Deepweb Babygirl 4.1 - Showtime
Ich lege mich neben Dante aufs Bett, greife nach seiner Bonbontüte und schiebe mir eins davon in den Mund. Der frische Pfefferminzgeschmack überwältigt mich. Gierig umschlinge ich das kleine Bonbon mit meiner Zunge. Eine Geschmacksexplosion im Mund. Ob diese Bonbons seine Mutter,… so schlagartig wie der Gedanke gekommen ist, verwerfe ich ihn wieder. Das kann nicht sein. Als Dante keine Anstalten macht, weiterzureden, ergreife ich das Wort:
„Leg los. Ich höre.“
Er seufzt auf und erobert mit einem schnellen Handgriff die Bonbontüte zurück. Gemütlich angelt er ein weiteres Bonbon aus der Tüte, lässt es über seine wunde Unterlippe gleiten, tippt es mit der Zunge an und steckt es in den Mund.
„Was wollen Sie wissen, Nathan?“
„Ist deine Mutter wirklich tot oder ist das Video fake?“
Ich gebe zu, die Frage ist nicht gerade ein guter Einstieg und Dante neben mir hätte beinahe sein Bonbon verschluckt.
„Sie haben das Video gesehen, warum fragen Sie, Nathan? Gehen Sie wirklich davon aus, dass ich mit fünf ein schauspielerisches Hochtalent gewesen bin und das alles inszeniert habe? Sie schmeicheln mir, sie Charmeur, und das obwohl sie mich bereits schon ins Bett gekriegt haben.“ Ein leises Schmunzeln, dicht gefolgt von einem Seufzen. „Ja, meine Mutter ist bei diesem Streifen wirklich gestorben.“
Warum frage ich sowas,… ich weiss es selbst nicht. Weil ich ein dummes Arschloch bin, antwortet die innere Stimme in meinem Kopf. Irgendwie hat sie recht,… was den Punkt mit seiner Mutter und dem äusserst persönlichen Video angeht, bin ich wirklich ein dummes unsensibles Arschloch.
„Warum hat sie dir diesen Brief geschrieben?“
„Diese Frage habe ich mir tatsächlich auch schon gestellt. Zu schade, wird sie wohl unbeantwortet bleiben.“
„Hat sie dir das auch persönlich gesagt? Dass dein Vater,… Viktor, es nicht böse meint?“
„Nathan,….“
„Du hast gesagt, du redest.“, beharre ich, obwohl mir die Antwort auf die Frage gar nicht so wichtig ist, sondern seine Reaktion. Berührt es ihn? Tut es ihm weh? Ist das sein wunder Punkt und habe ich ihn bislang falsch eingeschätzt? Er sieht mich kurz an, ehe er sich mit seinem Handballen über die geröteten Augen reibt.
„Sie kam nicht mehr dazu. Sind sie jetzt zufrieden?“
Ich schlucke schwer. Das bedeutet, vor diesem Video ist es schon zu Übergriffen auf ihn gekommen. Das ist nicht das erste Mal gewesen, als Viktor ihn missbraucht hat und seine Mutter hat das gewusst und nichts unternommen. Es zugelassen, es abgestempelt als „Daddy meint es nicht böse“. Andererseits,… vielleicht hat sie sich gefürchtet. Vielleicht hat er sie genauso schlecht behandelt wie Dante? Vielleicht wollte sie mit Dante fliehen und Viktor,… hat sie deswegen… Oh Gott… Der Drang ihn in den Arm zu nehmen und zu trösten überwältigt mich. Natürlich, es ist Dante und dieser Wichser hat mich seit unser ersten Begegnung an der Nase herumgeführt, verarscht und Dinge tun lassen, die ich unter anderen Umständen niemals getan hätte. Aber seine Kindheit muss die Hölle gewesen sein…
„Wie bist du denn an den Brief gekommen?“
„Ich habe ihn vor vier Jahren im Keller gefunden.“
Ich ziehe scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. Ich rechne zurück. „Das heisst, du hast mit 13 den Brief in dem Keller gefunden, wo dieses Video gedreht worden ist. Wie war das für dich? Und wieso hast du ihn nicht schon vorher gefunden? Warst du seit dem nicht mehr in dem Keller? Du verarschst mich nicht oder? Das ist wirklich die Wahrheit, die du mir hier erzählst?“
Er zieht die Knie an.
„Sie vertrauen mir nicht oder? Ihr Misstrauen schmeichelt mir. Apropos Keller, habe ich Ihnen schon erzählt, dass Viktor, mein Daddy, leidenschaftlich Immobilien verkauft? Immobilien mit ganz besonderen Kellerdesigns.“
„Ganz besondere Kellerdesigns?“, wiederhole ich und mustere ihn. Dante wippt auf seinem Rücken vor und zurück. Offensichtlich geht es ihm besser und er nimmt mich nicht ganz ernst. Wie immer.
„Ganz besondere, sehr ausgefallene und aussergewöhnliche… Kellerdesigns.“, er schmunzelt.
„Du weichst den Fragen aus…Dante.“
„Ach, sie sind kein Österreicher, sie verstehen das nicht.“ Meine Augenbraue zieht sich in die Höhe.
„Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst, aber ich merke, du nimmst dieses Gespräch nicht ernst, vielleicht sollte ich einfach gehen.“ Gerade als ich aufstehen will, greift Dante mich am Arm. „Nicht. Bleiben Sie.“
„Warum sollte ich? Ich bin mir nicht mal sicher, ob du mich anlügst oder mir ausnahmsweise die Wahrheit erzählst.“
„Ausnahmsweise? Wann habe ich sie jemals angelogen, Nathan?“
„Wo soll ich anfangen,… wie wäre es mit der Bibi-Sache?“
„Hach,… das war lustig!“
Ich verdrehe die Augen, reisse ihm meinen Arm aus der Hand, stehe auf und steuere auf die Tür zu.
Er schaut zu mir herüber und fängt an zu lachen. „Finden Sie das fair? Sie foltern mich mit Fragen, die mir bisher niemand gestellt hat und worüber ich mit niemanden rede und wundern sich dass sie nicht die Antworten bekommen, die sie erwarten, ach Nathan. Ich bin mir sicher, wie würden einen grossartigen Psychiater abgeben, sie sind ein kluges Kerlchen, deswegen mag ich sie so sehr. Aber ich profitiere nicht davon, wenn sie Dinge über mich wissen, mit denen sie mir womöglich schaden könnten.“
„Du zerstörst mein komplettes Leben und denkst du bist mir keine Antworten schuldig? Ach und ich dir schaden? Wer schadet hier wem? Hm? Ich lasse mich von einem Teenager aufs Kreuz legen und ausnutzen. Denkst du mir gefällt das? Geschweige denn gehe ich in diesem grauen Klotz zu Grunde. Ich will nicht mehr, Dante. Ich kann nicht mehr. Für dich mag das hier normal sein. Aber für mich… ist das die Hölle! Ich meine, ich hätte dich beinahe gefickt, um das Leben eines Mädchens zu retten und dann,… sehe ich zu wie dieses brutal ermordet wird, weil ich es nicht hinkriege, meinen verdammten Schwanz in dich zu rammen. Das bin nicht ich,… du zerstörst mich!“, schreie ich und spüre wie meine Temperatur steigt. Gleichzeitig fühlt es sich befreiend an. Dante starrt mich mit weitaufgerissenen Augen an.
„Es auf ihrem Mund zu hören, überrascht mich, Nathan.“
„Was?“
„Dass sie mich,… wie haben sie es gesagt? Ach ja, sie wollten mich ‚ficken‘ um Kathy zu retten? Wie haben sie sich das vorgestellt? Sie drehen ein kleines Schwulenfilmchen und Viktor ist so begeistert davon, dass er Kathy hier raus spazieren lässt? Die Logik dahinter verstehe ich nicht ganz. Klären sie mich auf.“
„Naja…. Das war Viktors Idee,… ich wollte Kathy freikaufen…“
„Sie lassen sich gerne an der Nase herumführen, nicht wahr?“
„Fick dich doch.“
Meine Hand drückt die Türklinke herunter. In dem Moment springt Dante vom Bett, kommt ein paar Schritte auf mich zu, ehe er unsanft vornüberkippt und sich im letzten Moment auf den Händen abstützen kann, um nicht flach auf den Boden aufzuprallen.
„Nathan, bitte… warten sie.“
Seine Stimme klingt schon fast flehend. Na toll. Später werde ich mich dafür verfluchen, aber ich kann nicht anders, drehe mich um, packe ihn unter den Armen, ziehe ihn auf die Beine und schleife in zurück aufs Bett.
„Noch mehr Theater? Wirklich? Lass es gut sein Dante. Ich werde die Show auf der Bühne abziehen und danach trennen sich unsere Wege.“. kündige ich an und bin in dem Moment selbst überrascht über das was ich sage. Meine ich das wirklich ernst? Bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen kann, unterbricht mich Dante.
„Ich habe ihre Erektion auf mir gespürt, sie wollten das. Sie wollten mir das antun. Sie sind ein ganz ausgefuchster Lügner, Nathan.“
„Jim,… er hat mir eine blaue Pille gegeben aus deiner Sporttasche, damit ich einen hochkriege.“
„Eine blaue Pille? Oh, sie meinen das blaue Schwanzwunder?“
Ich nicke und starre ihn an. Er erwidert meinen Blick, dann seufzt er und lässt sich auf das Bett fallen.
„Haben Sie schon mal daran gedacht, mich eventuell in ihre Pläne einzuweihen, bevor sie einfach loslegen und unschuldige Mädchen ins Verderben schicken? Ich liebe Rollenspielchen, hätte ich gewusst, was sie vorhaben, wäre der Streifen ein Knaller geworden. Aber sie knurren mich lieber an.“
„Das sagt gerade der richtige, als ob du mich jemals eingeweiht hast!“ Ich hätte doch aus dieser Tür gehen sollen, einen Fick drauf geben, ob er mit seinem Körper den Boden wischt.
„Sie haben Recht.“
„Wie bitte?“
„Sie haben Recht. Ich weihe sie nicht in meinen diabolischen Plan ein. Aber würden sie einfach brav abwarten, bis ich ihnen sage, was sie zu tun haben, anstelle immer auf eigene Faust zu versuchen etwas zu bewerkstelligen, wäre das mit Kathy nicht passiert.“
„Fick dich, Arschloch.“
„Nathan, das hier, ist meine Welt und sie sind eine Schachfigur in meinem Plan. Verstehen sie das?“
„Ich bin eine Schachfigur in einem Plan. Aha. So nennst du das also.“
„Hören Sie zu.“
„Nein. Ich habe die Schnauze voll von dir, von diesem dreckigen Klotz und der gesamten Wichsergemeinschaft hier. Ich bin raus.“
„Ich beneide Sie, Nathan.“
„Was hast du gesagt?“
„Ich beneide Sie, wissen Sie,… das alles hier, ist mein Leben.“ Er holt mit seinen Armen aus und bricht in schallendem Gelächter aus.
„Wie meinst du das?“
„Sie verurteilen meinen Daddy dafür, dass er Kindern, ach was Menschen, grausame Dinge antut und haben mir gerade gestanden, dass sie mich vergewaltigen wollten, um Kathy zu retten. Welche Ironie.“ Er zwinkert mir zu und die Tomaten fallen mir schlagartig von den Augen. Verdammt. Ich…bin… wie Viktor, wie die hässliche Krawatte und was zum Henker habe ich mir dabei nur gedacht, als ich auf dieses Angebot eingegangen bin. Ich hätte es besser wissen müssen. Viktor zu vertrauen ist ein Fehler gewesen und Dante, egal was für ein Arschloch er ist, so etwas anzutun, in der Hoffnung, dass dann ein Mädchen frei kommt, ist… nicht fair. Ich fühle mich schäbig. Ich setze mich neben ihn aufs Bett und als er mir Platz macht, lege ich mich neben ihn hin und schaue ihm in die Augen.
„Es… tut mir leid.“
„Und, wie finden Sie die Wirkung vom blauen Schwanzwunder? Wirkt die Pille noch?“ Er grinst frech und als er versucht, mit seinem Finger meinen Schwanz durch die Hose an zu stupsen, als wäre er ein Kaninchen im Streichelzoo, packe ich ihn am Arm und halte ihn davon ab.
„Es tut mir leid, Dante. Ich hab es verstanden.“
„Haben Sie das Nathan?“
Mein gequältes „Ja“ lässt ihn auflachen. Für einen kurzen Moment überkommt mich das altbekannte Bedürfnis meine Finger um seinen Hals zu schlingen und zu zudrücken. Aber als ich sehe, wie Dante sich die Tränen, die sich in seinen Augen durch das herzhafte Lachen gesammelt haben, aus dem Gesicht streicht, ringe ich mich auch zu einem Lachen durch. Wie aus dem Nichts schiebt sich die Erinnerung an Dantes Lippen auf meinen in den Vordergrund. Leicht irritiert halte ich inne und mustere Dante. Er hat mich geküsst, nach dem Krawatte und Kuhauge mit ihm etwas in diesem Zimmer angestellt haben.
„Warum hast du mich eigentlich geküsst und was haben Jim und Karl mit dir in diesem Zimmer gemacht?“
Überrascht zieht Dante die Augenbraue in die Höhe.
„Spielt das eine Rolle?“
„Ja. Raus mit der Sprache.“
„Was sind sie bereit mir dafür zu geben?“
„Ein Geschäftsmann, so wie Papi was?“
„Ein bisschen, schliesslich überrumpeln sie mich mit dieser Frage, sie Schlingel.“
„Was möchtest du Dante?“
„Einen Kuss für das Versprechen ihnen alles zu verraten, bevor sie Mexico verlassen.“
Einen Kuss? Ist das sein Ernst?
„Du kriegst einen Kuss und dann legst du die Karten offen auf den Tisch, sofort.“
„Bevor sie Mexico verlassen. Das ist das Angebot. Nehmen sie es an oder lass…“ Ich lehne mich über ihn, drücke ihn fester in die Matratze, halte sein Kinn hoch und lege meine Lippen auf seine. Als ich spüre wie er den Kuss erwidert, möchte ich abbrechen, aber seine Finger haben sich um den Stoff meines T-Shirts geschlungen und halten mich an Ort und Stelle fest. Seine Zunge leckt zaghaft über meine Lippe und…ich lasse ihn gewähren. Ich will nicht wissen, wie lange ich Dante geküsst habe, aber meine Wangen glühen, als ich mich zurück in das Kissen fallen lasse. Um kein Wort über das, was gerade passiert ist, zu verlieren, lenke ich das Gespräch vorsichtshalber auf ein anderes Thema.
„Ich vermisse Letizia, ich vermisse meine kleine Wohnung, meinen Rechner, meine Lavalampe, meinen Backofen, sogar die alte Schachtel, mit ihren widerlichen Keksen, die in meinem Block wohnt. Oder die Abende mit Ralf auf der Couch. Fussball, Bier. Verdammt…“
„Und die kleine, süsse Braunhaarige mit der Duschbrause?“
„Woher weisst du das?“
„Ich weiss viel über sie Nathan, ihr Internetverlauf war sehr beeindruckend. Es ist erstaunlich, wie oft sie es sich zu diesem…. aufregenden Filmchen,…wie soll ich sagen,..gemütlich gemacht haben.“ Ein leises Kichern.
Der Gedanke an die hübsche Brünette mit ihrer Duschbrause entlockt mir einen leisen Seufzer. Hach,… ja, selbst die vermisse ich. Wenn ich genau darüber nachdenke, ist dieser Porno mehr als nur ein Porno gewesen. Diese Frau mit ihrer Duschbrause hat den Liebeskummer, den ich wegen Letizia hatte, einigermassen erträglich gemacht. Was die wohl gerade in diesem Moment tut? Ein Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Ohoh, ja ich glaube, ich weiss, was sie macht.
„Sie schlagen mich ja gar nicht mehr Nathan! Ich offenbare ihnen gerade, dass ich sie ausspioniert habe und sie liegen friedlich da. Mann, sie waren doch immer so ein Raudi.“
„Stehst du da etwa drauf?“
„Ich bin schwer davon ausgegangen, dass sie darauf stehen, so oft wie sie es getan haben und tun wollten.“
„Du hast es verdient.“
„Jedenfalls ist ihre Filmauswahl ein Kriterium gewesen, weshalb ich sie ausgewählt habe.“
„Ausgewählt wofür? Wie meinst du das?“
„Na, für das hier. Ich habe nach jemanden gesucht, der kein Interesse an Kindern hat und ich habe sie gefunden. Verstehen sie mich nicht falsch, ich liebe Arschlöcher.“ Ein Zwinkern ehe er sich zu mir umdreht und mich mit seinen Augen fixiert. „Aber irgendjemand muss sich um meine Tochter kümmern, währenddessen ich in einem Pool voller Geld schwimme und es mir gut gehen lasse. Und ich bevorzuge es, wenn sie es tun und kein Arschloch. Das werden sie, oder Nathan?“
Ich soll mich um… seine Tochter kümmern, während er die Kohle verprasselt? Was zur… Hölle…
„Das ist nicht dein ernst?“
„Wäre es ihnen lieber, wenn sie von einem dieser netten Herrschaften hier…?“
„Nein.“
„Sehen Sie! Wir verstehen uns! Wie ich bereits sagte, sie und ich…“
„Warum kümmerst du dich nicht selbst um deine Tochter?“
„Können sie ein Geheimnis für sich behalten?“
„Wem soll ich es denn verraten?“
„Stimmt! Sie haben Recht! Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen, dass es etwas Normales und Gutes ist, wenn Daddys mit ihren Kindern,… sie wissen schon. Als ich dann in die Schule gekommen bin und die anderen Kinder mir erzählt haben, dass ihr Daddy sie nicht so lieb hat, wie mein Daddy mich lieb hat, ging es mir… für eine Weile nicht sonderlich gut. Sie können sicherlich verstehen, dass ich kein guter Vater wäre.“
Hat… Dante mir gerade wirklich FREIWILLIG etwas.. sehr Privates erzählt? Völlig überrumpelt kneife ich mir unauffällig in den Arm, um zu überprüfen, ob ich das nicht alles nur träume. Autsch. Verdammt. Ich muss wach sein. Heilige… Scheisse…
„Ich verstehe.“ Verstehe ich es wirklich?
„Dante…“
„Ja bitte?“
„Für dich war es normal, dass Viktor dich… gefickt hat?“, hacke ich nach.
„Ich wollte ein guter Sohn sein. Niemand hat gesagt, dass das falsch ist.“
„Aber es hat sich doch sicherlich nicht gut angefühlt?“
„Nathan. Sah es für sie in dem Video, was sie gesehen haben so aus, als würde ich es geniessen?“
„Nein.“
Oh mein Gott… mein Verstand ist sich zwar bewusst gewesen, dass Dante von seinem Vater jahrelang missbraucht worden ist. Aber es so zu hören und ihm dabei in die Augen zu sehen, zerfrisst mich innerlich.
„Warum… bist du nicht abgehauen?“
„Woher denken sie, habe ich gelernt, wie man Menschen dazu bringt, genau das zu tun, was man von ihnen will?“
„Viktor,…“ - „Aber.. Verdammt ich hätte … keine Ahnung… scheisse.. ich hätte das nicht ausgehalten, wenn mir mein Vater so etwas angetan hätte.. Hast du .. jemals versucht das zu beenden?“
„Mich umzubringen? Aber Nathan! Ich liebe das Leben und,… wer wenn nicht ich, soll auf die ganzen Gräber pissen, wenn diese Herrschaften ins Grass beissen? Ich bitte sie, das lasse ich mir doch nicht entgehen!“
„Willst du mir sagen, es war nicht nur Viktor der dich…missbraucht hat?“
„Werden sie meine Tochter retten und sich um sie kümmern?“
„Dante…“
„Werden sie es tun, Nathan?“
„Ja.“
Mit einem Lächeln dreht sich Dante von mir weg und greift in die Bonbontüte. Ist er… etwa wieder nervös?
„Dante? Hat deine Tochter einen Namen?“
„In welchem Monat haben sie Geburtstag, Nathan?“
„Im…“ Ruckartig dreht er sich wieder zu mir, legt mir den Finger auf die Lippen und flüstert leise in mein Ohr:„Psscht… so soll sie heissen.“
Seine Zunge kitzelt über mein Ohrläppchen und ich zucke unter der sanften Berührung zusammen.
„Sie hatten dort einen Fussel.“
„Einen Fussel?“
„Ich schwöre,… bei meinem Leben!“
Als er sich fröhlich auf das Bett zurückplumpsen lässt und auf seinem Bonbon rumkaut, kann ich nicht anders und muss schmunzeln.
„Nathan!“ Euphorisch richtet er sich auf und streckt die geschundenen Hände in die Höhe. Ich ziehe die Augenbraue hoch. Was… ist denn jetzt… in ihn gefahren?
„Ja?“
„Haben sie genauso viel Lust auf ein bisschen H19 wie … ich?“
Die Erinnerung an die Droge, die mir Dante damals verpasst hat, löst ein beklemmendes Gefühl in mir aus. Es gefällt mir nicht wehrlos und ausgeliefert zu sein und schon gar nicht Dante ausgeliefert zu sein. Andererseits muss ich gestehen, dass die Wirkung von dem Stoff durchaus auch positive Seiten hat. Meine Lippen verziehen sich zu einem kleinen Lächeln, als Dante neben mir anfängt Für Elise auf seinem Bauch zu trommeln.
«Immer her damit.» Grinsend beendet er sein Trommelsolo, lässt seinen Oberkörper über die Bettkante gleiten und angelt mit seinen Händen einen kleinen Beutel unter dem Bett hervor. «Irgendwie habe ich gehofft, dass sie verneinen. Das hätte es authentischer gemacht.» Ehe ich nachfragen kann, holt er mit seinen Fingern eine Spritze mit blauer Flüssigkeit aus dem Beutel und pfeffert mir die Nadel flink wie ein Wiesel in den Oberarm. Ich schreie vor Schmerz auf und schlage seine Hand mitsamt Inhalt weg. Automatisch breitet sich ein angenehmes Prickeln auf der Einstichfläche aus. Ich inspiziere neugierig meinen Oberarm und diesen Moment der Unachtsamkeit nutzt Dante aus, um mir eine weitere Dosis direkt in den Oberschenkel zu verpassen.
«Aaaaah… hey was… soll….»
«Das?», beendet er meinen Satz und führt die Nadel wieder aus meinem Schenkel. «Sehen sie mich nicht so erstaunt an, sie haben schliesslich zugestimmt.»
Mein Oberarm und mein Oberschenkel glühen. Ich spüre, wie sich die blaue Flüssigkeit ihren Weg durch meine Venen bahnt und ein wohliges, heisses Gefühl hinterlässt. Es fühlt sich an, als fängt mein kompletter Körper an unter sanften Elektrostössen zu vibrieren, als wäre ich geladen, als würde Strom in und auf mir fliessen. Wie ein neckisches Streicheln, einfach unbeschreiblich. Mein Teenager-Ich hätte das passende Wort. Schlichtweg einfach nur endgeil. Ich lecke mir über die Lippen und tippe mit meinen Fingern gegen die Einstichstelle auf dem Bein. Was sich als schwierig herausstellt. Wie beim letzten Mal sind meine Bewegungen eingeschränkt, träge, langsam. Aber ich bin nicht komplett eingefroren. Als Fingerkuppe Einstichstelle berührt, stöhne ich auf. Gott, fühlt sich das…gut an.
Mein Kopf dreht sich in Zeitlupe zu Dante um. «Und was ist mit dir?» Er führt seinen Finger an seine Lippen und nimmt eine Denkerpose ein. «Ich überlege, wie ich anfange.»
«Wie, wie du anfängst?»
«Ich will ihnen zeigen, wie es sich anfühlt, wehrlos zu sein. Einmal in der Haut eines Opfers stecken, Nathan. Ihr Körper gehört ihnen nicht mehr, er gehört jetzt mir und ich werde mit ihm anstellen, was ich will und solange ich es will. Verstehen sie? Erleben sie hautnah, wie es sich anfühlt, missbraucht zu werden. Aber da ich ja kein Unmensch bin, versetze ich sie in Emilys Lage. Es wird sich für sie…gut anfühlen.»
Mein Mund steht offen. Ist das… sein ernst? Ich starre auf meine Arme hinab und wünschte sie würden zu seinem Hals gleiten und den Wahnsinn aus ihm herausquetschen. Aber sie verharren zitternd in der Luft, meine Befehle meines Gehirns fast komplett ignorierend. Ausgeliefert. Schon wieder. Ich Trottel.
«Ich warne dich. Mach keinen Scheiss. Warum vertraue ich dir überhaupt, und lasse sowas zu? Was soll das?»
«Ich denke sie vertrauen mir, weil sie keine andere Wahl haben. Ach Nathan, nun stellen sie sich nicht so an. Das wird bestimmt ein Spass! Ausserdem,...» Er lehnt sich über mich, so nah, dass seine Haare meine Wange berühren. «Werde ich unheimlich zärtlich sein.»
«Fick dich.» Ich spucke ihm ins Gesicht, froh darüber, dass das blaue Gift in meinen Venen noch nicht meine Gesichtsmuskulatur wie den Rest meines Körpers versteinert hat. Er leckt meine Spucke von seinen Lippen und wischt sich den Rest mit der Hand von seinen Wangen. Ich würge und wende den Blick ab.
«Wie lautet es so schön? Wenn sie es nicht verhindern können, dann… versuchen sie es zu geniessen.»
«Du bist ein hässlicher Mensch.», presse ich zwischen meinen Lippen hervor. Er schenkt mir ein neckisches Kichern und reisst mir das Haarband aus dem Zopf. Dann packt er mich am Haarschopf, zieht mich zu sich hoch und leckt mir einmal quer über mein Gesicht. Angewidert kneife ich die Augen zusammen.
Er lässt meinen Kopf unsanft los. Seufzend richtet er sich auf und steuert mit wackeligen Beinen auf die Kommode neben der Tür zu. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich wissen will, was in dieser Kommode verborgen ist oder ob ich lieber im Ungewissen bleiben möchte. Ach scheiss drauf, ich werde es sowieso wohl oder übel zwangsweise am eigenen Leib zu spüren bekommen. Neugierig, ja - ich gebe es zu, neugierig riskiere ich einen Blick und schiele zu Dante herüber, dessen Hände immer noch eifrig in der Schublade der Kommode buddeln. Das Geräusch von Metall, das mit Holz kollidiert, lässt mich schlucken. Okay. Was auch immer Dante in diesem zugegebenen modisch abgefahrenen Miniaturschrank mit aufwändigem Blumenmuster aufbewahrt, ist hart und aus Metall. Ein Wunder, dass mir diese farbenprächtige Kommode bisher nie aufgefallen ist. Entweder steht die erst seit kurzem da, oder ich bin von diesem… diesem… gibt es überhaupt ein Wort, das, was hier in diesem grauen Klotz passiert, passend beschreiben kann? Perverser abgefuckter menschenverachtender Scheiss und Wahnsinn kommen nicht ansatzweise heran. Gerade als ich bemerke, dass ich den Faden verloren habe, taucht Dantes grinsendes Gesicht vor meinem nicht ganz so grinsenden auf. «Eine äusserst hinreissende Kommode nicht?»
Ich hätte ihm am liebsten meinen Mittelfinger präsentiert und in seine Kehle gerammt, aber da dieser wie der Rest meiner Glieder die Reaktionsfähigkeit einer steinalten fast toten Oma, ohne Parkinson, die man beinahe nicht von einer toten Oma unterscheiden kann, hat, unterlasse ich den Versuch und spucke ihn stattdessen nochmal an. Das Grinsen verschwindet und weicht einem leicht genervtem Anstandslächeln. Zufrieden wandern meine Mundwinkel in die Höhe und fallen sogleich wieder in den Abgrund. Mit von meiner Spucke feuchten Wangen rudert Dante mit einer Metallzange vor meinen Augen rum und demonstriert mir dabei seine strahlend weissen Zähne und die wohl leuchtendsten Kindergeburtstagsaugen der Welt.
«Nein.», knurre ich und versuche mich mit aller Willenskraft gegen die Lähmung, die meinen Körper befallen hat, zu wehren. Vergebens. Meine Arme heben sich höchstens einen Zentimeter von der Matratze in die Luft und meine Knie haben in der Zeit geschätzt zwei Zentimeter mehr erreicht. Gefangen im eigenen Körper. Machtlos. Auf die Zuschauerbank befördert. In einer Zwangsparalyse feststeckend. In diesem Moment hätte ich liebend gerne mit jedem Komapatienten dieser Welt getauscht.
Dante nickt euphorisch und zieht mein Shirt hoch. «Ja, Nathan, Ja!» Das kalte Metall der Zange streift mich am Hals, tanzt über meinen Brustkörper und verharrt auf meinem Bauchnabel. Neckisch blitzt Dantes Zunge hervor und ich mache mich auf das Schlimmste gefasst. Seine Oberarme spannen sich an, die Finger fest um die Zange geschlossen, befördert er das Werkzeug in die Luft und …die Zange streift mich an der Seite, als er zusticht. Ich ziehe scharf die Luft ein und spüre wie es an der Stelle anfängt zu kribbeln. „Sie hätten ihr Gesicht sehen sollen, Nathan. Filmreif!“, kichert Dante, zieht die Zange aus der frisch ramponierten Matratze und bewundert den kleinen Kratzer an meiner Hüfte. Ich atme schwer ein und aus, aber zwinge mich eine Bemerkung zu verkneifen. Vielleicht fängt das Ganze an ihn zu langweilen, wenn ich nicht reagiere, wie er sich das erhofft. Kaum habe ich den Gedanken zu Ende gedacht, holt Dante erneut mit der Zange aus und schlägt das kühle Metall gegen meinen Hüftknochen. Von einer Welle aus süssem lustvollen Schmerz erfasst, beisse ich mir auf die Lippe und schliesse die Augen. In dem Moment bin ich froh über die Droge in meiner Vene, das hätte ansonsten ziemlich … ein weiterer Schlag gegen meine Hüfte und meine Zähne bohren sich fester in meine Unterlippe. Der metallische Geschmack von Blut breitet sich in meinen Mund aus. Ich will fluchen, auch wenn es sich gut anfühlt, zwinge mich aber ruhig zu bleiben. Mit einem Grinsen im Gesicht wirft er die Zange auf den Boden und macht sich an meiner Hose zu schaffen. Mit einem Ruck reisst er sie mir inklusive Shorts zu meinen Knien runter und setzt sich rittlings auf meinen Bauch. Ich kann nicht anders, als das Gesicht zu verziehen, was seine Mundwinkel automatisch zum Zucken bringt. Meine Fingernägel krallen sich in das Laken. Ich will das nicht. Zusammenreissen Nathan. Reiss dich zusammen, lass dir nichts anmerken.
„Sie machen das gut, Nathan, aber ich sehe ihnen an, wie sie innerlich schreien. Ich sehe alles.“, schnurrt er, zieht sein Bein an und fingert an seinem Knöchel rum. Meine Augen folgen seinen Fingern, die gerade eine Rasierklinge von einer kleinen zierlichen Fusskette befreien. Ist das etwa… das kann doch nicht sein. Das ist… die goldene Kette mit dem Anhänger auf dem sein Name steht. Dante. Er hat sich diese Kette um den Fuss gebunden. Was zur Hölle… In mir zieht sich alles zusammen und das Video von Dante, der als kleiner Junge von Viktor missbraucht wird, spielt sich ungewollt wieder in meinem Kopf ab. Mein Blick fällt auf Dantes kindliches Gesicht. Die Schatten unter seinen blauen Augen vermischen sich mit einem Veilchen, direkt über seiner linken Wange. Die Lippen sind eingerissen, am Kinn hat er eine Narbe, die sich hinunterzieht bis zu seinem Hals und über der geraden Nase bis zu den Wangen sind unzählige Sommersprossen. Und wieder frage ich mich,… wer ist Dante? „Gefällt Ihnen, was sie sehen, Nathan?“ Die Rasierklinge zwängt sich in mein Blickfeld. Auf der glatten Oberfläche der Klinge spiegelt sich verschwommen mein Gesicht. Das alles hier, ist so falsch. So unglaublich falsch.
„So schweigsam kenne ich sie gar nicht. Haben Sie irgendwelche Geschlechtskrankheiten von denen ich wissen sollte?“, flötet er und bricht in schallendem Gelächter aus. Ich schüttle träge den Kopf.
„Das bist nicht du.“
„Wie bitte?“
„Du willst das gar nicht.“5
„Will ...“ Er setzt die Klinge an meinen Oberschenkel an und drückt sie in meine Haut. Ich stöhne auf. Süsser Schmerz fliesst durch meine Adern. “… ich nicht?” Er zieht die Klinge hinauf und stoppt kurz vor meinem…. Mmhh…Verdammt. Der Schnitt ist nicht tief, aber tief genug. Ektase fegt über mich hinweg und endet in einem unkontrollierten Zitteranfall aus Verlangen und Lust.
Aufhören bitte,… kleiner Rasierklingenschmetterling…
„Wie haben Sie mich genannt?“
Habe ich das etwa… laut ausgesprochen? Verdammt…
„Nein, du weisst wie es sich anfühlt,… du willst mir das nicht antun…“
„Oh Nathan, Sie kennen mich nicht, natürlich will ich Ihnen das antun! Es bereitet mir sogar zutiefste Freude, sehen sie das nicht?“ Er zeigt mit seinem Finger auf sein breites Grinsen.
„Du willst das nicht.“, wiederhole ich. Er schüttelt lediglich mit dem Kopf, rutscht von mir herunter, öffnet erneut die Kommode, holt blaue Pillen und eine Nagelpistole heraus. Seine Hand verschwindet wieder in der Schublade und ein Dildo mit Aufsatz kommt zum Vorschein. Was zur Hölle… NEIN… NEIN!! Mit ein paar Handgriffen wird der Dildo an der Nagelpistole angebracht und eine der Pillen verschwindet in Dantes Mund.
„So sehr willst du es also, dass du diese Pille dafür brauchst?“, brülle ich ihn an und er schenkt mir lediglich ein böses Lächeln. Ok. Er hat gewonnen. Ich bin ich verzweifelt. Scheiss sich nichts anmerken lassen. Ich starre die Dildonagelpistole an. Nein. Nein…. Mit aller Kraft versuche ich meinen Körper zum Funktionieren zu bewegen. Aber mein Rumpf bleibt an Ort und Stelle versteinert liegen.
Auf den Weg zum Bett knicken Dantes Beine unter ihm ein und er landet auf seinen Knien. Die Pistole knallt auf den Boden und fällt auseinander. Oh Gott, oh Gott… Vor Schmerz aufstöhnend streckt Dante seine Hand nach der Nagelpistole aus und versucht sie testweise anzuschalten. Aber das Ding reagiert nicht. Heiliger Vater im Himmel, danke! Ein Stossgebet an den Allmächtigen,… ich schwöre, wenn ich unbeschadet hier raus komme, werde ich religiös und gehe jeden Sonntag zur Kirche.
Ein leises Knurren entweicht Dante, ehe sich wieder ein Lächeln um seine Lippen legt. Anstelle aufzustehen, krabbelt er auf allen Vieren zurück zum Bett und klettert wieder auf mich.
„Lass es bleiben, du fällst doch jetzt schon auseinander… wem musst du hier was beweisen?“
„Liebe ist Schmerz… Nathan… Täuschung ist alles.“
Liebe ist Schmerz, Täuschung ist alles? Gerade als ich etwas erwidern will, schnappt sich Dante ein Kissen vom Bett und drückt es mir ins Gesicht. Was soll das? Ich will mich wehren, aber ich kann nicht. Aufhören… aufhören!! ! Er stemmt sein komplettes Körpergewicht gegen das Kissen und ich spüre, wie ich langsam keine Luft mehr kriege… Dante.. aufhören… Ich…
Gott, habe ich einen Kater…. Und diese Kopfschmerzen…Momentmal? Ich lebe??? Ich reisse die Augen auf und ziehe gierig Luft in meine Lunge. Heilige Scheisse…. Maria Mutter Gottes im Himmel.. Ich lebe… Wo ist Dante? Ruckartig richte ich mich auf. Ok, anscheinend hat die Wirkung vom H19 nachgelassen. Dankbar begutachte ich meine Hände vor meinen Augen und bewege die Beine. Funktioniert alles wieder. Warte… Hat er mich jetzt? Ich starre an mir herunter und… Meine untere Hälfte ist immer noch nackt, aber bis auf den Kratzer und einen riesigen blauen Fleck an meiner Hüfte und den Schnitt auf der Innenseite meines Oberschenkels bin ich heil. Selbst mein Arsch fühlt sich an wie immer. Er hat nichts getan… Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen. Von Dante und der hässlichen Kommode keine Spur. Was zum Henker… Habe ich mir das etwa alles nur eingebildet? Nein,… sonst wären die Wunden auch nicht da. Wo zum Teufel ist der Kerl und was wollte er mit dieser Aktion bezwecken? Im Augenwinkel nehme ich etwas Glänzendes wahr. Auf dem Nachtisch neben dem Bett ist ein Glas mit orangefarbener Flüssigkeit. Direkt daneben auf einem Stück Papier Dantes Goldkette und die blutige Rasierklinge.
Neugierig angle ich nach dem Stück Papier und der Goldkette. Mein Finger fährt über den Anhänger.. Dante.. warum hat er sich diese Kette um den Fuss gebunden? So viele hässliche Erinnerungen müssen an diesem Schmuckstück kleben… ich hätte sie verbrannt…
Zögerlich widme ich mich dem Zettel… mit krakeliger Schrift steht darauf geschrieben:
Ziehen Sie die Klamotten auf dem Stuhl an, trinken Sie den Orangensaft und ich erwarte sie.
Raum 96, Code 76321.
Ein Date, wie romantisch, finden Sie nicht auch Nathan?
Ihr Rasierklingenschmetterling
Leck mich.
Vor der geschlossenen Tür bleibe ich stehen und überlege ob ich zuerst anklopfen oder einfach eintreten soll. Entscheide mich dann für Variante zwei und drücke die Klinke herunter. Vor mir taucht ein beinahe leerer Raum auf. In der Mitte des Zimmers entdecke ich Emily, die mit einer Puppe in der Hand auf dem völlig fehlplatzierten Couchtisch ohne Couch sitzt. Sie sieht zu mir hoch und fängt begeistert an zu winken. Peinlich berührt erwidere ich ihre Geste, bleibe aber wie angewurzelt stehen. Sie lässt die Puppe fallen, springt vom Tisch und rennt mit weit geöffneten Armen auf mich zu. Vor mir angekommen, umarmt sie mich stürmisch, drückt dabei ihr Gesicht fest an meinen Bauch und reibt ihre Wangen über mein frisches Shirt. Perplex und total überfordert erstarre ich zu Stein. Nach einer Weile …..Zögerlich aber sanft lege ich meine Hand auf ihren Rücken, um einfach irgendetwas zu tun, ausser dumm rumzustehen. Ob sie vergessen hat, was ich ihr angetan habe? Wahrscheinlich erkennt sie mich gar nicht. Obwohl,… sie hat mich nach… unserem… Oh Gott.., wie nennt man sowas? Es hört sich so falsch an, aber sie hat mich nach unserem gemeinsamen Abend in Dantes Villa der Qualen im Wohnzimmer nochmals gesehen und ist wie jetzt ebenfalls erfreut gewesen, mich zu sehen. Das Bild von ihr mit der Blume im Mund schleicht sich in meine Gedanken und ich spüre, wie sich mein Gesicht unweigerlich verzieht, als hätte ich gerade in eine Zitrone gebissen. Ich zwinge mich, Emily anzusehen. Diese hört auf ihre Wange an mir zu reiben und schaut glücklich zu mir hoch. Zaghaft ringe ich mich zu einem Lächeln durch, dass sie sogleich erwidert. Dann schnappt sie mit ihrer Hand nach meinem Finger und führt mich zerrend zu einer weiteren Tür, die mir vorhin gar nicht aufgefallen ist. Sie öffnet sie, kichert und rennt mit mir im Schlepptau durch einen weiteren Gang. Total überrascht wäre ich beinahe gestolpert, als ich von weitem Dante und Kastor am Ende des Flurs erspähe, um einen runden Tisch sitzend.
„Kastor, es ist wichtig, dass Sie Emily niemals Haarbürsten mit festen Borsten geben. Sie lässt Haarbürsten gerne zwischen ihren Beinen verschwi…. Oh Nathan!“ Dante winkt uns zu sich und steht leicht schwankend auf. Prompt lässt Emily meinen Finger los und wirft sich mit Anlauf in Dantes Arme. Dieser kippt beinahe um, aber gibt ihr, als er wieder sicher auf seinen Beinen steht, einen sanften Kuss auf die Stirn. Dann hebt er sie hoch und drückt seine Nase auf die von seiner Schwester. Emily lacht begeistert und strampelt mit ihren Füssen. Was für eine verdrehte… Welt und wo nimmt er die Kraft her,… vorhin wäre er beinahe noch zusammen geklappt.
Als Emily wieder Boden unter den Füssen hat, zwinkert Dante mir zu und setzt sie auf den runden Holztisch.
„Hallo Nathan, schön, sie zu sehen. Sie kommen etwas früh. Ich war gerade dabei, Kastor zu erklären, worauf er bei Emily alles achten muss.“
„Warum? Verkaufst du sie ihm?“, platzt es aus mir heraus.. Dantes Nasenflügel beben und ein dickes Grinsen schleicht sich auf sein Gesicht.
„Nicht ganz, aber fast. Kastor bringt Emily ins Camp Rosered, nachdem hier alles vorbei ist.“
„Camp Rosered?“, frage ich und hoffe innerlich, dass es sich bei diesem Camp nicht um ein abgedrehtes Bordell handelt. Nach allem was passiert ist, würde ich Dante sowas immer noch zutrauen.
„Sie haben richtig verstanden. Kastor wird sich um Emily kümmern, nicht wahr mein Freund?“
Der Hüne von Mann nickt, umklammert mit seinen dicken Pranken, die viel zu kleine Espressotasse und führt sie zu seinem Mund. Ein Schlürfen durchbricht die Stille. Als Kastor die Tasse wieder auf dem Tisch abstellt, fängt Emily an zu summen und mit ihren Füssen zu wippen, als sässe sie gerade auf einer Schaukel anstelle eines Tisches. Keiner ergreift das Wort. Mein Blick wandert zu Dante, der noch immer neben mir steht und Emily anlächelt. Krampfhaft überlege ich, was ich sagen soll. Dante ausquetschen, was genau dieses Camp Rosered ist und was ein Mann wie Kastor dort zu suchen hat, endet doch sowieso wieder in einer Sackgasse und wenn nicht, bin ich mir sicher, dass mir die Antwort nicht gefallen würde. Ich muss anfangen, Dante zu vertrauen und an seinen diabolischen Plan zu glauben, wie auch immer der aussieht.
„Worauf warten wir?“
„Weib und Hemd.“, antwortet Kastor murmelnd und fischt aus der Brusttasche seines blauweiss gestreiften Hemds eine Taschenuhr. Wow, mir ist bis zu dem Zeitpunkt gar nicht aufgefallen, dass Kastor sich heute zurecht gemacht hat. Er sieht aus, als plant er nach der Show Spinat aus der Dose zu essen und in See zu stechen. Popeye ist ein Witz gegen diesen Mann.
Unauffällig drücke ich meinen Ellbogen gegen Dantes Schulter und als er zu mir aufsieht, zeige ich mit meinem Kinn auf Kastor und hebe die linke Augenbraue. Dante schmunzelt lediglich und formt ein paar Silben mit seinem Mund, die ich aber nicht deuten kann.
In dem Moment geht eine Tür auf und Nathalia und Jim treten ein. Scheint wohl mehrere Wege hier rein und raus zu geben. Jedenfalls haben sie nicht den gleichen Weg genommen wie ich und Emily. Skeptisch mustere ich die betrübt aussehende Krawatte. Anstelle seiner sonst so farbenfrohen Hemden trägt er heute lediglich einen schwarzen Pullover, der sein Gesicht fahl wirken lässt aber seinen Bauch etwas kaschiert. Selbst Nathalia trägt heute einen schlichten grauen Pullover und dazu eine gemütliche Jogginghose. Es scheint fast so, als hätte man die Leute hier ausgewechselt. Eine traurige Krawatte, eine gemütliche nicht aufgebretzelte Nathalia und ein Matrose, der fast nicht in sein Kostüm passt. Nur Emily, die… wieder einmal ihr Kleid vollsabbert und Dante, vornehm gekleidet in engen schwarzen Hosen und einem dunkelroten Satinhemd, bleiben in ihrer Rolle. Ich schaue an mir herunter. Ein grünes T-Shirt und eine dunkle Jeans, mehr nicht. Nicht mal meine Klamotten sind mir geblieben, diese hat Dante mir vorgelegt und zu meinem Erstaunen passen sie sogar wie angegossen. Entweder hat Dante sich heimlich über meinen Kleiderschrank hergemacht und herausgefunden was für eine Grösse ich trage oder er ist was Mode und Kleidung angeht, wirklich ein Naturtalent. Urplötzlich stelle ich mir Dante als einen Modefachverkäufer vor, der gerade voller Elan einen Schnösel bei der Wahl seines neuen überteuerten Anzugs, ganz nach dem Motto Kleider machen Leute, tatkräftig zur Hand geht.
Erstaunlich, wie viel Wert er auf Äusserlichkeiten und Klasse legt. Mein 17-jähriges Ich lief tagelang mit dem gleichen ausgefransten Bandshirt und der gleichen zerrissenen Jeans rum und die Haare waren aufgrund meiner immensen Faulheit stets zu einem Zopf zusammengebunden gewesen. Oh ja, ich habe meine langen Haare geliebt, auch wenn ich sie nicht sonderlich gepflegt habe. Hätte Letizia mich nicht gezwungen, sie zu schneiden, würden sie jetzt noch bis zu meinem Hinterteil reichen. Sie hat meine Wellen, oder wie sie es nannte Locken gehasst. Die Kurzhaarfrisur, die sie mir damals verpasst hat, war für mich wie eine öffentliche Kastration gewesen. Heilfroh bin ich, dass mir meine Haare nun wieder über die Schultern gehen. Was wohl für mich meine Haare sind, ist für Dante sein Satinhemd.
„Nathan ist mir Ihnen alles in Ordnung?“
Nathalias Stimme reisst mich aus meinen Gedanken und ich blinzle ein paar Mal überrascht.
„Habe ich etwas verpasst?“
„Sie haben Dante…“
„Nathalia, er ist in mich verliebt.“ Dante zwinkert ihr zu und sie legt die Stirn in Falten.
„Was habe ich?“
„Lassen sie uns beginnen, die Herrschaften, die Dame.“
„Was habe ich!? Kann mich jemand aufklären?! Bitte?!“
„Ich freue mich, euch meinen diabolischen Plan für das Finale vorstellen zu dürfen.“
„Ey, man, klär mich auf! Was habe ich getan?“
„Nathan, das habe ich doch bereits.“ Dantes Grinsen kitzelt in meinen Ohren und schlagartig steigt mir die Schamesröte ins Gesicht. Verdammt. Nathalias Augenbraue schiesst in die Höhe und Krawatte’s Brauen tun es ihrer gleich, als er meine glühenden Wangen mustert.
Dante hingegen ignoriert die Reaktionen komplett und fährt fort. „Setzen Sie sich doch alle, es wird etwas dauern.“
Ohne die Augen von mir zu lösen nimmt Krawatte direkt neben Kastor Platz, Nathalia läuft einmal um den Tisch, schnappt sich Emily und setzt sich mit ihr auf die gegenüberliegende Seite von den Männern. Ich kratze mir nervös über den Oberarm, fixiere den Boden und lasse mich auf den nächstbesten Stuhl fallen. Als ich meinen Blick wieder aufrichte, spüre ich bereits Dantes Lippen an meinem Ohr. „Es gibt nichts, wofür sie sich zu schämen brauchen.“
Eiskalt zischt ein Blitz durch meinen Körper und lässt mich erschaudern. Was zur Hölle ist nur los mit mir…
„Wie sie bereits wissen, geht es um ziemlich viel Geld, das in einem Pot auf uns wartet. Das Geld wir gerecht aufgeteilt zwischen den Anwesenden hier im Raum. Ausser jemand möchte verzichten, wenn ja, bitte die Hand hochhalten.“
Krawattes Hand, gefolgt von Kastors und meiner ragen in die Höhe.
„Sehr gut, Kastor, würdest du das bitte schriftlich festhalten?“
Kastor zaubert ein Notizbuch und einen Kugelschreiber unter dem Tisch hervor und beginnt mit seiner linken Hand zu schreiben.
„Wozu wird das schriftlich festgehalten?“, frage ich und als sich alle Augen anklagend auf mich richten, hätte ich mich am liebsten dafür geohrfeigt, es gewagt zu haben diese Frage zu stellen. Warum zum Henker sind heute alle so komisch drauf?
„Wir halten es fest, lieber Nathan, damit es später nicht zu Missverständnissen kommt. Haben Sie sonst noch eine Frage, die ihnen auf der Zunge liegt?“
Die habe ich durchaus, aber stellen werde ich sie nicht, Arschloch.
„Nein.“
„Sehr gut! Fahren wir fort. Die Konkurrenz wird hart sein, so viel ich weiss, werden wir gegen Amputationskünstler, Sadisten, Psychopathen und kreative Masochisten antreten. Wir hingegen versuchen mit sexueller Gewalt an einer Minderjährigen mit Behinderung zu überzeugen und zu begeistern. Das wird schwierig werden.“
„Reicht das nicht?“
„Unterbrechen Sie mich bitte nicht Nathan.“
„Sorry…“
„Im Gegensatz zu unserer Konkurrenz wird unser Akt 100% geschauspielert sein. Unser kompletter Auftritt ist Täuschung. Sie werden während sie auf dieser Bühne stehen keinen Schmerz spüren.“
Meine Kinnlade steht offen. Meine Augen wandern zu Nathalia, die gerade Emily fester an sich drückt und Krawatte, der nervös auf seiner Unterlippe herumkaut.
„Um das zu gewährleisten, können wir auf ein paar Hilfsmittel nicht verzichten. Kastor, die Tasche bitte.“
Kastor legt den Stift beiseite, richtet sich auf, öffnet die Türe hinter sich und holt eine Sporttasche hervor. Oh verdammt,… ist das etwa die gleiche Sporttasche, die der eine Kerl aus der Gummibärenbande dabei hatte? Dantes Sporttasche?
Als Kastor die Tasche vor Dante auf den Tisch stellt, bedankt sich dieser mit einem Nicken und fängt an, darin herumzuwühlen.
„Für die Ladies unter uns, zwei Mal Muschiwund.“
Dante fischt zwei weisse Tuben mit einem rosafarbenen Etikette, auf der mit schwarzen Stift Muschiwund draufgekritzelt ist, aus der Tasche und lässt sie über den Tisch zu Nathalia gleiten. Neugierig inspiziert sie eine der Tuben, währenddessen sich Emily die andere vom Tisch schnappt, sie einmal kurz ableckt, bevor sie sie sich in den Mund steckt.
„Erdbeergeschmack, Emily mag Erdbeeren, nicht wahr?“
Emilys Augen werden riesig und sie klopft begeistert mit der freien Hand auf den Tisch. Dieses Mädchen… hast du gefickt, Nathan… Am liebsten hätte ich der leisen fiesen Stimme in meinem Kopf eine gedonnert.
„Nathalia, bitte reiben Sie Emilys Genitalien und ihre eigenen vor der Show damit ein, innen und aussen, es muss eine Stunde einwirken. Vorsicht, wenn sie es auftragen, wird es kurz etwas brennen aber nach einer Minute sollte das Brennen verschwunden sein. Diese Salbe hat den Effekt, dass der Schambereich leicht betäubt ist und bei Hautkontakt sofort feucht wird. Zusätzlich verspüren sie bei Reibung ein angenehmes warmes Vibrieren, egal, wie sehr unser Fickbulle zustösst. Theoretisch fühlt sich selbst ein Mixer gut in ihnen an.“
„Eine Stunde vorher auftragen, alles klar.“, wiederholt Nathalia und lässt ihre Tube in ihrem Dekoltée verschwinden. Emily hingegen leckt immer noch friedlich über den Verschluss ihres Muschiwundwunders.
„So nun zu den Herren der Runde. Jim ist so freundlich und hat sich bereit erklärt, uns zu assistieren bei der Vorführung der Gegenstände, die sie benutzen werden Nathan. Bitte, Jim, stehen Sie doch auf.“
Krawatte tut, wie ihm geheissen und steht auf. Dantes Hände verschwinden wieder in der Tasche und als das Gläschen mit der Aufschrift blaues Schwanzwunder auftaucht, schlucke ich. Oh ja, die Wirkung dieser Pillen ist mir durchaus noch bewusst.
„Das hier, sind ganz besondere Pillen. Sie bringen jeden funktionstüchtigen, entschuldigen Sie den vulgären Ausdruck, Schwanz für 2 bis 4 Stunden zum Stehen. Es ist also nicht zu empfehlen, diese Pillen mehr als nötig zu verwenden, da es zu bleibenden Folgeschäden führen könnte.“ Dante funkelt mich an, ehe er die Augen wieder in die Runde richtet.
„Steht das Glied erstmal, bleibt es standhaft, solange die Pille wirkt, egal was passiert. Jim, bitte nehmen Sie doch eine davon.“
Das Gläschen wandert von Dante zu Krawatte, dieser öffnet das Gefäss, holt eine Pille heraus und schluckt sie ohne Wasser mühelos herunter.
„Nathan kann ja gar nicht die Augen von Ihnen lassen, Jim!“, flötet Dante. Meine Hand ballt sich unter dem Tisch zur Faust und ein leises „Arschloch“ huscht über meine Lippen.
„Bitte entledigen Sie sich ihrer Hose Jim, wir wollen gerne den Effekt der Pille bewundern!“
Jim gehorcht und öffnet ohne ein Wort beizupflichten den Knopf seiner schwarzen Hose. Sie sitzt nicht eng und es dauert nicht lange, bis sie auf den Boden fällt und mit ihr die ebenfalls schwarzen Boxershorts, die er trägt. Krawatte halbnackt vor mir stehen zu sehen und darauf zu warten, dass er einen Ständer kriegt ist mir mehr als unangenehm, vor allem hat dieses Arschloch vor kurzem seine eigene Tochter qualvoll umgebracht und mehr als deutlich klar gemacht, auf welcher Seite er hier steht. Warum zur Hölle ist er also nun hier mit uns an diesem Tisch und lässt sich von Dante herumkommandieren, der die ganze Nacht mit mir verbracht hat und seit dem was mit Kathy passiert, ist keine Gelegenheit hatte, mit Jim zu reden oder gar etwas derartiges wie das hier zu planen. Das heisst, die Sache muss vorher schon besiegelt worden sein. Als Krawattes Schwanz sich allmählich aufrichtet, klatscht Emily begeistert in die Hände und ich hätte mich am liebsten auf der Stelle in Luft aufgelöst. Das hier ist alles sowas von falsch.
Ein leises „Tadaaa“ von Krawatte durchbricht die angespannte Stille und Dante seufzt leise auf. „Wunderschön Jim! So und nun um zu beweisen, dass das Glied standhaft bleibt, kippen wir ein bisschen Essig über die Spitze. Und um alle Zweifel auszuschliessen, wird Jim dieses Fläschchen Tabasco zweckentfremden und als Gleitmittel benutzen. Nicht wahr Jim?“
„Was zur Hölle…“, ich schlucke und starre voller Unglauben auf das kleine Fläschchen Tabasco in Dantes linker und die Flasche Essig in Dantes rechter Hand.
„Das ist doch nicht dein Ernst?“
„Aber selbstverständlich! Das wird bestimmt super lustig!“ Dantes Augen glänzen regelrecht vor Vorfreude während Krawatte’s sich allmählich mit Tränen füllen. Ich gebe es nur ungern zu, aber dieser Wichser tut mir gerade zum ersten Mal seit ich seine hässliche Krawatte zu Gesicht bekommen habe, leid. Das ist barbarisch.
„Das muss nun wirklich nicht sein.“
„Jim, bitte zeigen sie unserem Fickbullen hier den Effekt des Schwanzwunders.“ Krawatte nickt, kickt seine Hose und seine Shorts zur Seite und holt die beiden Flaschen bei Dante ab. Dann platziert er sich breitbeinig an die Wand des Raumes, schaut einmal in die Runde und schraubt den Deckel von der Essigflasche.
Ich wende die Augen ab und begutachte die Faserung des Holztisches. Mahagoni-Holztisch. Darauf scheint Familie Radikov wohl abzufahren. Schmerzhaft drängt sich der Mahagoni-Couchtisch aus der Villa der Qualen in meine Erinnerung. Schon da hatte mich Dante bereits an den Eiern und ich Vollidiot verliess damals siegessicher das Anwesen.
Dantes warme Finger umfassen mein Gesicht von hinten und seine Fingerkuppen drücken gegen meine Wangen. „Sehen sie genau zu, Nathan.“ Wie paralysiert lasse ich meinen Kopf von ihm führen und richte meinen Blick direkt auf… Krawattes voll erigierten Schwanz. Ich will das nicht sehen. Krawattes Gesichtszüge sind emotionslos, erst als der Essig auf seine Eichel trifft, kneift er die Augen zusammen und seine Lippen bilden eine schmale Linie. Sein Brustkorb hebt und senkt sich unregelmässig, während seine Oberschenkel anfangen zu vibrieren.
„Sehr schön Jim, sehen Sie Nathan, er steht wie eine...Eins.“ Ich spüre Dantes heissen Atmen an meinem Hinterkopf. Eine Mischung aus Ekel und Unglauben fügt sich zu einem unangenehmen Cocktail in meinem Bauch zusammen. „Fahren Sie fort.“
Krawatte lässt die offene Essigflasche auf den Boden fallen. Die Flüssigkeit verteilt sich auf dem kalten Linoleum und hätte ich es nicht gewusst, dass es sich bei der Flüssigkeit um Essig handelt, hätte ich es für Pisse gehalten.
Mit nassen Fingern macht sich Krawatte am Verschluss der Tabascoflasche zu schaffen. Als er es endlich geschafft hat, verteilt er die Sauce auf seinen Händen. Der Rest davon fliegt, wie vorher der Essig auf den Boden und Glasscherben verteilen sich rund um Krawattes Füsse. Ein flüchtiger Blick zu Dante, dessen Kinn auf meinem Kopf platzgenommen hat und Jim umfasst seinen Schwanz. Ein Zischen durchbricht die angespannte Stille, gefolgt von einem schmerzhaften Aufstöhnen. Auf der empfindlichen Haut bilden sich Bläschen und Rötungen. Ohne zu zögern, gleitet Krawattes Hand über die Spitze hinab zu seinem Hoden, packt zu und… ich kann nicht mehr und schaue angewidert und mit Phantomschmerzen ausstehendem Schritt zur Seite. Verdammt, das ist menschenunwürdig und krank.
„Er hat es verdient Nathan und sie,… sie sind nicht unschuldig daran.“ Dantes Stimme ist so leise, dass die anderen im Raum unter Garantie nicht gehört haben, was er mir soeben zugeflüstert hat. Ist das die Rache, für das was Krawatte Kathy angetan hat?
„Jim, sie können aufhören. Vielen Dank. Wie sie sehen…“, Dante läuft einmal um den Tisch und stellt sich direkt neben Krawatte, der immer noch mit zusammengebissenen Zähnen seinen Schwanz in der Hand hält und entsetzt mit wässrigen und geröteten Augen das volle Ausmass seiner Tat realisiert. Das Ding wird er eine Weile lang nicht mehr benutzen können. Geschweige denn will ich nicht wissen, was für höllische Schmerzen das sein müssen beim Pissen.
„Jim’s Glied ist immer noch für alle Schandtaten bereit.“ Dante vollführt einen Hofknicks, Emily jubelt und Jim bricht neben ihm zusammen. Das leise Wimmern, das von ihm ausgeht, schnürt mit die Kehle zu und der Drang, diesen Raum so schnell zu verlassen wie möglich, ist überwältigend.
„Die Pille macht zwar standhaft, aber leider spüren sie unter der Einwirkung der Pille jede Berührung umso intensiver. Was das bedeutet können sie sich sicher vorstellen.“
„Schmerz wird also umso qualvoller und der Orgasmus umso intensiver?“ Meine Augen wandern zu Nathalia, die interessiert Krawatte mustert und Emily auf ihrem Schoss fester an sich drückt.
„Was zur Hölle,…“
„Richtig Nathalia! Schön, dass sie mitdenken! Unser Jim hier könnte bald das Bewusstsein verlieren, ignorieren sie ihn einfach. Die Wirkung des H19 kennen sie ja bereits. Was habe ich hier noch in meiner Tasche,… hach ich bin so vergesslich.“
Dantes Hände verschwinden wieder in der Sporttasche. Krawatte hat sich vor Schmerz zusammengekauert und liegt in der Fötusstellung auf dem Boden. Sein ganzer Körper bebt und Tränen strömen aus seinen Augen. Verdammt tut mir der Mistkerl leid.
„Wir können ihn doch nicht einfach so… liegen lassen… Kann man den Scheiss nicht abwaschen? Oder irgendwas?“ Meine Stimme ist panischer als gewollt. Dantes linke Augenbraue zieht sich in die Höhe und mit ihr seine Mundwinkel. Das Grinsen kenne ich. Es ist das gleiche dreckige Grinsen, das er immer grinst, wenn er anderen das Leben zur Hölle macht. Er geniesst das. Ganz offensichtlich. Seine Hände buddeln immer noch friedlich in der Tasche, während Krawatte wimmert und anfängt mit seiner zur Faust geballten Hand auf den Boden zu schlagen.
Als ich Anstalten mache aufzustehen, um dem Häufchen Elend an der Wand zu helfen, klopft Dante mit der flachen Hand auf den Tisch und ich zucke zusammen. „Bleiben Sie sitzen, Nathan!“, herrscht er mich an. Kastors bulliges Knurren, das folgt, weil ich nicht auf der Stelle meinen Arsch zurück auf den Stuhl befördert habe, überzeugt mich schlussendlich und ich nehme widerwillig wieder Platz. Verfluchte Arschlöcher.
„Lasst ihn halt verrecken,…“, murmle ich und verschränke meine Arme vor der Brust. Nathalias kalte Hand legt sich auf meine Schulter und verwandelt mein Blut, das gerade noch unter der berührten Stelle zirkuliert hat, in Eiswürfel.
„Es geht ihm bestimmt gut, beruhigen sie sich…“
„Jaja, es geht ihm hervorragend. Leck mich einfach.“, zische ich zurück und ihre Hand verschwindet von meinem Körper und wandert zurück auf Emilys Taille. Emily wirft mir einen vorwurfsvollen Blick zu und plustert ihre Wangen auf. Dann streckt sie mir die Zunge raus und kuschelt sich fester an Nathalia. Ich… Nein.. einfach nein. Ich soll Emily auf dieser Bühne… nein. Mein Schwanz zieht sich nur beim Gedanken daran zusammen und würde am liebsten auf der Stelle abfallen. Adieu Penis,… adieu.
„Nathalia, meine Liebe, würden Sie bitte Emily auf ihr Zimmer bringen, damit ich Nathan die Maschinen zeigen kann?“
„Maschinen?“, wiederhole ich überrascht. Nathalia setzt Emily auf ihre Füsse, steht auf und verschwindet mit dem neben ihr her hüpfenden Mädchen aus dem Raum.
„Maschinen. Eine ganz besondere Maschine. Jester hat sie uns extra zur Verfügung gestellt. Kastor, würdest du bitte unsere Assistenten holen? Nathan, folgen sie mir.“
„Assistenten…“
Dantes Augen fokussieren mich, verziehen sich zu schmalen Schlitzen und als ich immer noch keine Anstalten mache, seinem Befehl Folge zu leisten, seufzt er auf.
„Was für eine bockige Ziege sie doch sind, Nathan.“
Ich starre ihn ausdruckslos an, lehne mich in meinem Stuhl zurück und gähne herzhaft. „Määäh…“
Ein sanftes Lächeln huscht über seine Lippen. „Nun… was wollen sie, Nathan, soll ich vor ihnen auf die Knie gehen und sie anflehen, mir zu folgen? Oder…wollen Sie dass ich meine Lippen um…“
Die Tür neben Dante geht auf und ein Mann mit einer Latex-Sturmhaube über den Kopf, komplett in schwarz gekleidet mit einem Teenager im Schlepptau, erscheint. Zu meiner Überraschung läuft Dantes Gesicht beim Anblick des Kerls rot an und als er die Haare, die ihm halb ins Gesicht hängen, versucht hinter die Ohren zu befördern, kann ich nicht anders und nehme den Neuankömmling genauer unter die Lupe. Er sieht aus,… wie ich, als ich, untervögelt wie ich gewesen bin, alles stehen und liegen gelassen habe und zu Dantes Villa der Qualen gerast bin, um Bibi im Einbrecherkostüm zu beglücken. Selbst seine Statur gleicht meiner. Wer bist du und warum wird der Vampirscherzkeks bei deinem Anblick zu einer Tomate?
Anstelle den Kerl und seinen stummen Anhang zu begrüssen, wandern Dantes Augen auf seine Füsse. „Haaaaaaaaaaallo!!!!“
Der Teenager drängelt sich hinter dem Einbrechertyp hervor und kommt mit grossen Schritten und zum Gruss ausgestreckter Hand auf mich zu.
„Ich bin Lenny! Lenny Langiér. Wir sollen ihnen assistieren! Boah ist das nicht abgefahren!!?? Woah! Cooles Shirt! Wo haben sie das her!? Das sieht richtig heiss aus und ihre Haare! KRASS!!!“
Was zum…Henker… Der Junge angelt nach meiner Hand und schüttelt sie ausgiebig. „Sie haben ja voll die grossen Flossen! Richtig geil! Ey man! Wirklich! Ich freu mich ja sie kennenzulernen!“
„Wie alt bist du?“
„Ich darf nicht über mein Alter reden hier. Yo. Voll verboten. Aber unter uns...“ Er bückt sich zu mir herunter und zwinkert mir zu. „Ich bin noch nicht alt genug, wenn sie verstehen, was ich meine.“
Meine Augenbrauen schiessen ihn die Höhe. „Bist du drauf?“
„Ja voll! Gutes Zeug! Wollen sie auch was?“
Bevor ich etwas erwidern kann, ergreift Dante, der sich offensichtlich auf seinem schüchternen-Mädchen-Moment lösen konnte, das Wort. „Lenny, bitte, sprich bitte nicht weiter. Kastor, ich schätze unsere Assistenten habe ohne Hilfe hergefunden.“
Lennys Augen flitzen zu Dante und dann geht er einen Schritt von mir weg und richtet sich wieder gerade auf. Froh über den gewonnen Abstand, rutsche ich mitsamt Stuhl zurück und zwinge mich ebenfalls dazu aufzustehen. Das kann ja was werden…
„Nathan, das hier ist, wie sie bereits wissen, Lenny. Er wird Emily spielen und das hier…“, er zeigt auf den Sturmmaskentyp „ist… ähh… Mister Schmerz, er schlüpft in ihre Rolle.“
„Voll abgefahren!“, quietscht Lenny und nickt ein paar Mal mit seinem Kopf in die Runde.
„Ich mag den nicht.“
„Das ist verständlich. Es wird nicht lange dauern. Los Nathan, kommen Sie.“
Dante geht voraus und Mister „Schmerz“ folgt ihm, dicht gefolgt von dem aufgedrehten Lenny, nur Kastor bleibt sitzen und kritzelt etwas in sein Notizbuch. Ich setze mich ebenfalls in Bewegung neugierig darauf zu erfahren, wer zur Hölle dieser Mister „Schmerz“ ist. Als ich an Krawatte vorbeilaufe, gehe ich kurz in die Hocke und tippe ihn an der Schulter an. „Es geschieht dir zwar recht, aber ich bring dir nachher was ok? Ich kann dich schliesslich nicht verrecken lassen.“ Obwohl ich das insgeheim gerne würde, für das was du Kathy angetan hast, beende ich den Satz in meinen Gedanken. Krawattes Kopf hebt sich in meine Richtung und seine Lippen formen ein wortloses Danke. Dann kugelt er sich wieder zusammen und ich folge den anderen in den nächsten Raum.
Kaum erblicke ich die „Maschine“ donnert meine Kinnlade auf den Boden und es grenzt an ein Wunder, dass der Boden diesem Aufschlag standhält und der Aufprall kein Loch hinterlässt. „Heilige Maria…Mutter Gottes.“ Dante dreht sich um und zwinkert mir zu. „Bemerkenswert nicht wahr?“
„Das Ding soll ich auf dieser Bühne benutzen?“
„Aber selbstverständlich sollen sie diese bezaubernde Maschine benutzen. Sie Dummerchen. Sie ist extra für ihren grossen Auftritt kreiert worden!
„Du verarschst mich doch…“
„Nathan, sie unterstellen mir widerliche Dinge. Ich würde sie niemals verarschen. Schliesslich sind sie und ich Geschäftspartner. Sie wissen doch, wir beide gegen den Rest der Welt.“
Ich kann nicht anders und rolle meinen Mittelfinger aus, er kontert mit einem koketten Augenaufschlag und zieht die Mundwinkel in die Höhe. „Meine Herren, darf ich vorstellen. Venus.“ Er holt mit seinen Armen aus und während der aufgeregte Lenny und Mister Schmerz die Maschine bewundern, lehnt Dante sich zu mir herüber und flüstert mir leise ins Ohr: „Ist sie nicht hinreissend?“
„Die Maschine ist weiblich?“, frage ich zurück und ziehe die Augenbraue in die Höhe. „Sie können ja nicht so gut mit Männern, also habe ich gedacht, ich bestelle für sie extra eine äusserst feminine Maschine. Sie ist eine richtige Lady.“ Er schmunzelt und knufft mich in die Hüfte. Dante knufft mich in meine Hüfte. Dante…
„ABGEFAHREN!!!!“ Lennys Jauchzen reisst mich aus meiner Dante-knufft-mich-Paralyse und lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf das hässliche Metallgerüst über dem Bett, das mitten im Raum steht. Auf eine abstrakte Art und Weise erinnert die ganze Vorrichtung an ein Himmelbett. An den vier Bettpfosten ist jeweils eine Stange angebracht die gegen die Decke ragen. Die Stangen stemmen eine Art Metallplatte, an der diverse „Spielzeuge“ angebracht sind. Handschellen, Zangen, Peitschen, einige Dinge, die ich noch nie gesehen habe und Saugnäpfe, mit Schläuchen baumeln über dem Bett. Zusätzlich ist an jeder Stange eine metallische Hand- sowie Fussfessel angebracht worden, deren Position man offensichtlich mit Drehknauf verstellen und verschieben kann. Ich will wieder nach Hause… sofort. Angespannt reibe ich mir mit meinen Fingerknöcheln über die Augen, öffne sie zögerlich, erblicke die Maschine und fange wieder an über meine Lider zu reiben. Das muss ein abstrakter Traum sein. Das ist alles nur eine abgedrehte und hässliche Sexfantasie in einem verdammten Albtraum. Gleich wache ich mit einem Bier in der Hand vor meinem Schreibtisch sitzend auf und die Brünette mit der Duschbrause lächelt mich von meinen Computerbildschirm aus an. Ja. Gleich wache ich auf. Jetzt. Oder nein noch nicht. Aber jetzt. Jetzt? Bitte?
„Sie sind ungewöhnlich still, Nathan.“
Ok. Illusion zerstört. Doch kein Traum. Zur Sicherheit kneife ich mir heimlich in die Rippen. Autsch. Scheisse.
„Dieses Ding benutze ich nicht.“
„Und wie sie Venus benutzen werden. Wir wollen schliesslich gewinnen!“
Ich werfe nochmals einen Blick auf „Venus“, schüttle den Kopf und steuere auf die Tür zu. „Nein, ich bin raus. Vergiss es. Niemals.“
Gerade als ich die Klinke herunterdrücken will, kommt mir jemand zuvor. Ich muss nicht hellsehen können, um zu erahnen, wer gleich in der Türspalte steht und mir den Weg versperren wird. Kastor. Wie eine Mauer baut er sich vor mir auf und ballt die Hände vor seinem garantiert granitharten Bauch zur Faust. „Gibt’s ein Problem?“
Ich schlucke und wünsche mir, ich hätte vor ein paar Jahren irgendeinen Kampfsport angefangen. Dann könnte ich diesen Koloss trotz seinem Körpervolumen und seiner Kraft ausknocken und mich an ihm vorbei in die Freiheit schlängeln. Schmerzhaft kommt die Erinnerung an seinen Kinnhacken in mir hoch. Ohne irgendetwas zu erwidern, schlurfe ich zurück zu Dante und gebe Venus widerwillig nochmals eine Chance. „Geht doch. Ich warte hier, bis ihr fertig seid.“
„Kastor! Das ist eine grandiose Idee. Herzlichen Dank.“, flötet Dante und wirft Kastor einen Kussmund zu. Ich verziehe das Gesicht. Kastor brummt lediglich und lehnt sich gegen die Tür.
„Fangen wir an. Bitte. Nathan, ehh… Mister Schmerz wird ihnen nun zeigen, wie sie die Maschine zu benutzen haben. Ich muss leider noch etwas erledigen. Wir sehen uns später. Und Nathan? Versuchen Sie es zu geniessen. Viel Spass!“
„Wie jetzt, du verpisst dich jetzt einfach?“
„Ich bin ein vielbeschäftigter junger Mann.“
Kichernd tänzelt er halb humpelnd halb schlurfend auf Kastor zu, dieser weicht zur Seite und lässt ihn passieren. Kaum ist Dante verschwunden, nimmt Kastor wieder seine Wachhundposition ein. Irgendwie erinnert er mich an Hasso, Dantes widerlich dressierten Pittbull. Wo ist der eigentlich abgeblieben? Abgelöst durch den abgerichteten Popeye-Verschnitt? Fehlt nur noch das Kastor anfängt zu Sabbern und mit dem Schwanz zu…wedeln. Nein Nathan, das stellst du dir jetzt nicht bildlich vor.
„Fangen wir an.“
Die Stimme von Mister Schmerz klingt seltsam. Benutzt er etwa einen Stimmenverzerrer unter der Maske? Lenny zappelt aufgeregt auf der Stelle und schaut zwischen Mister Schmerz und der Maschine hin und her. Mister Schmerz öffnet den Reissverschluss seines Ganzkörperlatexanzugs einen Spalt und zaubert einen Mundknebel hervor. Ziehen wir hier also ganz die Fetischnummer ab oder was? Für einen kurzen Augenblick erhasche ich einen Blick auf seine Haare, die braun und dem Anschein nach lang sind, da sie ihm bis über die Schulter reichen, ehe er den Reissverschluss wieder hochzieht. Er hat lange Haare, wie ich. Eine Statur wie ich. Entweder ist das Zufall oder Dante hat sich für die Nummer hier einen Klon von mir anfertigen lassen. Super, warum übernimmt dann nicht gleich Mister Schmerz meine Rolle und bietet den Zuschauern eine Show, die sie nie vergessen werden?
Ich ziehe die Stirn in Falten und mustere ihn nochmals von Kopf bis Fuss. Wer steckt hinter dieser Maskerade? Warum reagiert Dante auf ihn so… beschämt? Und warum zum Henker hat er so viel Ähnlichkeit mit mir?
Mister Schmerz packt den hibbeligen Lenny an der Schulter und bringt den Mundknebel an. Kaum ist der Knebel an Ort und Stelle hüpft Lenny zielgerade auf das Bett zu und legt sich hin. Ich werfe Mister Schmerz einen skeptischen Blick zu. „Warum genau der Knebel? Emily gibt nicht viele Geräusche von sich…“
„Emily schon, aber Lenny nicht.“
„Ahhh…“
„Ausser du willst, dass er die ganze Zeit ununterbrochen redet.“
„Ehh… nein,… ich glaube der Knebel ist eine… gute Sache.“ Habe ich das gerade wirklich gesagt? Mister Schmerz nickt und begibt sich ebenfalls zum Bett.
„Machst du sowas… ääh.. öfters?“
„Foltern? Gelegentlich.“
„Foltern? Ich… soll Emily foltern?“
„Ein bisschen.“
Ich kratze mir nervös über den Oberarm und starre Lenny an. Ich soll Emily foltern mit dieser Maschine vor einem Publikum bestehend aus dem Abschaum der Menschheit. Nein. Nein. Mister Schmerz mustert mich von oben bis unten.
„Keine Sorge, du wirst nur so tun als ob. Ich zeige dir wie es geht.“
„Aha… Ihr… wird also nichts passieren?“
„Naja, ficken wirst du sie trotzdem. Aber sie wird auf Droge sein, so wie du. Keine grosse Sache. Kein Grund zur Panik.“
„Kein Grund zur Panik. Hah… für dich ist so etwas vielleicht normal. Für mich nicht. Sowas ist krank. Krank und ausserdem auch verboten.“
Er kratzt sich über das maskierte Kinn. „Du bist bleicher als eine Leiche. Wann hast du das letzte Mal etwas gegessen?“
Automatisch meldet sich mein Magen mit einem Knurren, fast so als hätte er nur auf die Frage gewartet. Das Hungergefühl habe ich bisher komplett ausgeblendet. Wow, das ist mir gar nicht aufgefallen. Wahrscheinlich habe ich seit ich hier festsitze ein paar Kilos abgenommen. Weight Watchers ist ein Scheiss gegen diesen grauen Klotz der Qualen.
„Ich kann mich nicht erinnern.“
„Dante soll dir nachher was zu essen bringen, nicht dass du uns noch umkippst.“
„Dante soll mir etwas zu essen bringen? Was soll der Scheiss? Ich bin doch nicht sein gottverdammtes Haustier, dass gefüttert werden muss.“
„Kein Grund mich so anzuschreien. Von mir aus verhungere doch.“
„Ich kann auf mich selbst aufpassen. Okay?“
„Okay.“
Mein Magen knurrt erneut. Warum hat dieser Wichser mich auch daran erinnern müssen, dass ich kurz vor dem verhungern bin? Warte,… das kann doch nicht sein… Niemand reagiert so, nur weil jemand ihn daran erinnert, dass man seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen hat. Niemand. Der Orangensaft, der mir Dante auf den Tisch gestellt hat. Was zum Teufel hat Vampirscherzkeks mit dem Saft angestellt? Hat er mich etwa vergiftet? Ist das die Rache dafür, dass ich behauptet habe, er wäre nicht fähig mich zu…? Das kann doch nicht sein…Ich spüre wie die Wut in mir aufsteigt und merke, wie meine Sicht allmählich anfängt zu verschwimmen. Meine Knie fühlen sich an wie eine Mischung aus Wackelpudding und Toast. Der Speichel läuft mir im Mund zusammen und die Magensäure kündigt sich mit einem brennenden Hallo an. Das Gefühl als würde ich innerlich schmelzen überkommt mich. Was passiert hier,… das kann doch nicht sein, dass ich jetzt kollabiere nur weil der Kerl mich daran erinnert, dass ich seit Ewigkeiten nichts mehr gegessen habe. Dieser verfluchte Orangensaft…
„Ist alles in Ordnung?“
„Ja!“, fauche ich und drücke meine Handflächen gegen meinen Bauch. Verdammt tut das weh…
„Nathan?“
„Es geht schon.“ Ich schnappe nach Luft. Beruhigen. Alles ist gut. Nein ist es nicht. Alles ist gut. Nein verdammt. Ok. Gut. Nun werde ich auch noch schizophren.
„Kastor, die Pillen.“
„Was für Pillen?!“
Im Augenwinkel nehme ich wahr, wie die Tür auf geht, ehe sich der Raum um mich herum wieder anfängt zu drehen. Verdammt, ich kippe gleich um. Nervös suche ich nach irgendetwas, an dem ich mich abstützen könnte und torkle auf die nächstliegende Wand zu. Kurz vor dem Ziel geben meine Beine nach und ich knalle auf die Knie. Oh fuck. Als der Raum anfängt die heftigsten Dancemoves aufs Parkett zu legen schliesse ich meine Augen und versuche langsam ein und auszuatmen. Was nur dazu führt, dass sich die Galle in meinem Hals sammelt und mir speiübel wird.
Etwas berührt mich an der Schulter. Ich reisse die Augen auf und erblicke lediglich eine Silhouette. Ist das Mister Schmerz?
„Schluck die hier.“
„Wa…“ Mitten im Wort stopft mir der Kerl eine Tablette in den Mund, legt seine Hand auf mein Kinn und richtet meinen Kopf auf. Dann hält er mir die Nase zu. Panisch fuchtele ich mit meinen Händen um mich und versuche ihn von mir zu stossen. Vergeblich. Kurz vor dem Ersticken öffne ich meinen Mund und sauge gierig die Luft ein und… schlucke die Pille.
„Es wird gleich besser gehen.“ Er lässt meinen Kopf los.
„Einen Scheiss wird es.“, erwidere ich und stütze mich auf meinen Armen ab.
„Das sind Entzugserscheinungen. Die vertragen sich nicht gut mit einem leeren Magen. Uns bleibt keine andere Wahl, wir müssen das verschieben. Iss was, ruh dich etwas aus und dann treffen wir uns in ein paar Stunden nochmals. Ich werde es Dante ausrichten. Los Lenny, wir gehen.“
„Was später? Entzugserscheinungen? Was…Nein warte.“
„In dem Zustand bist du nicht aufnahmefähig.“
Lenny springt vom Bett auf und wirbelt auf die Tür zu.
„Wir kommen später wieder.“
„ Ich wurde….Orangensaft,..Wer bist du überhaupt?“
„Ein Freund.“
Mit diesen Worten verschwindet er mit Lenny und Kastor aus der Tür. Ich versuche ihnen zu folgen, rutsche mit meinen Knien über den hässlichen Linoleum Boden, aber …bevor ich den Ausgang erreiche wird mir schwarz vor Augen und ich verliere das Bewusstsein.
Als ich wieder zu mir komme, steht ein Teller mit einem Sandwich vor meinen Augen. Ha ha… sehr witzig. Als ob ich nochmal darauf reinfalle. Wahrscheinlich ist dieses Sandwich genauso vergiftet wie der Orangensaft. Nicht mit mir. Erstaunlicherweise geht es mir besser als erwartet. Die Bauchschmerzen sowie die Übelkeit sind verschwunden, was auch immer das für eine Pille gewesen ist, die mir Mr. Schmerz gegeben hat, sie bewirkt Wunder und hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet… Wobei.. was hätte Dante für einen Grund mich umzubringen? Er braucht mich. Ich verstehe es nicht… Dieses Hin und Her ist schlimmer als eine Fahrt im verrückten Teetassenkarussell. Was Dante in mir auslöst ist ein regelrechte Gefühlsachterbahn ohne Sicherheitsvorkehrungen. Wie lange bin ich diesmal Bewusstlos gewesen? Ich suche den Raum nach einer Uhr ab. Ein Fehler. Mein Blick verharrt auf Venus, die in ihrer gesamten Grausamkeit in Zentrum dieses Zimmers thront. Ich zeige mit meiner Finger auf die Ausgeburt der Hölle. „Nicht mir mir! Hörst du?“
Ja, ich führe ein Gespräch mit einer Maschine… gibt es in diesem hässlichen grauen Klotz auch einen Raum voller Seelenklempner? Wenn ja, möchte ich gerne den Rest meines Aufenthaltes dort verbringen und an meinem Daumen lutschen bis er abfällt.
Mühsam richte ich mich auf und bewege mich, Venus keines weiteren Blickes mehr würdigend, auf den Ausgang zu. Zurück im ‚Besprechungszimmer‘ stosse ich direkt auf ein weiteres Opfer.
Am Boden liegend umklammert Krawatte immer noch seinen steinharten Schwanz. Die Schmerzen sind ihm förmlich ins Gesicht geschrieben.
«Alles in Ordnung?»
Er ringt sich zu seinem Lächeln durch und nickt.
«Sieht aber nicht so aus.»
«Das ist nicht das erste Mal, wo ich mir am liebsten meinen Freund in der Hose abschneiden würde. Wenn sie verstehen…Naja gut ich trage gerade keine Hose, aber sie wissen bestimmt wie ich das meine.»
Ich werfe ihm einen skeptischen Blick zu und gehe in die Hocke.
«Nicht das erste Mal? Hat es hier in der Nähe irgendwo ein Bad wo wir das Zeug abwaschen können?»
«Das nächste Bad ist 10 Minuten entfernt und nehmen sie es mir nicht übel, aber ein bisschen Stolz ist mir geblieben, ich würde ungern nackt mit erigiertem Glied durch diese Flure laufen und…»
«Und ich dachte das wäre hier normal.», unterbreche ich ihn und Krawatte lacht kurz auf. «Ausserdem ist Wasser nicht unbedingt die beste Lösung für das Problem, eher Quark oder Joghurt… ist Dantes Sporttasche noch hier?»
Ich sehe mich kurz im Raum um. So wie es scheint hat der «vielbeschäftige junge Mann» die Sporttasche mitgenommen. «Nein. Sie ist nicht mehr da.» Krawattes Lippen verziehen sich zu einem schmalen Strich und als ihn offensichtlich eine weitere Schmerzwelle erfasst, stöhnt er qualvoll auf. Seine Nägel bohren sich in sein…. Ich wende den Blick ab und ziehe scharf die Luft ein. Verdammt ich will mir gar nicht vorstellen, wie sich das anfühlen muss. Plötzlich legt sich Krawattes Hand auf meine Schulter und ich zwinge mich, ihn wiederanzusehen. Seine tränenfeuchten Augen fokussieren mich. «Darf ich sie bitten mir aufzuhelfen? Ich liege ungünstig…» Erst jetzt fällt mir auf, dass Krawatte inmitten von Scherben liegt und sich ein paar davon in seine Haut bohren. Ich schlinge meine Arme unter seiner Achsel durch und richte mich langsam, sein Gewicht stemmend, mit ihm auf. Als er auf seinen Füssen zum Stehen kommt, führe ich ihn zu dem nächstbesten Stuhl und helfe ihm sich hinzusetzen. «Ich danke ihnen…» Er seufzt auf und lässt die Schultern fallen. Dann fängt er an die Scherben, sie in seiner Haut stecken mit zittrigen Finger aus seinem Fleisch zu ziehen.
Ja, er tut mir leid. Er hat seine Tochter auf dem Gewissen und er hat das alles hier verdient, aber verdammt,… würde ich sowas gutheissen, wäre ich keinen Dreck besser als alle hier. «Sie haben nicht zufällig ein Messer dabei?» Er schenkt mir ein träges Lächeln und widmet sich, keine Antwort von mir erwartend, wieder seinem Problem. Dieses steht immer noch wie eine Eins, eine äusserst entzündete Eins. «Wie meintest du das vorhin,… du wolltest ihn dir schon einmal abschneiden?», hake ich nach. Wieder ein Lächeln.
«Es erstaunt mich, dass sie fragen. Sie haben mir geholfen, also denke ich, ich bin ihnen eine ehrliche Antwort schuldig. Wo fange ich da nur an… wissen sie, ich war nicht immer so wie ich jetzt bin. Denke ich jedenfalls. Es fing alles so harmlos an. Viktor und ich, wir waren als Kinder in einer Gang, hehe… Wir nannten uns damals die wilden Hunde und kauften uns von unserem Taschengeld Hundehalsbänder, Viktor ein rotes und ich ein blaues. Ganz harmlos,…» Er wirft mir einen zögerlichen Blick zu, dann fährt er fort: «Wir haben unseren Nachbarn ein paar Streiche gespielt, so wie es Kinder halt tun, richtige Rabauken halt. Unsere Eltern fanden das nicht gut und schickten Viktor, mich, seinen Bruder Jester und meine Schwester Sandra in den Sommerferien zu meinem Onkel Hans. Er war Leiter eines Camp für schwer erziehbare Kinder,… sie wollten uns damit etwas Gutes tun,..»
«Momentmal…», unterbreche ich ihn und packe ihn an der Schulter. «Viktor hat einen Bruder und du eine Schwester und ihr wart alle zusammen in einem Camp für schwererziehbare Kinder? Scheint ja nicht viel gebracht zu haben.» Kaum habe ich die Worte ausgesprochen, bereue ich, meinen Mund überhaupt aufgerissen zu haben. Krawattes Gesicht läuft rot an und ein Schwall aus Tränen strömt aus seinen Augen. Vom Mitleid gepackt, zwinge ich meine Hand zu einem sanften Schultertätscheln in der Hoffnung, die redselige Krawatte zu trösten und zum Weitersprechen zu motivieren. Nathan, keine Wichser beleidigen, wenn sie gerade dabei sind endlich auszupacken, mahne ich mich selbst. «Sorry, ist so ein Reflex. Immer wenn ich zu viel Zeit mit Dante verbringe, werde ich zu… eh egal. Was ist in dem Camp passiert?», frage ich, reisse ein Stück Stoff aus meinem Shirt und reiche es ihm. Mit einem Schluchzen greift er nach dem Stück Stoff und trocknet sich damit das Gesicht. Dann wandert der Stofffetzen zwischen seine Beine und ich schaue Krawatte zu, wie er versucht mit dem kleinen Stück seine leuchtend rote Rakete zu bedecken. Natürlich ohne Erfolg. Meine Augen suchen abermals den Raum ab. Von Krawattes Klamotten fehlt jede Spur. Hat Dante wohl mitgenommen. Der kleine Frechdachs. Scheint wohl Teil seines diabolischen Plans gewesen zu sein, die Krawatte nackt mit Ständer durch die Flure dieses Komplexes schlurfen zu lassen. Gebrochene Männer zur Show zu stellen ist wohl sein Ding. Genervt entledige ich mich meines Oberteils und halte es ihm hin. Seine Augen bleiben für einen kurzen Moment auf meinem nackten Oberkörper kleben ehe er das Shirt dankbar an sich nimmt und damit seine Misere bedeckt. Ein leiser Seufzer seinerseits. «Viel ist in dem Camp passiert, Nathan. Ich kann ihnen vertrauen oder? Sie behalten das für sich? Dante darf niemals erfahren, was ich ihnen erzähle. Apropos Dante, wie stehen sie eigentlich zu einander? Haben sie… ein Verhältnis? Entschuldigen sie die Frage, aber ich… sie wirken sehr angetan voneinander.» Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke. Wie bitte? Hat er mich gerade ernsthaft gefragt, ob ich was mit dem Giftzwerg am Laufen habe? «Ich und Dante? Ich und DANTE? Niemals. Hahaha… nein, das ist absurd. Wir sind nur… wie nennt er das? Geschäftspartner mit dem gleichen Ziel. Denke ich.» Den Teil, dass ich gar keine andere Wahl habe und er mich aufs Kreuz gelegt hat, verschweige ich. Besser die geschwätzige Krawatte weiss so wenig wie möglich. Da er wohl der beste Freund von Viktor ist, stellt er ein potenzielles Risiko dar und die Sache mit Kathy habe ich vermasselt. Ich werde nicht nochmal etwas vermasseln. Auf eigene Faust handeln in diesem grauen Klotz hat sich bisher nicht bewährt. Wie um Himmels Willen kommt Krawatte überhaupt auf die Idee ich hätte etwas mit… Ich muss den Lachanfall, der mich zu überwältigen droht, unterdrücken. Verdammt. Ich und Dante ein Paar. Zum Henker. Niemals.
«Oh,… und die andere Frage?»
«Was und die andere Frage?»
Seine Nasenflügel blähen sich auf und der Mann vor mir fängt an zu kichern.
«Behalten Sie das, was ich Ihnen erzähle für sich, Nathan?»
«Was ist daran so lustig? Ja, ich behalte es für mich.»
«Nichts. Nichts… Ihre Reaktion hat mich nur… etwas überrascht. Verstehen sie. Selbst wenn sie und Dante,… ein Verhältnis..»
«Nein.», unterbreche ich ihn schroff und ernte prompt einen amüsierten Gesichtsausdruck. Am liebsten hätte ich meinen Fuss in seinen Weichteilen versenkt, aber ich reisse mich zusammen, gehe neben ihm in die Hocke und schaue ihm direkt in die immer noch feuchten Augen. «Was ist in dem Camp passiert?», frage ich mit Nachdruck, um das Gespräch wieder zur Ursprungspunkt zurück zu lenken. Beim Wort «Camp» zuckt Krawatte zusammen und fängt sofort wieder an zu schniefen. «Das Camp…wo bin ich stehen geblieben?»
«Sie, ihre Schwester, Viktor und sein Bruder wurden ins Camp geschickt. Was ist dort passiert?» Angespannt zupft er auf meinem Oberteil auf seinen Schenkel rum und weicht meinem Blick aus. «Das Camp war auf einem Hof, weit abgelegen von der Stadt auf einem Berg. Anfangs waren wir dort mit anderen Kindern, wir waren ungefähr 10 bis 20 Kinder aufgeteilt auf drei Betreuer. Wir hatten wie in der Schule Unterrichtsstunden und zusätzlich hatte jeder auf dem Hof, eine Aufgabe. Ich war zuständig für die Kaninchen und Viktor ging mit ein paar anderen Kindern aufs Feld, Acker pflügen und solche Dinge. Tagsüber wurden wir natürlich streng überwacht und Viktor und ich, wir waren in getrennten Gruppen, damit wir keinen Unfug machen konnten. Sandra und Jester waren in meiner Gruppe, Viktor allein unter anderen Kindern. Aber das war für ihn kein Problem, er hatte keine Schwierigkeiten Freunde zu finden und konnte sich schnell behaupten. Sein Bruder Jester hingegen hatte es schwerer aufgrund seiner dunkleren Hautfarbe. Die Kinder waren grausam zu ihm und die Betreuer liessen es zu. Würde den Charakter stählern. Sandra und ich, wir hatten schon immer ein sehr inniges Verhältnis zu einander, wie Zwillinge, obwohl Sandra ganze vier Jahre älter war als ich. Wir sassen im Unterricht nebeneinander und verbrachten auch die Pausen zusammen. Lediglich abends und für die Sonderaufgaben waren wir getrennt. Sie war mit einem anderen Mädchen zusammen zuständig für die Hühner auf dem Hof. Abends hatten wir Kinder immer ein paar Stunden Freizeit. Ich kapselte mich von Sandra ab und Viktor und ich hingen zusammen auf dem Dach der Scheune ab und schmiedeten Wilde-Hunde-Pläne. Hahaha Viktor nannte all unsere Streiche einen wilde-Hunde-Plan. Wir fanden das Camp natürlich unheimlich doof und wollten rebellieren. Sie müssen wissen Nathan, Viktor war damals erst 10 Jahre alt und ich selbst erst 9. Viele Flausen im Kopf und keine Ahnung vom Ernst des Lebens.»
«Gehörten Jester und Sandra auch zu der Gang?», unterbreche ich ihn. Ein Lächeln schmiegt sich um seine Lippen.
«Nein, Jester war ein Nesthäckchen, damals erst 6 Jahre alt und Sandra eine Musterschülerin, sie hielt nichts von unseren kleinen Spässen.»
«Verstehe. Also bestand die Gang nur aus dir und Viktor?»
«Zu dem Zeitpunkt ja, später kamen Marie und Josephine dazu. Viktors damalige Frau und meine.» Das Lächeln verschwindet aus seinem Gesicht und er legt die Stirn in Falten. «Jedenfalls schlug Viktor eines Abends vor, ein Hühnerwettrennen zu machen. Ich klaute also den Schlüssel zum Stall von meiner Schwester und als alle schliefen schlichen wir uns auf den Hof und brachen in den Hühnerstall ein. Jeder von uns fing ein Huhn, zu unserem Glück war der Stall weit von den Schlafsälen entfernt und keiner hörte den Krach, den die Hühner veranstalteten, als wir auf sie losgingen. Als jeder ein Huhn hatte, schlichen wir in die Heukammer. Dort sperrten wir die Hühner in einen Käfig und formten aus Heu eine Rennbahn. Total stolz liessen wir die Hühner dann gegeneinander antreten. Mein Huhn war schneller am Ziel als Viktors und da er ein schlechter Verlierer war, wollte er eine Revanche. Also fingen wir die Hühner wieder ein und starteten eine neue Runde. Kurz bevor wir sie wieder rennen liessen, holte Viktor ein bisschen Brennsprit und kramte sein Feuerzeug aus seiner Hose heraus. Dann zündete er die Schwanzfedern seines Huhns an…. Damit es schneller rennt. Ich werde nie vergessen, wie das Huhn geschrien hat… dieses erbärmliche Krächzen… Das Huhn rannte um sein Leben und da die Laufbahn aus Heu bestand und überall um uns herum Heu war, brannte es bald in der ganzen Heukammer. Viktor und ich bekamen Panik und liefen so schnell wie wir konnten zurück zu den Schlafsälen. Es dauerte nicht lange, bis die Betreuer bemerkten, dass es brannte. Die Feuerwehr kam, aber das Feuer frass sich so schnell durch die Kammer und erreichte bereits einige Ställe. Wir hatten Glück im Unglück. Die Campleitung ging zwar davon aus, dass jemand das Feuer gelegt hatte, sie fanden nie heraus, dass wir die Übeltäter waren.»
«Das ist schäbig. Das ist richtig schäbig.», knurre ich und hätte ihm am liebsten den Hals umgedreht. Viktor und er sind also schon immer Arschlöcher gewesen. Warum zum Henker wundert mich das nicht?
«Das arme Tier… ihr hättet alle umbringen können mit dieser Aktion!»
Krawatte lässt die Schultern fallen und drückt den Fetzen meines Shirts wieder gegen sein Gesicht. «Das ist mir bewusst. Es tut mir auch leid.. Aber wir waren Kinder, Nathan…» Die Reue in seiner Stimme lässt mich für eine Sekunde innehalten.
«Ich weiss,.… aber ich hab so eine Scheisse nicht abgezogen. Was ist danach passiert? Ich meine, deswegen wolltest du dir wohl kaum dein…. Ding absäbeln oder?» Ein Schluchzen gefolgt von einem lauten Seufzer.
«Als das Feuer gelöscht war, mussten die Betreuer die anderen Kinder nach Hause schicken. Da unsere Familien in Hawaii Urlaub machten, konnten wir unmöglich zurück zu unseren Eltern. Also brachten uns die Betreuer zu meinem Onkel. Sein Haus war nur wenige Kilometer vom Camp entfernt. Ihm gehörte zwar das Camp, aber da er nach einem schweren Skiunfall an einen Rollstuhl gebunden war, konnte er das Camp nicht mehr alleine betreuen. Mein Onkel war ein alter verbitterter Mann. Er lebte einsam, nur sein Schäferhund Hasso war stets an seiner Seite.»
«Hasso? Heisst nicht Dantes Pitbull Hasso?»
«Das ist Viktors Hund. Er hat ihn nach dem Hund meines Onkels benannt.»
«Okay?... Und wie geht’s weiter?»
«Viktor, Jester, Sandra und ich kamen an und waren natürlich nicht begeistert. Das Haus war alt, mein Onkel war alt und sein Hund Hasso war kein lieber Hund. Er gehorchte meinem Onkel aufs Wort aber aus irgendeinem Grund konnte er Kinder nicht ausstehen und knurrte uns, sobald wir in seine Nähe kamen, an. Gleich bei unserer Ankunft teilte Onkel Hans uns Aufgaben zu. Sandra war für die Küche und den Haushalt zuständig, Viktor und ich fürs Holzhacken und Jester….» Abrupt bahnt sich ein weiterer Schwall aus Tränen seinen Weg über Krawattes Wange. Als er den Stofffetzen wieder gegen sein Gesicht drückt, fällt mir auf, wie sehr seine Finger zittern. Zögerlich lege ich eine Hand auf seine Schulter. Was zum Teufel ist so schreckliches in diesem Haus passiert…
«Jester war für meinen Onkel zuständig.», fährt Jim stockend fort und schluchzt wieder in den Stofffetzen. «Wie meinst du das, für deinen Onkel zuständig?»
«Er behandelte ihn wie einen Sklaven. Jester musste ihn in seinen Rollstuhl überall hinfahren.»
«Und das habt ihr euch einfach so gefallen lassen? Ich meine, Erziehung wäre sicher angebracht gewesen, aber das… ist ja schon eine Spur zu hart.»
Krawatte sieht von seinem Stofffetzen auf und starrt mir direkt in die Augen. Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit.
«Kaum waren die Betreuer weg, schickte Hans Viktor und mich Holzhacken. Viktor dachte nicht einmal daran, einem Mann in einem Rollstuhl zu gehorchen. Er nahm meinen Onkel nicht ernst und lehnte sich gegen ihn auf, streckte ihm die Zunge raus und beleidigte ihn. Wir alle kicherten. Fanden es ungeheuerlich lustig. Aber wir wurden schnell eines Besseren belehrt. Um uns zu demonstrieren, was passiert, wenn man nicht gehorcht, pfiff mein Onkel Hasso herbei und…. Wenige Sekunden später waren die Zähne des Hundes in Viktors Schenkel...»
«Was zur Hölle…. Ist das dein Ernst???» Krawatte nickt schwach, ehe er fortfährt.
«Hans liebte es uns bei unseren Aufgaben genauestens zu beobachten und gab immer seinen Senf dazu ab, wenn wir etwas seiner Meinung nach falsch machten. Murrten wir, hetzte er Hasso auf uns. Also wurden wir automatisch zu den gehorsamsten Kindern. Hans Wort war Gesetz.»
«Warum habt ihr nicht eure Eltern angerufen?»
«Hans besass kein Telefon, das nächste Telefon war beim Camp und dafür mussten wir unbemerkt mehrere Kilometer zurücklegen, um es zu benutzen und Hasso bewachte das Gelände strenger als ein Wachmann in einem Hochsicherheitsgefängnis. Jedenfalls kam es uns damals so vor.»
«Okay… ich bin… sprachlos.»
«Verzeihen sie mir, dass ich ihre Ohren wund rede…»
«Ich habe gefragt,… ich habe mit allem gerechnet aber nicht damit.»
«Sie haben nur gefragt, wieso ich mir meinen… Freund in der Hose abschneiden wollte und ich foltere sie mit Geschichten aus meiner Jugend.»
«Dieser graue Klotz hier ist doch fürs Foltern da.» Krawatte kichert und stimmt mir nickend zu. «Aber hey, warum wolltest du dir dein Ding abschneiden?» Automatisch legt sich wieder ein Schatten über sein Gesicht.