Kittykat671 - 1
Tag 1 (Fisch, first time)
“Komm schon, mann!”, fleht Lenny mich an und klammert sich am Arm seiner neuen Freundin fest, die sich sichtlich unwohl in unserem Etablissement fühlt. Scheint ihm aber, wie so vieles andere, total egal zu sein. Er ist drauf, er braucht Stoff und um an Stoff zu kommen, braucht er mich. Genau genommen, braucht er mein Geld.
“Ich wiederhole mich äußerst ungern”, kommentiere ich Lennys Bettelei, lasse es mir aber nicht nehmen, seine derzeitige Freundin genauer in Augenschein zu nehmen. Langes, gepflegtes Haar. Hübsches Gesicht. Grüne Augen, die etwas müde wirken. Einladender Körper. Kleine Brüste, aber ich mag sie sowieso lieber klein und fest und auch mein Klientel hat sich nie von sowas Banalem wie einer Körbchengrösse abschrecken lassen. Im Gegenteil, meine Auswahl findet stets Gefallen. Kurzum, Lennys neue Freundin hätte durchaus Potenzial und ich gebe es ungern zu, sie gefällt mir. Mit dem, was sie vorzuweisen hat, könnte ich gut arbeiten. Es ist mir schleierhaft, wie der Junge es schafft, immer wieder so hübsche Mädchen an zu schleppen. Spontan tippe ich auf ein kaputtes Elternhaus oder den Drang zu rebellieren, warum sonst sollte man sich mit einem Junkie, wie Lenny einer ist, einlassen, der meiner Meinung nach absolut nichts außer einen Haufen Probleme zu bieten hat?
“Es ist doch nur für einen Monat! Danach habe ich die Kohle zusammen! Ich schwöre!”, jammert Lenny weiter herum, während der Blick seiner Freundin unruhig umher streift, völlig mit der Situation überfordert, in der sie sich gerade befindet. Und natürlich ist es ihr mehr als unangenehm, dass ich sie ansehe, wie das Stück Fleisch, das mir Lenny in diesem Moment appetitlich machen möchte. Auch wenn sie es jetzt noch nicht glauben mag, denn genau das ist sie für Lenny. Ein Stück Fleisch, dass man im Notfall den Hunden zum Fraß vorwirft. Dieser Notfall ist eingetroffen und es liegt an mir, zu zu beißen oder es sein zu lassen.
“Wie alt?”, frage ich und krame aus meiner Jackentasche eine Packung Zigaretten heraus. In Lennys Gesicht sehe ich für eine Millisekunde so etwas wie Hoffnung aufkeimen, die sogleich wieder verschwindet, als sein Kopf die zwei Worte, die meinen Mund verlassen haben, neu sortiert. Anstelle der Hoffnung, flackert eine leichte Panikwelle über den jungen Kerl hinweg. Gefühlsschwankungen sind bei Junkies nicht selten, aber Lenny ist auch ohne Koks und Co. eine Berg- und Talfahrt. Auch ein Grund, warum keiner von uns ihn sonderlich gut leiden kann. Er ist schwierig und er gibt sich nicht einmal die mühe, es zu verbergen.
“Ist das wichtig?”, quetscht er aus zusammengepressten Lippen heraus. Ich zucke mit den Schultern und zünde mir eine Kippe an.
“Gut, dann nicht. Verpiss dich.”
“Ach komm schon!”, drängt Lenny ungeduldig und fuchtelt mit seinem freien Arm vor mir herum. Unbeeindruckt puste ich ihm den Rauch meiner Zigarette entgegen und schaue zu, wie er ihn wie ein Ventilator in der Atmosphäre verteilt. Das Mädchen neben ihm fängt an, zu husten. Niedlich. Scheint fast so, als hätte Lenny sie noch nicht auf die andere Seite gezogen, wenn ihre Lunge schon mit einer normalen Zigarette zu kämpfen hat. Renn weg, kleines Mädchen. Renn weg, bevor es zu spät ist. Lenny ist kein guter Umgang für dich und ich werde dein Untergang sein.
“Wie alt?”, wiederhole ich die Frage und verstoße damit gegen meine eigenen Prinzipien. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, kein neues Mädchen aufzunehmen und trotzdem ist das Interesse da. Vielleicht bin ich über all die Jahre doch weicher geworden, als ich mir eingestehen will, denn irgendetwas in mir will, dass dieses schüchterne Reh nicht in den Drogensumpf von Lenny hineingezogen wird. Tja, als ob das, was sie bei mir finden würde, besser wäre. Es wäre lediglich eine andere Art von Treibsand und auch dieser würde sie verschlingen. Zumindest müsste sie bei mir nie für lächerliche 50 Kröten in die Knie gehen, um sich einen Schuss zu setzen.
“Ich bin 20”, antwortet das Reh leise für Lenny. Dieser rupft daraufhin hektisch an ihrem Arm, ziemlich unglücklich über ihren Alleingang. Minderjährige heimsen schließlich deutlich mehr Geld ein und das weiß Lenny. Was Lenny nicht weiß, ist die Tatsache, dass ich mich an meinen Kodex halte und nichts kaufe, was die Volljährigkeit noch nicht erreicht hat. Ich bin zwar pervers und verdorben, aber Kinder gehören auf einen Spielplatz und nicht an meine Leine.
“Das sollst du doch nicht verraten!”, keift er das Mädchen angepisst an und ich sehe, wie seine Hand zum Schlag ausholt. Bevor es aber so weit kommt, ergreife ich sie im Flug und überrasche alle Anwesenden, als ich sie schüttle und damit signalisiere, dass Lenny und ich im Geschäft sind.
“Deal”, sage ich, um alle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und hasse mich, dass ich nicht bei meinem Nein bleiben konnte.
“Was?”, erwidert Lenny völlig überrumpelt, während seine Kinnlade sich zum Boden verabschiedet. Auch das Reh wirkt, als hätte sie nicht gerechnet, heute Nacht verkauft zu werden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie begreift, was gerade vor ihren Augen abläuft und zu was sie ihr ‘Lover’ schlussendlich gebracht hat.
“30 Tage. Sie gehört für die Zeit mir. Sie ist dein Pfand. Wenn du sie wirklich liebst, rate ich dir, es nicht zu versauen.”
Ich krame ein paar Scheine auf meiner Jackentasche und reiche sie Lenny, der sie gierig wie ein Verdurstender in der Wüste an sich nimmt. Das Geld verschwindet in der zerschlissenen Jeans.
“Natürlich liebe ich sie!”, versichert mir Lenny zornig, als sei ich ihm mit meiner indirekten Drohung auf den Schlips getreten und kommt mir dabei so nahe, dass ich seinen fischigen Atem riechen kann. Die Zukunft ist bereits in Stein gemeisselt. Wir beide wissen, dass er in dreissig Tagen nicht vor meiner Tür stehen wird. Es wird genau so, wie immer ablaufen. Er verkauft uns seine neue Errungenschaft, dröhnt sich zu und sobald er ausgeschossen ist, angelt er sich das nächste Naivchen und es fängt wieder von vorne an. Und wenn ich ihm die Tür vor der Nase zuschlage, geht er zum nächsten Käufer eine Tür weiter und versucht dort sein Glück. Ein ewiger währender Zyklus, der von keiner Partei unterbrochen wird, was eigentlich ein Armutszeugnis unsererseits ist. Wir Käufer haben unsere Ehre schon längst verloren.
“Schatz, du musst keine Angst haben. Fynn ist ein guter Freund von mir. Er wird gut auf dich aufpassen! Er ist einer der guten Sorte. Vertrau mir.”
Lenny streichelt mit seiner schmierigen Hand über das vor Schreck erstarrte Gesicht seiner Freundin. Tränen sammeln sich in ihren Augen und als Lenny sich zu ihr herunter beugt und ihr mit seinem Lügen-verseuchten Mund lieblos einen Kuss aufdrückt, bemerke ich, wie ihre Unterlippe leicht zittert. Ihre Angst so deutlich spüren und sehen zu können, beflügelt mich und tröstet mich über die Enttäuschung hinweg, dass ich mich nicht an mein eigen auferlegtes Verbot halte. Ich wollte nach Johanna aufhören, aber dann wird eben Lennys neue Freundin mein allerletztes Mädchen sein. Eine mehr oder weniger auf der Liste, wen interessiert das schon.
“Ich will nicht hier bleiben”, flüstert das Mädchen und klammert sich an Lennys fleckigen Kapuzenpullover fest.
“Du musst! Tu es für mich. Tu es für uns! Ich verspreche dir, ich hole dich so schnell wie möglich wieder ab und dann machen wir es uns schön, ja? So wie wir es besprochen haben. Mit Haus und Garten. Und wir kaufen uns einen Hund und er wird Bello heissen. Du musst mir nur ein bisschen Zeit geben.”
Das Nicken des Mädchens bricht mir beinahe das Herz, wenn ich eines hätte, das es zu Brechen gäbe.
“Okay”, wispert sie und sieht dabei so verloren aus, wie ein Straßenköter an einem regnerischen Tag.
“Fickt ihr eigentlich?”, frage ich aus einem Impuls heraus und ernte einen empörten Blick von Lenny, der mir direkt ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert. Wäre nicht die erste Jungfrau, die er uns präsentiert. Es ist kein Geheimnis, dass er seinen Konsum über alles stellt. Sogar über Sex, was ich absolut nicht nachvollziehen kann.
“Wir lieben uns! Klar ficken wir”, keift er mich an und mimt vor seinem Reh den grossen Macker, obwohl er vor wenigen Minuten mit seiner Bettelei noch das Gegenteil bewiesen hat. Dem Reh scheint Lennys Aktion genauso peinlich zu sein wie mir. Ihre Wangen färben sich knallrot, was süss aussehen würde, wäre die Situation eine andere. Ich rauche meine Zigarette zu Ende und beobachte interessiert, wie Lenny dem Reh versucht zu erklären, wie die Sache hier ablaufen wird und nach jedem Zusammenzucken ihrerseits, schmiert er ihr ein paar kitschige Liebesbekundungen seinerseits um den Mund, um ihr die bevorstehende Hölle einigermassen schmackhafter oder zumindest erträglicher zu machen. Aber egal wie viel Zucker man in Kotze streut, Kotze bleibt Kotze und das wird sie spätestens merken, wenn sie sie schlucken muss. Ein winzig kleiner Teil von mir will sie verschonen, weil sie so anders als Lennys sonstige “Schätze” ist, aber die dunkle Seite in mir, freut sich bereits auf unser erstes Date, dass ihr die unschuldigen Augen garantiert öffnen wird.