hinterteil hinterher, will von Kristy zurückweichen, die mich mit ihren feuerroten Augen fixiert und taxiert wie Beute. Beute, auf die sie sich stürzen will. Das abscheuliche Grinsen auf ihrem Mund schnürt mir die Kehle zu und raubt mir die Luft zum Atmen. Ach du heilige verfluchte Scheisse…
“Ach komm schon, Sammy. Ich weiss, dass du mich spüren kannst und du wusstest, dass ich irgendwann zurück zu dir finden würde. Erinnerst du dich wirklich gar nicht mehr an mich?”, grollt es aus Kristy heraus. Ihre Stimme hört sich gar nicht mehr nach ihr an und ist ein paar Oktaven tiefer als üblich. Es wirkt, als wäre der Leibhaftige in sie gefahren.
Instinktiv rutsche ich noch weiter von ihr zurück. “Was zum Teufel meinst du?”
Kristy, oder wer oder was auch immer sie jetzt ist, rappelt sich vom Boden auf. Der niedliche Pyjama, den sie trägt, passt so gar nicht mehr zu dem teuflisch fiesen Ausdruck auf ihrem schönen, doch nun irgendwie verzerrtem Gesicht.
“Sag mal, stehst du auf die Tussi hier oder freust du dich nur mich wiederzusehen?”, lacht Kristy niederträchtig und deutet mit ihrer Hand zwischen meine Beine.
“Was?”, panisch blicke ich an mir herunter und.. das Lachen wird zu einem ohrenbetäubenden Donnergrollen. “Du hast geguckt! Ach, Sammyboy, du lässt dich ja immer noch so leicht auf den Arm nehmen wie damals, als wir deinem Onkel die Lichter ausgeknipst haben.”
“Meinem Onkel?” Nun verstehe ich nur noch Bahnhof. “Wovon zur Hölle sprichst du?”, fauche ich meine Freundin an.
Kristy’s Mundwinkel wandern bis zu ihren Ohrläppchen hinauf. “Ich staune immer wieder, wie es der kindliche Verstand schafft, Erinnerungen auszumerzen und sie sogar komplett zu verdrängen, so als wäre nie irgendetwas passiert. Ihr Kids seid echt erstaunliche Geschöpfe”, raunt sie wieder mit dieser tiefen Stimme, die so gar nicht zu ihr passt. Sie hält sich den schwarzen Kristall, der nun in einem Blau leuchtet, vor die unnatürlichen rubinroten Augen und begutachtet ihn einmal von allen Seiten. “Soll ich dir ein bisschen auf die Sprünge helfen, Sammy?”, die roten Augen richten sich abrupt auf mich.
Ich schlucke, hin und her gerissen, ob ich einfach schreien und wegrennen oder ob ich bleiben und mir anhören soll, was Kristy oder was auch immer in sie gefahren ist, mir für eine Geschichte auftischen will.
“Ach komm schon, Kumpel. Hör auf dich dagegen zu wehren. Wir hatten wirklich viel Spass zusammen, nachdem dein Onkel ziemlich viel Spass mit dir hatte. Damals in Malibu. Du warst sieben Jahre alt und er… wie soll ich es sagen etwas älter. Wobei… nein. Viel älter. Erinnere dich.” Die zwei Rubine funkeln mich erwartungsvoll an. “Du hast Gott um Hilfe angefleht und ich bin aus der Hölle gekrochen und habe dir geholfen, weil du Gott komplett egal warst. Ich meine, bist du noch immer. Der Hurensohn schert sich nicht um seine Schöpfung, aber ich”, Kristy wirft mir den schwarzen Kristall zu und wie mechanisch fange ich ihn auf. “Ich nutze Gelegenheiten, wenn sich mir eine bietet”, vollendet sie ihren Satz und lässt ihre schneeweißen Zähne aufblitzen.
“Wer… wer… bist du?”, stammele ich. Wie auf Knopfdruck fängt mein Kopf an weh zu tun, als würde jemand mit einem spitzen Werkzeug darin herumstochern.
“Ach, ich habe viele Namen. Aber du kennst mich unter dem Namen Amon, dein Freund und Helfer, der, der dir einen Stein in die Hand gegeben hat und als es vorbei war, mit dir zusammen die Eingeweide deines Onkels herausgerissen und über den ganzen Sandstrand Malibus verteilt hat”, Kristy oder Amon, wie sie oder er sich nun nennt, grinst mich an. Prompt fährt ein unangenehmer Stich in meine Schläfe und löst eine Blockade. Ich zucke gequält zusammen. Amon mustert mich schadenfreudig. “Ahh, ich sehe, die Erinnerungen wollen an die Oberfläche kommen, lass es zu”, schnurrt er dämonisch und kippt einen Schalter in meinem Kopf. Eine rote Welle aus Schmerz erfasst mich und spült den Nebel des Vergessens davon. Erinnerungen prasseln wie abertausende Hagelsteine auf mich nieder. Warme Hände, ekelhafter klebriger Schweiß, das Gefühl erdrückt zu werden, Sand, überall dieser Sand, auf mir, in mir, über mir.
“Aufhören! Bitte! Aufhören!”, schreie ich und hämmere in meiner Verzweiflung mit dem Kristall gegen meinen Schädel. Einmal, zweimal, dreimal, bis Amon ihn mir entreißt. Seine feuerroten Augen tauchen unmittelbar vor meinem Gesicht auf und ziehen mich in ihren Bann. Ich spüre seinen heißen Atem auf meiner Haut und sehe dabei Kristy’s bezauberndes Gesicht, was sich immer mehr zu einer teuflischen Fratze verzieht. “Sam”, dröhnt es aus seinem Mund. “Ich will wieder mit dir töten. Ich will Knochen brechen, Fleisch zerreissen, Qualen bereiten, in Blut ertrinken und mich in Gedärmen aalen. Ich habe dich beobachtet, Sammy, zugesehen, wie es langsam und stetig in dir heranreift und jetzt bin ich da und du bist endlich bereit. Mehr als bereit, die leckeren Früchte der bösen Saat zu ernten.”
“Was für eine Saat?”, flüstere ich leise und fühle, wie etwas tief in mir sich windet und streckt, als wäre es aus einem tiefen Schlaf erwacht und bereit die Zügel in die Hand zu nehmen.
„Die Saat, oder besser gesagt, der Samen, den dein Onkel in dich gepflanzt hat. Und was einst ein kleines Pflänzchen war, ist gewachsen und hat in jede Faser deines Seins seine Ranken geschlagen und dich von innen heraus verdorben. Du bist so verdorben, Sammy, so richtig schön verdorben. In dir drin ist alles schwarz, so düster und finster, die pure Finsternis....”
“Du lügst”, unterbreche ich Amon harsch und wieder heulen die Schmerzen in meinem Kopf auf. Weitere Erinnerungen brechen durch die dicken Wände, die mein Verstand um sie herum erbaut hatte. Ich will das nicht sehen, ich will das alles nicht sehen. Das ist nie passiert. So etwas hätte ich doch niemals vergessen können. So etwas kann man einfach nicht vergessen.
Amon lacht und suhlt sich wie ein Schwein in meinem Leid. “Du spürst doch dieses Verlangen, Sammy”, raunt er, sichtlich angetan von dem Spektakel, dass sich vor ihm abspielt. Von der einen Sekunde auf die nächste prescht er nach vorne und schlingt seine dünnen Arme um mich. “Tief in dir, spürst du es. Du spürst, wie sehr du sie willst. Warum sonst sind wir hier? Hm? Warum hast du ihr den Kristall gezeigt, Sammy? Weil du tief in deinem Innern genau das hier wolltest. Du hast um Hilfe gebeten und ich bin wieder aus der Hölle gekrochen, um dir zu helfen. Hier bin ich und gebe dir, was du willst. Was du brauchst. Was du dir so sehr wünscht.”
“Ich weiss nicht, wovon du sprichst”, erwidere und will mich freikämpfen, doch Amon hält mich fest, drückt Kristy’s Körper an meinen. Reibt sich an mir, berührt mich, seine Hände sind überall und doch nirgendwo. “Weisst du es jetzt?”, kichert er teuflisch und als Kristy's Lippen sich auf meine legen, gebe ich auf mich gegen ihn und das, was er tut zu wehren. Ich lasse es zu. Ich erwidere es sogar. Doch er beendet den Kuss so abrupt, wie er ihn begonnen hat. “Kristy ist nicht mehr hier drin, sie ist jetzt da”, Amon tippt ungeduldig mit einem Finger gegen den schwarzen Kristall in meiner Hand. “Ich habe sie dort drin eingesperrt und alles, was wir jetzt mit ihrem Körper anstellen, wird für immer unser Geheimnis bleiben. Sie bekommt davon gar nichts mit, wir können also tun und lassen, was wir wollen.” Ein kehliges Lachen verlässt Kristy’s hübschen Mund, der sich genauso weich und voll anfühlt, wie er aussieht.
Ich will etwas sagen, doch Amon legt mir schnurstracks einen Finger auf die Lippen. “Pssst, wir wissen doch beide, dass Erinnerungen an die man sich nicht erinnern kann, auch gar nie passiert sind.”
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“Guten Morgen, du Schnarchnase”, begrüsse ich Kristy, die verschlafen ihren Kopf vom Kissen hebt und beginnt sich den Schlafsand aus den saphirblauen Augen zu reiben. “Sam? Oh Gott, bin ich etwa eingeschlafen?” Ein herzhaftes Gähnen verlässt ihren Mund, als sie sich auf dem Bett aufrichtet und mich müde ansieht.
“Ja, aber das ist nicht schlimm”, ich lächle sie an und lehne mich auf dem Bürostuhl zurück. “Tut mir leid, ich war wohl ziemlich müde”, entschuldigt sie sich etwas verlegen. Ihr Blick fällt auf meinen Schoss. “Oh, was hast du denn da?”, sie rutscht vom Bett herunter und kommt auf mich zu.
“Ach das”, sage ich wie beiläufig und schaukle den schwarzen Kristall in meinen Händen hin und her. “Habe ich auf dem Spaziergang gefunden.”
“Was? Wirklich? Den muss wohl jemand verloren. Sieht wertvoll aus und dieses rote Leuchten, wow, sieht beinahe so aus, als würde ein Feuer in ihm brennen. Ich finde Kristalle sowieso total faszinierend! Ein Kristall ist ein homogener Körper, das heisst, er ist stofflich sowie physikalisch einheitlich! Außerdem wird die äußere Form durch die voneinander unabhängigen Merkmale Kristallhabitus und Kristalltracht bestimmt. Es gibt Zuckerkristalle, Salzkristalle, Schneekristalle, Mineral- und Metallkristalle. Es gibt so viele Arten von Kristallen und aber so einen wie den hier, habe ich noch nie gesehen. Wollen wir mal gucken, was für einer das ist? Vielleicht sitzen wir auf einer Goldgrube und wissen es nicht”, fragt mich Kristy und ihre Augen funkeln dabei wie zwei Saphire. Ich muss schmunzeln. “Nicht nötig, ich weiss schon, was für einer das ist.”
“Ach?”, Kristy bugsiert überrascht eine Augenbraue in die Höhe. “Ich wusste gar nicht, dass du dich für sowas wie Kristalle interessiert.”
“Tue ich auch nicht”, gebe ich zu und zucke mit den Achseln. “Aber ich war halt neugierig.”
Kristy grinst und fingert mir den Kristall aus der Hand, um ihn genauer zu betrachten. “Und, was ist das für einer?”
“Einer, der Wünsche in Erfüllung gehen lässt, wenn man ihn küsst”, sage ich und entlocke Kristy ein herzhaftes Auflachen.
“Haha, sehr lustig, Sam”, meint sie und boxt mich sanft in die Seite. “Ein Kristall, der Wünsche erfüllt. Nicht schlecht!”
“Was denn?” Du glaubst mir nicht?”, erwidere ich und tue gespielt auf beleidigt.
“Kein Stück.”
“Na dann probier's doch einfach aus.”