Eine Zugfahrt mit zwei Schulmädchen
Eine Zugfahrt, die ist witzig, eine Zugfahrt, die ist schön. Von wegen. Dass es ein Fehler gewesen ist, den Nachtzug statt den Flieger zu nehmen, um zu meinem Reiseziel zu gelangen, wird mir spätestens glasklar, als ich vor Klo Nummer drei stehe, das abgeschlossen ist, weil Defekt. Um Klo Nummer vier ist es auch nicht besser gestellt. Schon als ich die Tür aufstoße und von einer Pfütze aus Pisse und Wasser empfangen werde, hätte ich gerne wieder kehrt gemacht. Doch was muss, das muss. Also bringe ich es notgedrungen im Stehen und unter Hin-und-Her-Gewackel einfach hinter mich.
Zurück in meinem Abteil, dass ich Gottseidank für mich alleine gebucht habe, und mit nassen Schuhen, stelle ich fest, dass die Heizung nun auch noch ausgefallen ist. Nicht schlimm, denke ich, bin ja hart im Nehmen und trotzdem sitze ich keine halbe Stunde später in Jacke, Schal und zwei Pullis da, einer davon als Decke über meinem Schoß. Und weil ich noch mindestens sechs Stunden Zugfahrt vor mir habe, tue ich das einzig Richtige und Vernünftige, was man in so einer beschissenen Situation tun kann, um sie wie im Flug - ich hätte wirklich den Flieger nehmen sollen - hinter sich zu bringen. Ich setze mir Kopfhörer auf und versuche zu schlafen.
Zunächst sieht alles danach aus, als würde es beim verzweifelten Versuch bleiben, weil die Kälte an mir zerrt, mir der Arsch allmählich vom Sitzen weh tut und mein Rücken zu dem Ganzen auch noch ein Wörtchen mitzureden hat. Irgendwann muss ich jedoch trotz aller Diskrepanzen eingeschlafen sein, denn als die Tür von meinem Abteil schwungvoll aufgeht, schrecke ich von meinem Platz hoch, als würde plötzlich einer mit vorgehaltener Waffe vor mir stehen. Aber nein, bei dem „Eindringling“ in meine Privatsphäre handelt es sich zum Glück nicht um einen Kerl mit gezücktem Revolver, sondern um zwei rattenscharfe Frauen, die so scharf sind, dass man für sie definitiv einen Waffenschein bräuchte.
Ich schlucke und schlucke wieder, als der Schlafsand vollends aus meinen Augen rieselt und ich mir von einem Wimpernschlag auf den nächsten der schmerzhaften Tatsache bewusst werde, dass die Ladies zwar heiß wie das Höllenfeuer sind, aber Schulmädchen-Uniformen tragen und ich meine ausgerollte Zunge erstmal wieder einfahren sollte. Was ich sogleich auch tue. Ein verlegenes Räuspern kann ich mir dennoch nicht verkneifen, als die eine, die Blonde, meine Kabine betritt und sich so lasziv zu mir hinunter beugt, als hätte sie sich die Pose aus einem Porno abgeguckt. Okay. Jetzt bloß in die Augen schauen und nicht in das Dekolleté, das die Kleine so schön geschickt vor meinem Gesicht platziert hat und das zum Glotzen regelrecht einlädt. Wahrscheinlich ist sie sich dessen nicht einmal bewusst. Wobei,.. wer weiss, wie die Schulmädchen heutzutage so drauf sind..
„Hey, Mister. Können wir uns zu dir setzen? Die anderen Abteile sind alle voll“, erkundigt sich das Blondchen bei mir, als ich die Kopfhörer absetze, und klimpert dabei mit ihren Wimpern. Ich will zum Sprechen ansetzen, da setzt sich das rothaarige Schulmädchen bereits wie selbstverständlich und als hätte ich schon zugesagt auf einen der fünf übrigen Sitze in meinem Abteil.
„Also eigentlich habe ich dieses Abteil für mich alleine gebucht“, sage ich und mime den Miesepeter.
„Ach komm schon, Daddy, als ob du so viel Platz für dich alleine brauchst“, erwidert die Rothaarige in einem neckischen Tonfall und das Lächeln, das sich auf ihrem schönen und runden, mit Sommersprossen versehenen Gesicht bildet, ist ein Killer. Ein Killer in dem Sinne, dass es mir echt schwer fällt, bei meiner Abfuhr zu bleiben, wenn sie mich so sexy anlächelt. Bloß stehe ich so gar nicht mehr auf die Daddy-Nummer und auf eine Anzeige erst recht nicht. Das hinterlässt der Sache einen sehr bitteren Beigeschmack. Besonders wenn man meine Vergangenheit bedenkt, die noch immer schwer auf mir lastet.
„Ist nichts Persönliches. Ich würde nur wirklich gerne alleine sein und noch ein bisschen Schlaf bekommen. Habe morgen einen wichtigen Termin, bei dem ich fit sein muss, tut mir leid, ihr beiden“, erkläre ich und bemühe mich ebenfalls um ein Lächeln. Eines der Sorte versöhnlich und freundlich.
Die Blonde streift sich eine Haarsträhne hinters Ohr und richtet sich vor mir auf. „Es tut mir leid, Vivi ist immer ein bisschen“, beginnt sie und blickt über ihre Schulter zu ihrer Freundin nach hinten. Die beiden Mädchen kichern, dann wendet sich die Blonde wieder mir zu.
„Vivi ist halt eben Vivi. Sie meint das nicht so. Mit dem Daddy und so. Können wir uns echt nicht zu dir setzen? Wir sind auch ganz leise und lassen dich in Ruhe, stimmt’s Vivi?“
„Stimmt total“, bestätigt Vivi und lächelt wieder ihr Lächeln, was mich total umhaut und nicht umhauen sollte. Wobei die beiden Mädchen bei genauerer Betrachtung, trotz der niedlichen Schulmädchen Outfits, wesentlich älter und reifer aussehen und auf mich wirken, als Schülerinnen - doch heutzutage, mit der ganzen Schminke im Gesicht, ist es ohnehin schwer, das Alter von Frauen oder Mädchen zu schätzen.
„Ich…“, setze ich zu einer erneuten Abfuhr an, werde aber prompt von Vivi unterbrochen. „Bitte.. du siehst aus wie einer, bei dem wir keine Angst haben müssen, dass er uns was antun könnte. Würdest du doch nicht oder?“, schmollt sie und zieht mit ihren vollen Cherry-Lippen eine Schnute. Okay. Allmählich komme ich mir wirklich vor wie im Schulmädchen-Report aus den 90ern. Bloß fehlt mir für die steile Nummer der buschige Pornobalken unter der Nase, der Vokuhila auf dem Kopf und ein reines Gewissen.
„Ja bitte, immer wenn wir unsere Schuluniformen tragen, werden wir ganz widerlich angemacht“, stimmt nun auch die Blonde mit ein und zieht ebenfalls eine Schnute. Zerknirscht blicke ich zwischen den beiden Mädchen hin und her und frage mich, warum die beiden Girls überhaupt Schuluniformen in einem Nachtzug nach Prag tragen, obwohl mich das, ehrlich gesagt, einen Scheiß angeht.
„Na gut“, ich zucke mit den Schultern. „Setzt euch.“
„Cool! Danke! Du bist echt klasse!“, jauchzt die Blonde und streckt mir unerwartet die Hand hin. Wie aus Reflex ergreife ich sie, komme mir jedoch blöd dabei vor. Vielleicht weil ich irgendwie heiß auf die beiden Mädchen bin, aber nicht heiß darauf, mit ihnen meine Kabine zu teilen. Was für ein Zwiespalt. Und heiß bin ich vermutlich auch nur, weil mir das selbst erlegte Zölibat nach fünf Jahren Abstinenz auf die Eier geht. Wortwörtlich.
„Ich bin Quinny“, stellt sich mir die Blonde vor und grinst. „Vivi kennst du ja schon“, führt sie ihre Vorstellung fort und deutet mit ihrem spitzen Kinn und ihrer knuffigen Stupsnase zu ihrer Freundin. Diese hebt wie einstudiert ihre linke Hand zum Gruß.
„Und du bist?“, Quinny sieht mich erwartungsvoll an.
„Felix“, murmele ich. Katholischer Priester. Auf dem Weg zu einer Messe. Sehr erfreut, ergänze ich im Stillen und könnte mir jedes Haar einzeln ausreißen. Verzichten schön und gut, aber das hier… wird eine Zerreißprobe.
„Felix!? Wie die Katze auf dieser Katzenfutter Packung und aus der Werbung?“, erwidert Quinny für mich eine Spur zu enthusiastisch. Sie fächert dazu sogar mit ihren Händen in der Luft herum, als wäre sie ein Fan von dem schwarzweißen Kater.
Ich nicke bloß.
„Cool“, meint das Mädchen und lässt meine Hand los. „Wir sind übrigens Pornostars“, sagt sie wie beiläufig und bringt mit ihrer überraschenden Aussage meine Kinnlade zu Fall. Die donnert mit Karacho nach unten und der Mund steht mir offen. Weit offen.
„Bitte was?“, platzt es unverhohlen aus mir heraus. Vivi und Quinny kichern beide los.
„Du tust ja fast so, als hättest du es dir noch nie zu heißen Schulmädchen besorgt.“
Habe ich. Also, ich habe es mir zu einem Schulmädchen besorgt. Vor vielen Jahren. Und das war falsch. Aber das geht die beiden erstens nichts an und zweitens… Heiliger Gott, steh mir bei.
„Du kannst uns ja mal googeln, wenn du Lust hast“, Quinny lässt ihre Hand in ihrem verheißungsvollen Dekolleté verschwinden und zaubert eine Visitenkarte zwischen ihren Brüsten hervor, die sie mir sogleich, in Pornostar Manier, in den immer noch geöffneten Mund hinein schiebt. Wie mechanisch fingere ich die Karte zwischen meinen Lippen hervor und starre auf die pinken Buchstaben, die auf dem schwarzen, rechteckigen Papier stehen. Vivi Volcano Vulva und Quinny the Queen. Sagen mir beide nichts, was mich aber auch nicht verwundert. Ich gucke, oder nein, nicht mehr, aber vor meinem Zölibat habe ich hauptsächlich im Sektor Amateur nach einem passenden Streifen für einsame Stunden gesucht.
„Also, dann lassen wir den Schmusekater einmal in Ruhe schlafen, stimmt’s Vivi?“
„Außer der Schmusekater hat es sich vielleicht anders überlegt und sehnt sich doch nach ein bisschen Nähe?“, Vivi zwinkert mir von ihrem Platz aus zu, als würde sie sich dahingehend - warum auch immer - Hoffnungen machen. Ein Kribbeln breitet sich auf meiner Haut aus. Ein Kribbeln, das ich blitzschnell der kaputten Heizung in die Schuhe schiebe und nicht meinem Sexhunger. Vivi wäre tatsächlich mein Fall, wäre da nicht die Sache mit Gott. Und meinem Schwur.
„Ich muss wirklich schlafen“, beharre ich und ziehe meine Jacke enger um mich. Quinny rollt spielerisch mit den Augen, gibt ein leichtes Seufzen von sich und setzt sich dann neben ihre Freundin. Die beiden flüstern noch irgendwas, dann sind sie tatsächlich still, halten Händchen und schauen der vorbeiziehenden Landschaft zu. Ich nehme das als Anlass, es nochmal mit dem Schlafen zu versuchen.
Als ich das nächste Mal meine Augen öffne, nur einen Spalt, wohlgemerkt, liegt Quinnys Hand nicht mehr in der von Vivi, sondern unter dem kurzen, süßen Schulmädchen Rock ihrer Freundin. Arbeitskollegin. Was auch immer. Und Vivis Atem geht stockend. Die mit Sommersprossen geküssten Wangen sind gerötet. Ihr Blick liegt auf mir und ihr Körper ist in Ekstase. Ihre schlanken Schenkel zittern und da ist es wieder, dieses Lächeln, was meine Lende entfacht und meinen Glauben erschüttert. Scheisse. Ich tue das einzig Richtige und presse schmerzhaft die Augenlider zusammen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Vivis Hecheln jedoch höre ich noch immer.
Irgendwann muss ich eingeschlafen sein, keine Ahnung, wie ich das geschafft habe, vielleicht durch Gottes Hilfe, aber als ich zu mir komme, wird mir das Fernbleiben von Gott mit einem Schlag bewusst, denn Quinnys Hand steckt nicht mehr unter dem Rock ihrer Freundin, sondern diesmal in meiner Hose. Und Vivi,.. die sehe ich vor mir. Auf den Knien und wieder ist dieses atemberaubende Lächeln in ihrem Gesicht. So verrucht, so rebellisch, so widerstandslos.
Ich bringe nicht mehr als ein „Bitte nicht“ aus meinem Mund, dann werde ich von einem Kuss unterbrochen. Der Kuss findet weiter unten statt und bringt mich zum Erliegen. Die Cherry-Lippen von Vivi fühlen sich genauso lecker an, wie sie aussehen.
„Lass es passieren, Daddy, gib dem Mädchen, was es braucht“, höre ich Quinnys Stimme an meinem Ohr und plötzlich wird es zappenduster.
Als ich das dritte Mal aus einem sonderbaren Schlaf erwache, bin ich alleine in meinem Abteil. Von Vivi und Quinny fehlt jede Spur. Im ersten Moment bin ich so überrascht, dass ich mir die Augen reibe und mich umsehe. Die Mädchen sind weg. Auch die Visitenkarte, die mir Quinny zugesteckt hatte, ist wie vom Erdboden verschluckt. Seltsam. Im Endeffekt habe ich mir die zwei Frauen wahrscheinlich nur eingebildet oder was auch immer passiert ist, ist nur ein belangloser Sextraum gewesen. Möglich wär’s. Und ergibt sogar mehr Sinn als die Alternative. Denn dann wäre das Einzige, was an meiner Begegnung mit den zwei Pornostars real gewesen wäre, meine pochende Lende, die noch immer pocht und um Aufmerksamkeit bettelt. Die sie von mir garantiert nicht bekommen wird. Kurzerhand zücke ich mein Handy hervor und googele die beiden Frauen. Ich finde zwar unter deren Namen etwas, aber das Suchergebnis hat nichts gemein mit den Frauen, die in meinem Abteil gewesen sein sollen. Ich schüttele über mich selbst den Kopf und gerade, als ich das Handy wegstecken will, wird die Tür von meinem Abteil aufgerissen.
Diesmal steht er da. Der Mann mit der gezückten Waffe und ich erkenne ihn auf Anhieb wieder.
„Wie hast du mich.. wie hast du mich gefunden?“, stammele ich und drücke mich gegen meinen Sitzplatz, als würde sich dadurch ein Fluchtweg auftun oder das Polster mich in sich aufsaugen und erretten. Doch nichts davon geschieht. Ich sitze weiterhin da wie festgefroren und starre in den Lauf einer gezückten Waffe, die unruhig in der Hand ihres Besitzers liegt.
„Wie ich dich gefunden habe? Das fragst du? Frag doch deinen Gott! Vielleicht ist es aber auch einfach nur Gerechtigkeit“, speit mir der Mann voller Hass entgegen und verfällt in ein irres Gelächter, das mir durch Mark und Bein geht und mir die Lage, in der ich mich befinde, erst so richtig gewahr werden lässt. Ich bin am Arsch. Sowas von am Arsch.
„Lass uns doch bitte darüber reden, bevor du einen Fehler machst!“, flehe ich, komme aber nicht weit, weil der Mann von einem weiteren Lachanfall überwältigt wird.
„Ich einen Fehler?! Willst du mich verdammt nochmal verarschen?! Das glaubst du dir doch selbst nicht! Der Einzige, der hier einen Fehler gemacht hat, bist du! Du verdammtes Arschloch! Nein warte! Du bist der Fehler und es wird Zeit, diesen Fehler endlich zu bereinigen. Findest du nicht? Ich hoffe, du hast noch nichts gegessen und hast Hunger, denn ich habe hier eine ordentliche Ladung Blei für dich.“
Mit diesen Worten trifft mich der erste Schuss genau da, wo es zuvor noch voller Leidenschaft gepocht hat. Ich jaule auf und krümme mich vor Schmerz.
Mit Mühe und Not quetsche ich ein „Bitte“ zwischen meinen zusammengepressten Lippen hervor. Doch der Mann hat keine Skrupel und kein Erbarmen und verpasst mir noch eine Kugel. Diesmal in die Schulter, weshalb ich nach hinten gerissen werde. Ich stöhne auf und knalle gegen das Polster, als der Kerl sich vor mir aufbäumt und mir einen Tritt in den Bauch verpasst. Dann packt er mich an den Haaren und zwingt mich ihn anzusehen.
„Und, wo ist dein Gott jetzt? Hm? Wo ist er hin? Denkst du, der große Mann dort oben kennt keine Gnade mit Kinderschändern, genauso wie du keine Gnade hattest, als du meiner Tochter die Seele aus ihrem kleinen Körper gefickt hast, du elender Hurensohn?“, zischt der Vater von der kleinen Sophia mich an und ich starre in ein teuflisches Grinsen hinein, dass sich für immer in meine Netzhaut brennen wird.
„Ich habe mich geändert“, flüstere ich mit letzter Kraft. Vergebens. Kugel drei folgt und trifft mich da, wo mein Herz blutet, seit ich mich vor Jahren an diesem Schulmädchen vergangen hatte. Und ich habe dieses Vergehen bereut. Verdammt bereut. Noch immer. Ich bin jetzt ein anderer. Wirklich. Versprochen.
„Weißt du was? Es ist mir egal, ob du dich geändert hast. Mitleid haben die mit dir, die dich dafür nur drei lächerliche Jahre verknackt haben. Ich habe kein Mitleid mit einem Kinderficker wie du einer bist! Ich habe Blei. Viel Blei, denn das ist die Strafe, die so einer wie du verdient.“
Und als mich Kugel vier trifft und mein Bewusstsein so langsam dahin schwindet, schleicht sich ein allerletzter und seltsamer Gedanke in meinen Kopf und dieser bringt mich irgendwie zum Lächeln. „Hätte ich doch bloß den Flieger genommen, dann wäre ich auf eine andere Art und Weise in den Himmel hinaufgekommen."