Fuck you 69 - Kapitel X - Green
Achtung, das hier ist ein Auszug aus einer Geschichte mit dem Arbeitstitel "Fuck you 69", der Inhalt ist mit Vorsicht zu lesen und FSK 18.
Red weg, Blue weg und plötzlich fühlt es sich ganz einsam an, so alleine im Turm. Weshalb sich Green dazu entschließt, ein paar Besorgungen zu erledigen. Sonst würde sie durchdrehen. Die Begegnung mit Kai hat sie ganz aus ihrem Konzept und aus dem Häuschen gebracht. Da haben sie sich gefühlt seit einer Ewigkeit nicht mehr persönlich gesehen und dann treffen sie nach so langer Zeit wieder aufeinander und dann auch noch aus so einem unerfreulichen Anlass. Und wie geschockt ihr alter Freund auf sie reagiert hat. Dabei ist sie doch noch gar nicht gänzlich zufrieden mit ihrer neuen, eher maskulinen Erscheinung. Mal davon abgesehen, dass sie sich bisher nicht zu einem Mann umoperieren lassen hat. Sie trägt lediglich eine Übergangsprothese zwischen den Beinen. Einen ziemlich authentisch aussehenden Schwanz aus Silikon, den man sich vorne in die Unterhose machen, respektive sich untenrum ankleben kann, um sich an das Gefühl eines Gliedes erstmal zu gewöhnen. Und natürlich an den Look. Aber anfreunden kann sich Green bisher noch nicht so richtig mit dem Ding aus Silikon. Es ist einfach unpraktisch. Es erfüllt nicht seinen Zweck und es frustriert sie ungemein, dass die beiden anderen Vollidioten Blue und Red unaufhörlich deswegen auf ihr herum hacken. Und sich über sie lustig machen wie zwei Kleinkinder, die sich nicht anders zu helfen wissen, wenn sie auf etwas treffen, das ihnen überlegen sein könnte.
„William, pass mal auf die Zwergnutten auf, ich bin weg für ein oder zwei Stunden“, herrscht Green den Wächter an, der wie immer um diese Uhrzeit - es ist 16 Uhr - wie ein unüberbrückbarer Fels vor den zwei verschlossenen Türen herumsteht und Wache hält. William ist praktisch und wegen seiner vielen Vorzüge, wie seine Terminator-Statur, als Leibwächter von Green damals eingestellt worden, als die Sache mit dem Etablissement so richtig ernst wurde. Außerdem sieht William auch noch gut aus, hat einen gewaltigen Schwanz, Tattoos, Piercings und eine Schwäche für „Frauen“ wie sie. Sogenannte Mannsweiber. Ach und er gehorcht ihr wie ein dressierter und abgerichteter Pitbull aufs Wort. Ja, klar, sie bezahlt ihn dafür, aber im Wesentlichen erfüllt er all die Qualitäten, auf die es ankommt, um bei so jemanden wie Green landen zu können, würde er es denn wollen. Und vielleicht will er es auch. Aber da sie beide in einem geschäftlichen Verhältnis zueinander stehen, bleibt diese Verbindung vorerst rein professioneller Natur. Was Green natürlich nicht davon abhält, davon zu träumen, sich von William eines Tages durchnehmen zu lassen. Aber erst, wenn sie mit ihrer Erscheinung zufrieden ist. So halbfertig, irgendwas zwischen Mann und Frau, darf keiner mehr an sie heran.
Da William nie viel Output von sich gibt, stolziert und stiefelt Green an ihm vorbei, in dem Wissen, dass der Mann sie zwar verstanden hat, aber einfach keine Energie darin verschwenden möchte, ihr das auch auf irgendeine Art und Weise erkenntlich zu zeigen. Mit einem Nicken oder einem „Ja, Chef/in“ zum Beispiel. Das ist nicht Williams Art und das ist okay. Es müssen ja nicht alle Männer solche Labertaschen sein wie Red. Oder Andriel, den sie auch seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen, aber erst vor kurzem noch gesprochen hat.
Green‘s Weg führt durch einen langen und tristen, grauen Korridor, der mit Neonröhren ausgeleuchtet ist und bei einem Lift endet. Dort drückt sie die 0, um in die Tiefgarage zu kommen. Viele Autos findet man in der Tiefgarage nicht vor. Der rote Flitzer von Red ist weg sowie Blue‘s blauer Volvo. Green steuert direkt auf den grünen Porsche zu, den sie sich vor einer Weile erst zugelegt hat. Der Duft von frisch gekauft steigt ihr in die Nase. Besser gesagt von den teuren Ledersitzen in der Farbe weiß. Man gönnt sich ja sonst nicht viel, obwohl Green durchaus das Geld dazu hätte, um sich ein schönes Leben zu machen und sich hin und wieder etwas Luxus zu gönnen. Bloß ist von ihrem Vermögen noch nichts auf ihrem Konto. Ihr Konto sieht noch immer so leer aus, wie zu den Zeiten, als sie zusammen mit Andriel und Kai Pornos gedreht hatte. Mr. Smith hat sozusagen gewisse Sicherheitsvorkehrungen getroffen - was soviel bedeutet wie, er verwaltet das Geld für jedermann, denn plötzlicher Reichtum könnte Fragen aufwerfen und würde jemand anfangen, nach Antworten oder Erklärungen zu suchen, würde das dem Geschäft schaden und was dem Geschäft schadet, wäre auch nicht gut für all diejenigen, die davon profitieren.
Eigentlich ist es ein Verbrechen mit einem schnittigen Porsche durch den Wald zu fetzen, der Boden ruiniert die Felgen und wenn’s blöd läuft, rennt einem ein Reh vor die Haube. Ist in den Jahren, die Green bereits für Mr. Smith arbeitet zwar bisher nie vorgekommen, was aber nicht bedeutet, dass dieser Fall nicht einmal eintreffen könnte. Heute ist Green das Glück auf vielen ebenen hold, weshalb sie ohne Bambi zu töten aus dem Wald brettert und auf die Landstraße einbiegt, die sie von diesem Ort mitten im Nirgendwo Richtung Zivilisation führen sollte. Sollte, weil es ungefähr eine dreiviertel Stunde dauert, bis man überhaupt irgendwo ist. In Green’s Fall ist dieses Irgendwo ein Häuschen am Rande eines Dorfes und als sie in die Einfahrt einbiegt, erspäht sie bereits den schwarzen Honda der Person, mit der sie sich heute hier spontan verabredet hat. Sonderlich viel Lust auf dieses Treffen verspürt sie nicht, aber nicht alle Dinge lassen sich übers Telefon regeln. Manchmal muss man auch persönlich erscheinen, um Geschäftsbeziehungen zu pflegen. Für dieses Treffen hat Green sich sogar extra in Schale geworfen. Schwarzer Einteiler, darüber ein schwarzer Ledermantel und dazu dunkelrote Pumps. In die kurzen Haare etwas Gel und ein leichtes Make-Up für einen gesunden Teint. Seit sie die meiste Zeit im Turm verbringt, fernab jeglicher Sonneneinstrahlung sieht ihre Haut immer etwas milchig aus, was sie kränklich wirken lässt. Nicht, dass es sie sonderlich stören würde, aber für ein Treffen dieser Art ist ein ordentliches Erscheinungsbild von Vorteil, weshalb sie sich heute auch für dieses Femme-Fatale-Outfit entschieden hat, was um einiges femininer und strenger wirkt, als das, was sie üblicherweise so trägt. Außerdem mag sie es, wenn ihre Pumps über den gepflasterten Boden klackern und ihre Ankunft verkünden.
Vor der Haustüre des Häuschens liegt ein geschmackloser Fußabtreter, Baumarke Familienidylle, der Green Willkommen heißt. Ihre Hand findet wie automatisch zur Klingel und obwohl sie pünktlich ist, dauert es ganze zwei Minuten, bis ihr die Tür geöffnet wird- Zwei Minuten, die Green besser gestalten hätte können. Warten ist ein Graus. Besonders wenn man nach der Warterei vor einem Knirps steht, der ihr gerade mal bis unter die masektomierten Brüste geht. Der Knirps trägt ein weißes Kleid, das ihm bis knapp über die Knie reicht und einen leichten Taillenschnitt vorweist. Die Haare auf dem Kopf sind kurz und blond, der Ausdruck auf dem Gesicht verloren und schal. So wie die Zwergnutten im Turm trägt der Kleine ein Halsband. Wahrscheinlich ist er auch ungefähr im selben Alter wie die Zwergnutten. Green würde ihn auf etwa zwölf Jahre alt schätzen. Allerhöchstens vierzehn. Die Mageren wirken immer jünger, als sie tatsächlich sind, weshalb man das nie so genau sagen kann.
“Madame”, begrüßt der Knirps Green höflich und vollzieht dabei einen leichten Knicks. Red scheint wohl nicht der Einzige zu sein, der ein Faible für die alten Sitten pflegt und entsprechend die Ware nach diesem Gusto abrichtet. Green lässt sich davon aber weder beeindrucken noch abschrecken.
“Der Sire erwartet sie bereits.”
“Will ich hoffen”, erwidert Green leicht borstig und tritt ein, als der Knirps zur Seite weicht und ihr mit einer Geste den Weg weist. Auch im Hausinnern schreit alles nach Familienidylle. Klassisch eingerichtet mit vielen eingerahmten Bildern an den Wänden und zu viel Dekoration auf den Möbelstücken, denen Green keine großartige Beachtung schenkt. Sowas wie Einrichtung hat sie noch nie sonderlich interessiert, ihr Interesse liegt vielmehr darin, wie dieses Treffen verlaufen wird. Im Wohnzimmer entdeckt sie den Herr des Hauses. Er liegt ausgestreckt auf dem Sofa mit der Hand in der Hose und einer Lustlosigkeit im Gesicht, die nicht sonderlich einladend auf sie wirkt.
“Klaus”, kündigt sich Green an und betritt das Wohnzimmer mit klackernden Pumps. Der gelangweilte Blick richtet sich auf sie und die freie Hand, die, die nicht in der Hose verweilt, signalisiert ihr träge, auf dem Sessel gegenüber des Sofas Platz zu nehmen. Green kommt der stillen Aufforderung nach und lässt sich auf das Polster fallen. Wie gut, dass sie vor Jahren ihre Eitelkeit und ihren moralischen Kompass abgelegt hat, sonst wäre ihr das, was sich hier abspielt, nun zuwider und zum Verhängnis geworden. Besonders als der Knirps nach ihr das Wohnzimmer betritt und sich wie ein Soldat zum Appell neben seinem Sire aufstellt, damit Klaus zweite Hand ebenfalls eine Beschäftigungsmöglichkeit findet. Diese verschwindet unter dem weißen Kleid des Jungen und tut das, was die andere bereits in der Hose des Sire’s angefangen hat. Leichte Auf- und Abbewegungen und dazu ausdruckslose, starre Gesichter. Was für ein Empfang. Sieht aus, als würde dieses Gewichse keinem die Erfüllung bereiten, die ein solches Unterfangen eigentlich mit sich bringen sollte.
“Was gibt’s, Green?”, erkundigt sich Klaus nach einigen Malen auf- und ab bei ihr, gibt sich aber nicht die Mühe das Wichsen für das Gespräch vorerst einzustellen oder sich zumindest ein bisschen auf dem Sofa aufzurichten und sich dem Gast zuzuwenden. Der Wichser liegt immer noch ausgestreckt vor ihr, als wäre Green keine, der man sonderlich Respekt zollen sollte. Was Green natürlich gegen den Strich geht, aber leider ist sie auf diese Missgeburt vor ihr angewiesen, weshalb sie sich am Riemen reißt, lässig die Beine übereinander schlägt und sich in ihren Sessel zurücklehnt, als würde ihr diese banale Wichserei rein gar nichts ausmachen oder irgendwie an ihrem Ego kratzen.
“Eines der Mädchen ist uns weggestorben und wir brauchen Ersatz”, beginnt Green den Grund für ihr Erscheinen offen anzusprechen. Keiner der Anwesenden verzieht eine Miene. Der Knirps fängt nur an zu keuchen und offenbar werden dem Jungen von dem, was unter seinem Kleid passiert, allmählich die Augenlider schwer. Ein Glück ist, dass der weiße Fummel das unzüchtige Treiben zwischen den Schenkeln des Knirps verbirgt. Nicht, dass Green’s Fokus darauf liegen würde, im Gegenteil, sie konzentriert sich lediglich auf Klaus, der sich nun endlich auf dem Sofa neu positioniert, aber nur, um den Winkel des rechten Arms ein wenig auszubalancieren, der durch das Gewichse seltsam verdreht ist.
“Welche ist draufgegangen?”
“Dakota.”
“Wie?”
Wie gut, dass sich Green das “wie” bereits zurecht gelegt hat, weshalb sie, ohne mit der Wimper zu zucken, die geforderte Antwort überzeugend liefern kann.
“Analfissur. Ist verblutet. Ich würde sagen, scheiße gelaufen.”
“Wahrlich.”
“Und, wie sieht es mit dem Ersatz aus? Wann kann ich mit einem neuen Mädchen rechnen?”
Klaus schielt gelangweilt zu ihr herüber. Und da ist er. Der Moment, den sich Green insgeheim ersehnt hat. Die Hand findet aus der Hose und die andere kommt unter dem Kleid hervor, als Klaus sich auf dem Sofa aufsetzt und sie zum ersten Mal an diesem Tag bewusst wahrnimmt. Natürlich wird noch einmal das Gehänge gerichtet, ehe der Saftsack nach seinem Telefon auf dem Couchtisch greift und einen müden Blick auf das Display wirft.
“Wie dringend ist es?”, erkundigt sich Klaus bei Green. Der Knirps steht noch immer wie ein Soldat neben dem Sofa. Unter dem weißen Stoff bildet sich eine kleine Erektion ab, die so gar nicht zu dem mimiklosen Gesicht des Jungen passt.
“Kommt darauf an, wir müssen auch noch Zeit einrechnen, bis wir die Kleine gebrochen haben. Es wäre also hilfreich, wenn wir ein neues Mädchen so bald wie möglich bekommen könnten”, antwortet Green. Ihre Gedanken wandern zu den Zwergnutten im Turm. Vielleicht sind Mädchen einfach robuster als Jungs. Die zeigen wenigstens noch Emotionen, wenn man Hand an sie anlegt. Zwar Emotionen, die ihnen aufgezwungen werden, aber immerhin eine Regung. Der Knirps hier wirkt wie eine leblose Hülle. Ein Spielzeug. Etwas, wofür man nicht einmal mehr Mitleid empfinden kann, weil da nichts mehr ist. In seinem Gesicht. Es ist tot.
Klaus streckt sich einmal ausgiebig und gibt dabei ein Gähnen der Sorte mein-Leben-ist-so-hart von sich. Als würde man ihm einfach zu viel abverlangen. Als ob. Der Kerl ist einfach nur faul und das Allerschlimmste ist, dass Klaus sich das auch erlauben kann, weil es bisher keinen gibt, der ihn auf irgendeine Weise ersetzen könnte. Dieser Widerling hat kostbare Verbindungen, das weiß er und das nutzt er schamlos aus, weshalb er sich auch so benehmen kann, wie er sich eben benimmt.
“Hast du eigentlich schon mal den Schwanz von so einer kleinen Tunte gelutscht?”, Klaus macht eine Kopfbewegung Richtung des Knirpses und sieht Green mit einem Blick an, der nichts Gutes verheißt. Die dunklen Augen, die zuvor noch so müde und desinteressiert auf Green gewirkt haben, funkeln plötzlich angriffslustig. Als wäre dem Idioten nun danach, seine Machtposition etwas auszukosten und Green noch ein bisschen mehr zu degradieren als ohnehin schon und mit seinem respektlosen Verhalten ihr gegenüber zu verhöhnen, gar aufzuziehen. Vielleicht war es doch keine gute Idee, ohne Red oder Blue zu dem Treffen zu erscheinen. Zwar verhält sich Klaus bei denen genauso widerwärtig wie bei Green und testet seine Grenzen auch bei denen aus, aber die beiden Herren wissen besser damit umzugehen. Besonders Red, der Klaus Verhalten einfach spiegelt. Green ist das zuwider. Sie würde sich niemals auf dieses Niveau herunterlassen und ihre Etikette ablegen. Nicht vor so einem Prolet.
“Steht nicht unbedingt auf meinem Speiseplan”, sagt sie deshalb und zwinkert dem Teufel vor sich zu. Sie überwindet sich sogar zu einem koketten Lächeln. “Ich mag es lieber etwas Größer. Kleine Häppchen sind nichts für mich.”
“Woher willst du das wissen, wenn du es noch nie ausprobiert hast?”, entgegnet Klaus und rutscht auf seinem Sofa etwas vor, um sich ein Glas Sekt einzuschenken.
“Auch eins?”, der Saftsack nickt Green zu und greift bereits nach einem zweiten Glas. Für wie dumm hält er sie eigentlich? Als ob sie irgendetwas trinken würde, was so einer wie er ihr anbietet. Da kann er noch lange davon träumen.
“Alles, was ich von dir will, ist ein Datum und eine Uhrzeit, Klaus.”
“Manchmal bekommen wir nicht das, was wir wollen, sondern das, was wir verdienen”, Klaus lächelt amüsiert und schenkt ein zweites Glas ein. “Trink, Charlie”, fordert er den Knirps auf und reicht dem Jungen das Sektglas. Der Knirps tut wie ihm geheißen und als das Glas leer ist, wandert es wieder zurück auf den Tisch.
“Wenn du ihm einen bläst, dann bringe ich dir morgen ein neues Mädchen”, Klaus Worte sind an Green gerichtet. “Ort und Zeit wie immer.”
“Ich glaube, wir können auch noch ein paar Tage länger warten”, erwidert Green und schürzt die Lippen. War ja klar, dass sowas kommen wird. Klaus fordert sie heraus und irgendetwas sagt ihr, dass sie und ihre Pumps sich schleunigst aus dem Staub machen sollten und sie vielleicht William als Leibwächter eher hier gebraucht hätte, als im Turm. Green sondiert sicherheitshalber einmal das Wohnzimmer, was sie eigentlich schon bei ihrer Ankunft hätte tun sollen, wäre sie nicht so abgelenkt von Klaus’ Hand in der Hose gewesen.
“Falls du die hier suchst, die war unter meinem Kissen”, lenkt Klaus ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich und zaubert - wer hätte es erwartet - eine Pistole unter dem Kissen hervor, das zuvor seinen Kopf gestützt hatte. Gut. Klarer Fall von blöd gelaufen. Wobei bisher bei keinem Treffen jemals eine Waffe zum Einsatz gekommen war. Schließlich arbeiten sie alle für den gleichen Kerl und sind Smith unterstellt.
“Ich glaube, Smith wäre nicht erfreut darüber, zu hören, dass du mich mit dem Ding bedroht und unsägliche Dinge von mir verlangt hast.”
“Was Smith nicht weiß macht Smith nicht heiß”, kontert Klaus. “Es würde letzten Endes Aussage gegen Aussage stehen und warum sollte Smith dir eher glauben als mir?”
Widerwillig zucken Greens Mundwinkel, weil sie nicht anders kann, als innerlich über diesen Witz zu lachen. Da erscheint sie einmal alleine zu einem Treffen und es passiert genau das, was immer passiert, wenn Männer denken, sie könnten sich alles erlauben. Wie mechanisch gleitet Green’s Hand zu ihrem Handy in der Manteltasche.
“Große Tunte bläst kleiner Tunte einen. Und zwar jetzt, los steh auf.”
Und schon zeigt die Mündung der Pistole auf Green. Es ist tatsächlich das erste Mal, dass einer eine Waffe auf Green richtet und das Gefühl, was sich in ihr ausbreitet, als sie in den Lauf der Waffe blickt, löst in ihr einen leichten Schwindel aus. Dass man sie als Tunte bezeichnet, ist jedenfalls nicht neu. Eigentlich ist es sogar ziemlich geschmacklos, was zu so einem Saftsack wie Klaus erschreckend gut passt.
„Und Hände da, wo ich sie sehen kann“, fordert sie der Blitzmerker auch noch auf. Green fügt sich widerwillig und manövriert die Hände vor ihren Brustkorb. Dabei funkelt ihr der neue dunkelrote Nagellack auf ihren Nägeln entgegen, der so schrecklich gut zu ihren Pumps passt.
„Möchtest du nicht lieber noch einmal darüber nachdenken, bevor du eine überstürzte Entscheidung triffst?“, rät Green Klaus, der sich den Ratschlag, dem abscheulichen Grinsen in seinem Gesicht nach zu urteilen, nicht zu Herzen nehmen wird. Wahrscheinlich schlägt in dieser Brust auch kein Herz mehr, wenn sie sich den Knirps so ansieht und das, was Klaus aus dem Kleinen gemacht hat. Man muss herzlos sein, um einem Kind so etwas anzutun, und sie spricht da aus Erfahrung.
„Na los, biete mir eine Show, mir ist langweilig und wenn mir langweilig ist, bin ich unberechenbar. Also unterhalte mich besser, wenn dir etwas an deinem Leben liegt“, palavert Klaus weiter, total uneinsichtig und offenbar risikofreudig. Nun muss Green anfangen abzuwägen, was die klügste Vorgehensweise ist. Fakt ist, Klaus ist unersetzlich und sie brauchen ihn. Sie hingegen wäre ersetzbar, was so viel bedeutet wie, dass sie Klaus nicht ausschalten kann, ohne selbst mit dem Tod bestraft zu werden oder sich ins eigene Fleisch zu schneiden. Sie könnte sich auch fügen und dem Knirps einen blasen. Doch wer weiß, wohin Klaus Langeweile sie beide treiben wird. Am Ende wird aus dem Blasen mehr und gäbe sie einmal nach, würde Klaus sich das immer wieder zu Nutze machen und es würde nicht bei einem Mal bleiben. Diese beiden Optionen scheiden also aus.
Die Pumps klackern über den Holzboden, als Green auf den Knirps zuläuft und als sie vor ihm zum Stillstand kommt, guckt der Kleine mit seinen toten Augen - Farbe blau - zu ihr hoch. Aus dieser Perspektive betrachtet, ist der Junge wirklich winzig.
„Warte, bevor du anfängst, will ich wissen, was du unter deinem Mantel versteckst“, Klaus Pistole macht einen leichten Schwenker, was wohl als Aufforderung zu verstehen ist, den Mantel auszuziehen. Ein schwungvolles „Mach oder stirb“.
„Ich trage darunter einen Einteiler von Versace und eine Männer Boxershorts von Calvin Klein“, zieht Green den Saftsack auf und gräbt dazu ein zweites Mal ihr kokettes Lächeln heraus.
„Ausziehen.“ - wie einsilbig von Klaus. Aber Green würde sich fügen. Der teure Ledermantel gleitet als erstes Kleidungsstück von ihren Schultern und landet auf den Boden zu ihren Füßen. Als nächstes finden ihre Finger zum Reißverschluss auf dem Rücken ihres Einteilers. Auch dieser rutscht von ihrem schlanken Körper und fällt zu Boden.
„Du hast dir echt die Titten wegmachen lassen“, spricht Klaus das Offensichtliche an und zieht dabei scharf die Luft ein. „Und was ist das? Ein Schwanz?“, die haarige Pranke zeigt auf Green‘s Schritt. Und ja, unter ihrer engen Calvin Klein Boxershorts zeichnet sich die Silikon-Prothese ab. Was ziemlich ungünstig ist. Es wirkt für Nichtkenner so, als hätte sie eine Erektion. Zumindest sieht es danach aus. Was natürlich nicht der Fall ist. Selbstverständlich. Doch würde das auch in Klaus' spärlichen Kleinhirn-Denkvermögen so ankommen? Vermutlich nicht.
„Du klingst überrascht, obwohl du mich doch vorher bereits als Tunte beschimpft hast“, erinnert ihn Green und sinkt vor dem Jungen auf die Knie. Freiwillig würde sie die Shorts jedenfalls nicht ausziehen. Wie bereits gesagt, keiner dürfte sie sehen, bevor sie nicht fertig und mich sich selbst zufrieden ist.
„Es mit eigenen Augen zu sehen, ist trotzdem was ganz anderes“, meint Klaus nur und fuchtelt mit seiner Pistole herum. „Charlie, zieh dich aus.“
Der Knirps nickt und bugsiert mit einem „Sehr wohl, Sire“ sein weißes Kleidchen über seinen Kopf. Green wird von einem Sammelsurium an blauen, violetten und roten Flecken begrüßt, so wie einige Narben, die von Zigarettenstummeln herführen. Eigentlich ist kaum eine weiße und verschonte Stelle vorzufinden auf dem mageren Kinderkörper. Lediglich Beine, Arme und Gesicht sind davon nicht betroffen und unversehrt. Zusammengefasst sind alle Stellen, die sichtbar sind, wenn der Knirps Kleidung trägt, verschont geblieben und das Massaker bleibt unter der Kleidung verborgen. Kann es sein, dass Klaus diesen Jungen wirklich in die Schule schickt oder der Nachbarschaft präsentiert? Oder wozu sonst dieses kleine Versteckspiel? Denn vor dem Anblick der eigenen Taten kann es diesem Arschloch wohl kaum grauen.
„Du hast recht. Es mit den eigenen Augen zu sehen, ist was ganz anderes“, stimmt Green Klaus zu, bezieht sich mit ihren Worten aber auf die Misshandlungen, die auf dem Körper dieses Knirps stattgefunden haben. Der kleine Penis gehört ebenfalls zu den verschonten Stellen. Er ist nur leicht gerötet und hängt mittlerweile wieder schlaff herunter, passend zu den Mundwinkeln des Knirpses. Allgemein wirkt dieses jungenhafte Gesicht so, als hätte seit Ewigkeiten kein Lachen mehr in es hinein gefunden. Alles ist so versteinert und schrecklich tot.
„Unterhalte mich, blas den kleinen Schwanz für mich“, fordert Klaus Green auf und ohne Hinzusehen, weiß Green, dass zumindest eine Hand zurück in die Hose des Saftsacks gefunden hat, während die andere noch immer die Pistole hält.
Nun ist es an der Zeit für Option Drei. Und eigentlich kann Green nicht gut mit Kindern, doch sie hat sich einiges von Red und Blue abgeguckt, weshalb sie einfach hofft, dass Jungs in diesen Belangen funktionieren wie Mädchen. Denn mindestens einer hier im Raum ist genauso entbehrlich wie sie. Charlie. Mit einem Ruck zieht sie Charlie an sich heran und hält ihn sich wie ein Schutzschild vor die Brust und den Kopf. Es geht alles so schnell, dass Klaus vor Überraschung nicht sofort hinterherkommt und checkt, was gerade vor ihm abgeht. Diese wenigen Sekunden, in denen der Knirps mit den Armen in der Luft herumrudert und sich aus Reflex versucht zu befreien, nutzt Green um sich mit dem Kind auf Klaus zu werfen. Dabei löst sich ein Schuss, der in die gegenüberliegende Wand gefeuert wird. Für einen kurzen Moment wird ihr von dem Knall übel und schwindlig, gar mulmig, doch irgendwie schafft sie es, die Waffe in dem Gewirr aus Händen an sich zu reißen, während Klaus um sich schlägt, um das ungewollte Sandwich, was Green herbeigeführt hat, irgendwie zu lösen. Das Resultat der Geschichte. Sie hat die Waffe, der Knirps liegt auf seinem Sire und der Sire ist ziemlich angepisst.
„Du verdammte Schwuchtel“, schleudert Klaus Green knurrend entgegen, während er den Knirps unsanft von sich runter strampelt. Der Frust und die Wut sind ihm mehr als deutlich anzusehen. So viele Emotionen - was für ein Anblick! Das ist der perfekte Augenblick, um sich vom Acker zu machen. Die Pistole würde Green sicherheitshalber mitnehmen.
„Es tut mir wirklich leid, Klaus, aber wie bereits gesagt, ich speise lieber im großen Stil. Kleine Häppchen sind nichts für mich“, und da kommt zum dritten Mal Green‘s kokettes Lächeln zum Vorschein. Ihr Fokus wandert auf ihre Kleidung am Boden. Sie würde sich jetzt nicht danach bücken. Wer weiß, ob der Saftsack diese Unvorsichtigkeit ausnutzen würde. Die Pistole bleibt also vorerst auf ihren Besitzer gerichtet. Da liegt immer noch ein leichtes Taubheitsgefühl auf Green’s Ohren. Und ihr ist etwas flau im Magen. Aber sie steht sicher auf ihren Pumps und ist nun die, die im Vorteil ist und die Waffe führt.
„Ich schätze, wir behalten diese kleine Auseinandersetzung lieber für uns und du meldest dich bei mir, sobald wir das neue Mädchen abholen können. Diese hier nehme ich als Pfand mit“, Green deutet mit ihrem Kinn auf die Pistole in ihrer Hand. Es werden noch ein paar Beschimpfungen ausgetauscht, ehe sie sich in ihrem grünen Porsche wiederfindet und erstmal nach Luft schnappen muss. Langsam ein- und ausatmen und die Pistole gesichert unter das Armaturenbrett verfrachten.
Für eine Millisekunde überlegt Green doch tatsächlich, nochmal hineinzugehen und den Knirps dort rauszuholen. Warum bloß. Die Zwergnutten sind ihr doch sonst auch egal. Vielleicht ein kleiner Anflug von Mitleid, weil ihr Hormonhaushalt durch diese Rangelei etwas durcheinander gekommen sein könnte. Oder es liegt an etwas anderem. Ihr Blick fällt auf ihren Bauch. Da finden sich ein, zwei, drei Brandflecke vor, die von Zigarettenstummeln herführen. Andenken von ihrem Vater. Manche Dinge verbinden einfach, ob man will oder nicht. Und manche Dinge wiederholen sich, nur in einem anderen Haushalt und auf einem anderen Körper, nicht dem eigenen. Im Grunde ist Charlie ohnehin bereits verloren. Green würde einen Teufel tun und wie Kai einen auf barmherzigen Samariter machen. Denn eines ist so klar wie Kloßbrühe. Solange Klaus noch Gefallen an dem Knirps findet, kann ein anderes Kind sein Leben weiterleben, denn jedes Kind ist in ihrer Branche austauschbar. Es ist unfair, ja, aber wer wäre sie, wenn sie versuchen würde, an dieser Tatsache zu rütteln?
Und außerdem… Für Charlie wäre im Turm kein Platz und in Greens Herz genauso wenig. Sie hat keins mehr. Das Herz hatte ihr damals irgendein Vollidiot ausgerissen und mit Füßen getreten. Nun tröstet sich Green mit Geld und damit, dass es besser ist, oben im Turm zu sein, als irgendwo anders. Obwohl oben relativ ist. Schließlich verläuft ihr Turm andersrum. Er ragt nicht nach oben in den Himmel, sondern nach unten in die Erde, beinahe so, als hätte Smith mit dem Bau dieser Monstrosität beabsichtigt, dass sie der Hölle auf vielen Ebenen näher kommen. Was für ein elendiger Scherzkeks dieser Mann doch ist. Sofern es sich bei Smith wirklich um einen Mann handeln sollte. So richtig weiß das keiner, selbst wenn Blue behauptet, ihm einst begegnet zu sein. Smith könnte jeder sein. Wer weiß, ob wirklich jemals einer dem wahren Smith begegnet ist?