Deepweb Babygirl - 1 (2016)
Vor einem Monat hat mich meine, mittlerweile nicht mehr ganz so geliebte, Frau Letizia verlassen. Durchgebrannt mit meinem, nicht-ganz-so-attraktiven, Ex-besten-Kumpel Ralf. Mit dem ich sonst um diese Uhrzeit Bier trinke und Fußball schaue. In dieser düsteren Zeit, ohne Frau und Kumpel, habe ich mich mit Jasmin, meiner selbstgebauten Taschenmuschi, angefreundet. Ach was heißt angefreundet, wir führen eine leidenschaftliche und innige Beziehung. Jedenfalls haben wir das noch vor einer Stunde getan.
Ich nippe gelangweilt an meinem Bier. Mein Blick schweift über meinen Schreibtisch und bleibt an Jasmin hängen. Ausgeleiert, missbraucht und mit einem großen Loch im Gummihandschuh liegt sie da, dreht beleidigt ihre Öffnung von mir weg und gibt mir das Gefühl, es mal wieder maßlos übertrieben zu haben. Böser Nathan, fickt seine Taschenmuschi ins Delirium.
Knallhart wird mir wieder bewusst, was für ein erbärmlicher Kerl ich doch bin. Samstagabend, allein, verlassen und ersetzt durch Ralf. „Ralf…“ seufze ich. Warum Ralf, hätte sie mich nicht für einen Kerl mit einem weniger peinlicheren und maskulineren Namen verlassen können? Sowas wie.. ich überlege und komme zu dem Schluss, dass selbst ein Ben, ein Eros oder ein Pascal mein Ego nicht minder geschadet hätten. „Jasmin…“ stöhne ich und tippe sie mit meinem Zeigefinger an „sei mir nicht böse“ Das Geräusch, dass sie von sich gibt, turnt mich so sehr ab, dass ich energisch anfange Google nach Dating Portalen abzusuchen, unter dem Motto eine neue Frau muss her, und lande schließlich auf der Seite www.neu.de. Ohne langes hin und her, drücke ich auf Registrieren und fange an ein Dating Profil zu kreieren. Laut und ein bisschen stolz verkünde ich Jasmin meine Profilbeschreibung: „NathanKing79, ein charmanter, nicht-Rauchender, aufgestellter Mann, Mitte 30, sucht aufgeschlossene abenteuerliche Frau.“ Für den ersten Versuch gar nicht so schlecht. Da eine Reaktion von Jasmin ausblieb, nicke ich der Lavalampe neben mir zu, die ich gerade in diesem Moment zu meinem neuen besten Freund erkoren habe.
Interessiert klicke ich mich durch die Profile der Frauen und stelle fest, dass sich hier 5 verschiedene Frauentypen tummeln. Die ewig Pubertierende stiehlt der Geldgeilen die Show, während die Noch-Verzweifeltere-als-Nathan in der Ecke sitzt und die Vergebene beneidet, die mit der Katzenlady eine Shoppingtour in die Malediven plant. Kurz und Knackig - Das Grauen ist auf dieser Seite zuhause. Die Auswahl an würde-ich-niemals-ficken-wäre-ich-nicht-in-dieser-misslichen-Lage-Frauen war überragend. Enttäuscht klicke ich auf das große Bordell-rote-X, öffne ein neues Fenster, schiebe den Aschenbecher zur Seite, gehe auf Pornhub und lehne mich auf meinem Sessel zurück. Hallo Ladys, hier ist Nathan.
Mit malträtierten Schwanz und wunden Fingern lege ich mich nackt ins Bett und tippe auf meinem Smartphone rum. Vor dem Schlafen gehen nochmals kurz meine Ex stalken, Nachrichten lesen und Mails checken. Zu meinem Erstaunen habe ich eine neue Mail von neu.de erhalten. In dicken fetten Buchstaben steht im Betreff: „Bibi1348 hat Ihnen eine Nachricht geschickt.“ Neugierig verschlingen meine Augen Bibis Zeilen. Jack-fuckin-Pot, Baby.Bibi und ich treffen uns heute. Innerhalb weniger Stunden wurde Bibi zu der interessantesten und aufregendsten Frau, die ich jemals online gedatet habe. Selbst wenn sie aktuell die Einzige ist, die ich online date. Diese Frau ist eine rollenspiel-liebende-direkt-auf-den-Punkt-kommende-Erotikbombe, bei der meine Eier explodieren. Versauter als jeder Porno und schärfer als das Chili Con Carne vom Mexikaner gegenüber.Komplett eingehüllt in schwarzen, engen Klamotten steige ich in mein Auto und lege die ebenfalls schwarze Sturmmaske neben mir auf den Beifahrersitz. Bibi will von einem Einbrecher überwältigt und gefickt werden? Kann sie haben. Mein williger Schwanz drückt ungeduldig gegen den Reißverschluss meiner Hose und das Sackmesser in meinen Stiefeln ist bereit jederzeit zum Einsatz zu kommen. Grinsend gebe ich Bibis Adresse in mein Navi ein und fahre los.
Die zwei Stunden Fahrt vergehen wie im Flug und als ich vor Bibis Haustüre stehe, gehe ich nochmals den Inhalt unseres Mailverlaufs auf meinem Handy durch.‚Der Schlüssel befindet sich unter der Haustürmatte, benutze ihn und breche so in mein Haus ein‘. Ich gehe in die Hocke und spähe unter den Teppich. Tatsächlich. Ein kleiner pinkfarbener Schlüssel ist bereitgelegt für mich. Und zwar nur für mich. Ich hebe ihn auf und drücke das kalte Metall an meine Lippen. Ein Stoßgebet zu Gott. Lass es kein Traum oder eine Verarsche sein alter Freund. Die Tür geht knarrend auf und ich stehe vor einer großen weißen Wendeltreppe. ‚Gehe die Treppen hoch, das dritte Zimmer links ist meins‘. Leise schleiche ich die Treppen hinauf und ziehe mir die Sturmmaske über den Kopf. Oben angekommen stehe ich vor 5 Türen, drehe mich nach links und öffne vorsichtig die dritte Tür. Im Innern des Raumes ist es dunkel. Nichts ist zu erkennen. ‚Schließe die Tür hinter dir zu und mach das Licht an. Danach darfst du mit mir anstellen, was du willst. Überrasch mich Süßer‘. Ich kneife die Augen zusammen und hole nochmals tief Luft. Nathan, gleich wirst du den besten und aufregendsten Sex deines Lebens haben.
Das Licht geht an und meine Augen erblicken Bibi auf dem Bett liegend, nackt und bereit für mich. Bibis linkes Handgelenk ist mit Handschellen am Bettgestell festgemacht. Ihr Gesicht wird verdeckt von einer Katzenmaske und nur ihre vollen Lippen sind zu erkennen. Oh ja Baby, sei mein Kätzchen. Prompt strömt Blut in meinen Schwanz und er richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Ich gehe einen Schritt auf das Bett zu und stolpere beinahe über ein weiteres paar Handschellen. Das willst du also? Ungezogenes Kätzchen. Dich werde ich zähmen. Ich lasse die Handschellen um meinen Finger kreisen und während ich mich weiter dem Bett nähere, verschlingen meine Augen Bibis kleine Brüste. Beim Anblick ihrer rosafarbenen harten Brustwarzen, lecke ich mir genüsslich über die Lippen. „Böses, gieriges Kätzchen,…“, stöhne ich, ihr Kopf dreht sich zu mir und sie wimmert. Beim Klang ihrer mädchenhaften Stimme pumpen meine Arterien noch mehr Blut in meinen ohnehin schon pulsierenden Schwanz. Ich packe Ihren noch freien Arm, drücke Ihr Handgelenk gegen das Gestell und lasse die Handschellen zuschnappen. Mein Gesicht ist direkt neben ihrem und die Tasthaare ihrer Maske piksen in meine Wange „Jetzt bist du mir ausgeliefert“, schnurre ich leise in ihr Ohr. Mit der flachen Hand schlage ich ihr auf die Außenseite ihrer Brust und entlocke ihr einen schrillen Schrei. Die dünne Haut färbt sich rot und Bibi keucht. “Das, mein Kätzchen, ist Schmerz und erst der Anfang unserer gemeinsamen Nacht“
Ich stütze mein rechtes Bein neben Bibi auf dem Bett ab und öffne den Reißverschluss meiner Hose, umfasse meinen Schwanz und haue ihn gegen die bereits rote Stelle an Bibis Brust. Ihr Schrei ist wie Pfeffer und Hitze steigt in mein Gesicht. Die Spitze von meinem Schwanz ist nass und bei jedem Schlag tropft mein Saft über ihre Nippel. Ich ziehe meine Hose über meinen Arsch und steige zu ihr aufs Bett. Meine Finger fischen das Sackmesser aus meinen Stiefeln und ich halte ihr die kühle Klinge gegen ihren schlanken Hals. „Ich werde dich ficken, hart und erbarmungslos“ Ich setze meine Worte in die Tat um, drücke ihre Oberschenkel auseinander und ramme mein Glied in ihre enge Spalte. Sie keucht und wimmert unter mir, versucht mich abzuschütteln und schlägt mit ihren Beinen aus, was mich anspornt, sie noch härter zu ficken. Ihre Tritte gegen meine Lende machen mich zum Tier und das Sackmesser ritzt ihre Haut bei jedem Stoß weiter auf. „Gleich werde ich abspritzen Baby“, brülle ich und während sie unter mir zappelt und kämpft, komme ich zum Orgasmus. Völlig erschöpft lasse ich mich auf ihren Körper fallen, erdrücke sie beinahe mit meinem Gewicht. Ich schließe die Augen und seufze befriedigt. „Baby das war so geil, richtig authentisch“, kichere ich.
Plötzlich geht das Licht aus und ein Klatschen hallt durch das Zimmer. Hastig richte ich mich auf und blicke zur Tür. Ein Mann mit Hut lehnt am Türrahmen, zieht an einer Zigarette und grinst mich an. Das Licht im Flur umspielt seine Silhouette. „Grandiose Vorstellung; phänomenal“
Reflexartig springe ich aus dem Bett und ziehe meine Hose hoch. Was zur Hölle…Ich starre den Mann sprachlos an. „Oh, ich habe vergessen mich vorzustellen, wie unhöflich von mir. Ich bin Dante und die nette Dame auf dem Bett ist meine minderjährige Schwester Emily. Dort oben“, er zeigt mit seiner Zigarette in die linke Hälfte des Raumes „ist eine Kamera. Herzlichen Glückwunsch, Sie und Emily sind die Stars meines ersten Deep-Web-Pornostreifens! Wenn Sie nicht wollen, dass ich dieses nette Filmchen ins Internet stelle, und glauben Sie mir, das wollen Sie nicht. Schulden Sie mir unheimlich viel Geld.“ Er zieht sich den Hut vom Kopf und vollzieht einen schwungvollen Knicks. Ungläubig lache ich laut auf. „Dante? Was soll das? Twilight war gestern. Verarsch mich nicht.“ Das Licht geht an und aus dem Mann wird ein Teenager mit schwarzen kurzen Haaren und Sommersprossen im Gesicht. „Das, mein Freund, ist mein voller Ernst“ Wütend schaue ich zwischen der misshandelten Emily und dem Vampirverschnitt hin und her, in was für einem Zirkus hin ich hier gelandet?
Ich stürme auf Dante zu und packe ihn am Hemd, bereit ihm die Fresse mit meiner Faust zu polieren. Er grinst. „Wollen Sie mich wirklich verprügeln? Los zeigen Sie der Kamera was für ein harter Kerl Sie sind. Ach, ich Dummerchen, das haben Sie ja bereits. Die Bullen lieben Kinderficker. Das wird Spektakel für die Öffentlichkeit. Der zur Hilfe eilende Bruder wird vom Vergewaltiger seiner armen hilflosen Schwester windelweich geprügelt. Sie und ich, wir werden berühmt. Aber ich will ehrlich zu Ihnen sein. Meine Kollegen sitzen im Raum gegenüber, schneiden das Material bereits zu und stellen es auf meinen Pfiff ins Internet. Ihre Finger zucken bereits vor Freude den Upload-Button zu drücken“ Meine Hände schlingen sich eng um die Kehle des Vampirverschnitts und drücken zu. Er schnappt nach Luft aber seine Coolness fängt selbst dann nicht an zu bröckeln. Kokett blinzelt er mir zu und Wut durchströmt meinen ganzen Körper und lässt das Blut in meinen Wangen brodeln.Widerwillig lasse ich ihn los und zwinge mich, nicht auf der Stelle zu explodieren und das ganze Zimmer auseinander zu nehmen. „Warum machst du das? Was soll das?“ schreie ich ihn an. Vlad Junior streicht sich das Hemd glatt, „Das habe ich Ihnen bereits erzählt, ich bin unglaublich scharf auf das Innere Ihrer Geldbörse und so wie es aussieht, benötige ich wohl jetzt dringend ein neues Hemd, habe ich Ihnen schon erzählt wie sehr ich Satin liebe?“ Sein Blick fällt auf sein zerknittertes Oberteil.
Ich kratze mir über den Kopf und stelle fest, dass die Sturmmaske immer noch mein Gesicht verbirgt, ebenso wird Emilys Gesicht von einer Katzenmaske verdeckt. „Tja, Dracula, sieht wohl so aus als hätte dein diabolischer Plan einen Haken. Auf dem Video ist weder mein Gesicht noch das deiner Schwester zu erkennen.“ Meine Wut und meine Verzweiflung weichen einem hysterischen Lachanfall. „Welcher Bastard tut sowas seiner eigenen Schwester überhaupt an?“ Er klopft mir auf die Schultern, nickt und schmunzelt. „Sie haben Power, das gefällt mir! Stiefschwester, so nebenbei, außerdem ist sie geistig behindert und zusätzlich kann sie auch nicht sprechen, wer weiß, wie viel sie von der ganzen, nennen wir es mal ganz prüde Rammelei, mitbekommen hat. Das ideale Opfer. Sie sind doch ohne Sturmmaske gekommen, erinnern Sie sich? Sie haben keine Ahnung, was diese wunderschönen Kameras alles aufgezeichnet haben!“ Seine Hand macht eine ausschweifende Bewegung und legt sich um meine Schulter. Ich zucke automatisch zusammen und schiebe ihn grob von mir weg. „Nathan, richtig? So heißen Sie doch?“ Ich schlucke, woher kennt er meinen Namen?
„Natürlich heißen Sie Nathan! Das Internet hat mir so einiges über Sie preisgegeben. Mein Beileid wegen der Trennung von Ihrer geliebten Frau Letizia!“ Seine Stimme trieft vor Sarkasmus und gespielter Heuchelei. Bei der Erwähnung meiner Exfrau zuckt meine Faust, wie gerne würde ich diesem Wichser eine reinhauen. „Komm zum Punkt, Arschloch“ „Oh, gleich so ausfallend?“, er schnappt theatralisch nach Luft und zeigt mit dem Mittelfinger auf seine Brust. „Sie haben Recht. Ich Schlingel spanne Sie viel zu sehr auf die Folter. Verzeihen Sie, selbstverständlich präsentiere ich Ihnen nun wie jeder gute Bösewicht meinen wie Sie bereits sagten diabolischen Plan.“
Seine Hand wandert in seine Hosentasche und anstelle des von mir erwarteten Revolvers zückt er ein Bonbon aus der Tasche, schiebt es sich in den Mund und kichert. „Ich bekomme immer einen trockenen Hals, wenn ich aufgeregt bin“, er zwinkert mir zu und fährt fort: „ Kennen Sie das Deepweb? Wahrscheinlich nicht. Sie leben hinter dem Mond. Aber Sie müssen das Deepweb auch nicht kennen. Dort werde ich nämlich unser kleines Rape-Video veröffentlichen. Keine Angst, dort findet es niemand, außer noch größere Wichser als wir beide es sind. Vertrauen Sie mir, keine Polizei, keine Exfrau, kein Arbeitskollege“ wieder ein Zwinkern „Diese Deepweb-Wichsergemeinschaft bessert mein Konto auf. Aber da mein College finanziert werden muss und der Porsche auch nicht umsonst ist, brauche ich selbstverständlich von Ihnen auch noch ein paar, sagen wir, ein paar tausend Euro als Schweigegeld? Schließlich haben Sie meine wehrlose Schwester vergewaltigt“ Ich knurre und meine Nägel pressen sich in meinen Handballen. Er beobachtet mich amüsiert und fischt in mit der rechten Hand aus seiner anderen Hosentasche ein Kärtchen heraus und steckt es mir zwischen die Lippen. Kurz davor es auf der Stelle zu zerreißen, mahne ich mich ruhig zu bleiben, atme laut ein und wieder aus und nehme das Kärtchen aus meinem Mund. „DANTE INVESTIGATIONS, WIR LIEBEN ARSCHLÖCHER! Tel 001-500-698“ steht in roten Großbuchstaben auf schwarzem Hintergrund.
„Hübsch, nicht?“ Sein Kichern löst in mir Brechreiz aus und bevor mein Frühstück auf seinem lächerlich engen Hemd landet, schlucke ich dreimal. „Von wie viel tausend Euro reden wir?“ Mein Blick wandert kurz zu Emily, die sich im Bett windet. „Mach mal das arme Mädchen los! Du emotionsloser Bastard“ „Emily? Keine Sorge, meine Kollegen werden sie nachher wieder sauber machen. Wie wäre es mit 100‘000?“ Automatisch schlingen sich meine Hände wieder um den Hals des Möchtegernvampirs. „Bist du wahnsinnig!?“, brülle ich wutentbrannt und schüttle ihn. Er keucht lediglich und zwinkert mir während er um Atem ringt zu. Als die Kameras im Raum sich anfangen zu bewegen und jede Linse sich auf mich und Dante richtet, lasse ich wieder von ihm ab. „Wir sind im Geschäft“, antworte ich widerwillig und merke wie meine Stimme an Kraft verliert. Dieses Arschloch macht mich fertig. Ich lasse mich von einem Teenager verarschen. Wie tief bin ich gesunken?Dante begleitet mich zur Haustür und schubst mich mit einem „Husch, husch“ aus dem Haus. Zum Abschied winkt er mich nochmals zu und ich steige niedergeschlagen in mein Auto.
Kaum losgefahren klingelt mein Handy und ich sehe Dantes Telefonnummer auf dem Display aufleuchten. Seine verfickte Telefonnummer hat sich bereits in mein Gedächtnis gebrannt. Genervt drücke in den Anruf weg und trete auf das Gaspedal. Nix wie weg hier. Dieser verdammte Wichser. Ich schalte das Radio ein und höre mir den neusten Hit von Avatar – Paint me Red an. Leise singe ich den Refrain mit, um mich abzureagieren. Reiss dich zusammen, Nathan.
Als ich von der Autobahn runterfahre, klingelt das Dreckstelefon schon wieder und ich halte auf einem Parkplatz von einem Supermarkt an und nehme den Anruf entgegen. „Naaaaaaaaaathaaaan!“ flötet Dante in mein Ohr und meine Nackenhaare stellen sich automatisch auf. „freuen Sie sich meine Stimme zu hören? Wissen Sie noch was ich Ihnen über das Internet erzählt habe? Tja, mein Freund das Internet hat mir gerade zugeflüstert, dass Sie aktuell gar keine 100‘000 Euro auf Ihrem Konto haben. Aber keine Sorge, wir finden bestimmt eine Lösung. Überweisen Sie mir heute, lass mich überlegen, wie wäre es mit 3‘000 Euro auf mein Konto? Ich schick Ihnen die Daten per Mail.“ Ehe ich etwas erwidern kann, hat Dante bereits aufgelegt. Ich überlege das Handy aus dem Fenster zu werfen und dreimal darüber zu fahren, nach dem Motto der ein-Männlein-steht-im-Walde-Parodie *ein Dante steht in Walde ganz still und stumm, da kommt Nathan mit einem Panzer und fährt ihn um, ei das macht dem Nathan Spass, Rückwärtsgang und nochmals Gas, ein Dante liegt im Walde ganz still und tot*, verwerfe aber den Gedanken so schnell wieder wie er gekommen ist, als ich die angekündigte Mail von Dante erhalte.
Unter seiner Kontoverbindung ist ein Gif. angehängt von einem Schwanz dessen Eier mit einem Hammer bearbeitet werden. Geschmackloser, kranker Teeniebastard. Wir werden sehen, wessen Eier am Ende zerquetscht werden. Irgendwo in Dantes „düsterem diabolischen Plan“ muss es einen Schwachpunkt geben, eine Lücke, ein Weg in die Freiheit für mich und einer direkt für ihn in den Knast. Dort wo Abschaum wie er hingehört.Zuhause angekommen, werfe ich nochmals einen Blick auf mein Handy und steige ich aus dem Auto aus. Ein bestialischer Gestank steigt mir in die Nase und ich höre eine Frau um Ihr Leben schreien. Ich drehe mich um und sehe wie im Park gegenüber ein Teenager ebenfalls laut brüllend gerade auf die Stadtverrückte einprügelt. Ein anderer versucht verzweifelt diesen von der Frau runter zu reissen. Ich hasse Teenager, machen nur Ärger. Kopfschüttelnd stampfe ich die Treppen hinauf in mein Appartement und knalle die Tür hinter mir zu.
Die ältere Dame, die in der Wohnung nebenan wohnt, flucht lautstark über den von mir produzierten Lärm, aber das ist mir nach dieser „Bettgeschichte mit bitterem Beigeschmack“ egal. Heute gebe ich ein Fick auf Gute-Nachbarschaft. Außerdem hatte ich nach den Haferkeksen, die Sie mir letzte Woche gebacken hat, fürchterliche Bauchschmerzen, diese alte Hexe. Geschweige denn hätte ich mich über ein kühles Bier oder einen saftigen Braten mehr gefreut. Mein Bauch fängt automatisch an laut zu knurren und ich wundere mich, wie ich nach dem, was gerade eben passiert ist, überhaupt Hunger verspüren kann.Im Gefrierschrank finde ich eine Pizza und schiebe sie in den Ofen. Angespannt marschiere ich vor dem Ofen auf und ab. Plan A: Ich überweise Vampirscherzkeks das Geld und riskiere, dass er mich danach immer noch in der Hand hat und immer wieder erpressen kann. Plan B: Ich verpfeife ihn bei der Polizei und komme selbst hinter Gitter, weil ich ein Kind vergewaltigt habe. Oder zählt die Vergewaltigung nicht, weil ich mir dieser nicht bewusst war und schon gar nicht damit gerechnet habe, dass ich ein Kind ficke? Zu viel Risiko und ich kann es nicht beweisen. Plan C: Ich bringe ihn um. Kein schlechter Plan, wenn man bedenkt was für ein unglaubliches Arschloch er ist. Die Welt wäre besser ohne ihn dran. Plan D: Ich rufe Letizia an und frage sie um Rat. Mist, nach nur einem Monat Trennung tanze ich wieder bei ihr an und dann gleich mit sowas. Adieu Stolz, Adieu Eier, Adieu alles-was-noch-von-dem-alten-Nathan-übrig-ist. Ich wähle definitiv Plan D.
Der Ofen piept und reißt mich aus meinen Gedanken. Die Pizza riecht göttlich. Ich nehme sie aus dem Ofen, lege sie auf einen Teller und fische mein Handy aus der Hosentasche. Auf dem Weg zur Couch wähle ich Letizias Telefonnummer. Das Piepgeräusch dröhnt in meinen Ohren und ich spüre wie jedes weitere Piep meinen Puls in die Höhe treibt. Wie erklärt man seiner Exfrau am besten, dass man gerade von einem Teenievampir aufs Kreuz gelegt worden ist und ein geistig behindertes Kind gefickt hat? Gibt es für sowas überhaupt die passenden Worte? „Hallo, hier spricht der automatische Anrufbeantworter von Ralf Hemingway und Letizia Ravioli. Wir sind gerade nicht erreichbar. Hey Nathan, falls du es bist, ich ficke gerade deine Frau, bitte hinterlassen Sie ihre Nachricht nach dem Piep! – Piep!“
Das Handy fliegt auf die Couch. Bin ich heute nur von Arschlöchern umgeben? Ich beiße die Zähne zusammen. Mein Appetit hat sich verabschiedet. Die Pizza landet im Abfalleimer und ich wünschte ich könnte mich mit ihr entsorgen. Einfach in den Müllbeutel springen, Donnerstag abgeholt werden und auf der Deponie mit all dem anderen Müll und kaputten Zeug landen und friedlich vor mich hinvegetieren bis ich schlussendlich nur noch …mein Handy vibriert und auf dem Display leuchtet Letizias Nummer auf.
„Hallo? Letizia?“ „Nein Ralf, na Nathan, was geht so bei dir? Wie findest du meinen neuen Anrufbeantworter?“ Er kichert. „Super, kann ich Letizia sprechen?“ Ich versuche mir nichts anmerken zu lassen. Diesen Sieg gönne ich ihm nicht. Ein bisschen Stolz steckt doch noch in mir. „Sie ist auf Shoppingtour in den Malediven mit Jasmin.“ „Dein Anrufbeantworter meinte gerade noch etwas anderes. Mit 100-Katzen-Jasmin? Hah, lass mich raten, du musst die Viecher nun füttern“ Ein Grummeln ist am anderen Ende der Leitung zu hören und in mir jubelt es. „Warum rufst du an?“ fragt Ralf. Ich überlege kurz, stelle fest, dass ich verzweifelt genug bin und erzähle ihm alles von Anfang an. „Alter…“ er schluckt. „Ouh fuck. Shit. Warum holst du dir nicht wie jeder andere Kerl eine vom Strich, wenn du deprimiert bist?“ „Du glaubst mir also?“ „Selbstverständlich, du bist ein Idiot, aber kein Kinderficker, was machst du jetzt?“ „Ich habe an einen Strick gedacht…“ witzele ich. „Spinnst du?! Wir treffen uns morgen Abend bei Katzen-Jasmins-Haus. Du hilfst mir beim Scheisse wegmachen, wir trinken Bier und schmieden einen Plan zur Vernichtung Vlad Teenculas. Gute alte Zeiten. Aaaaalter, fuck, endlich passiert mal was hier!“ Obwohl er meine Frau gevögelt und ausgespannt hat, muss ich mir gestehen, dass ich sehr froh darüber bin, dass er mir in dieser misslichen Lage beisteht. So wie es aussieht, sind wir jetzt wieder „Freunde“.
Ich bemerke erst, dass ich auf dem Sofa eingeschlafen bin, als eine SMS von Dante mich aus meinem Traum reißt. Das Sofa fühlt sich nass unter mir an. Erleichtert stelle ich mit einem Blick zwischen meine Beine fest, dass es sich bei der Flüssigkeit nur um meinen Schweiß handelt, was zwar auch nicht sehr angenehm ist, aber nicht ganz so abstoßend, wie in der eigenen Pisse aufzuwachen. Mit zugekniffenen Augen starre ich auf das Display und versuche mich an die Helligkeit zu gewöhnen. „13 Uhr, beim Haus, heute. Ich freue mich auf Sie Nathan“, steht in der SMS. Die Uhr auf meinem Handy zeigt bereits 11:30 an. Verdammt. Genervt darüber, dass ich mich wegen diesem Arschloch auch noch beeilen muss, haste ich ins Bad und Dusche den Schweiß von meinem Körper. Dante pfeift und Nathan kommt wie ein braver Hund angerannt – Wuff –Wuff –Hechel –Hechel.
Dante steht bereits vor dem Haus mit den vielen Türen im Inneren und winkt mir zu, als ich in die Einfahrt einbiege. Dieses Arschloch. Ich steige aus und gehe erhobenen Hauptes auf ihn zu. „Guten Morgen Nathan, haben Sie gut geschlafen? Bitte folgen Sie mir doch, das Haus kennen Sie ja bereits.“ Ohne meine Antwort abzuwarten geht er ins Haus. Widerwillig folge ich ihm in ein Wohnzimmer, das mir beim letzten Mal gar nicht aufgefallen ist. In der Mitte des Raumes stehen drei rote Plüschsofas um einen antiken Mahagoni Couchtisch. Er setzt sich auf das Sofa in der Mitte und deutet mir auf dem linken Platz zu nehmen, direkt gegenüber von Emily, die auf dem rechten Sofa sitzt. Ich mustere sie. Sie trägt ein weißes Kleid und starrt geistesabwesend auf den Tisch. Ihre Lippen sind geöffnet und ein bisschen Sabber tropft auf Ihr Dekolleté. Das arme Mädchen scheint total verstört zu sein. Prompt kommt mir die Galle hoch und ich ekel mich vor mir selbst und schäme mich für das, was ich ihr gestern angetan habe.Dante gießt sich eine Tasse Tee ein und lehnt sich zurück. „Nathan, schön dass Sie gekommen sind. Emily und ich sind hocherfreut!“ flötet er. „Winken Sie Emily mal zu!“ Ich starre Nathan an und verschränke meine Arme vor der Brust. *Nicht? Wie unhöflich von Ihnen Nathan.“ Er schüttelt mit dem Kopf, dreht sich zu Emily und winkt ihr zu. Sie schaut auf, kichert und winkt energisch mit weit hochgezogenen Mundwinkel zurück. Okay. Gruselig. „Sehen Sie Nathan, sie freut sich!“ er zwinkert mir zu und zeigt mit seiner linken Hand auf die Blumen auf dem Couchtisch. „Die habe ich für Emily von Ihrem Geld gekauft. Sind sie nicht bildhübsch?“ Die weißen Tulpen auf dem Tisch sind mir vorher gar nicht aufgefallen. „Wunderschön“, murmle ich und starre weiterhin die abstrakt grinsende Emily an. Oh Gott, dieses Mädchen habe ich gefickt.
Plötzlich schnappt Emily eine Tulpe aus der Vase und steckt sie sich in den Mund und kaut gierig darauf rum. Als sie sieht, wie ich sie mit weit aufgerissenen Augen beobachte, angelt sie mit der anderen Hand eine weitere Tulpe aus der Vase und streckt sie mir fröhlich entgegen. Perplex nehme ich die Blume an, schlucke schwer, aber nicke ihr dennoch dankend zu. „Braves Mädchen“, kichert Dante, der die Szenerie verfolgt hat.Bin ich hier in einer Freakshow gelandet? „Arschloch, wo sind eigentlich deine Eltern?“ frage ich und werfe ihm einen strengen Blick zu. Er erwidert meinen Blick und kichert. „Aber die Blumen sind selbstverständlich nicht das Einzige was ich gekauft habe. Hasso?“ Dantes schriller Pfiff hallt durch den kleinen Raum und ein schwarzer Pitbull kommt aus dem Zimmer gegenüber angerannt und nimmt neben Dante auf der Couch Platz. „Ist er nicht drollig? Diesen habe ich mir zugelegt, da Sie es ja bevorzugen, mich zu würgen, anstatt eine anständige Diskussion mit mir zu führen.“ Er seufzt theatralisch und streichelt über den Kopf des Hundes, dieser wedelt eifrig und mustert mich dabei abschätzend. „Das ist ein Scherz oder?“ Hasso und Dante starren mich beide mit großen Augen an und legen den Kopf schief. Dieser Köter hat er bestimmt nicht erst seit gestern. Die sind definitiv ein eingespieltes Team. Dreckiger Lügner.
„Im Ernst, wo sind deine Eltern? Wissen sie was du hier abziehst?“ „Darf ich Sie nochmal auf die Kameras hinweisen, die überall, auch hier im Wohnzimmer, verteilt sind?“ Dante zwinkert mir erneut zu. Seine Zwinkerei geht mir schon seit ich ihn das erste Mal gesehen habe, höllisch auf die Nerven aber ich versuche es mir so gut wie es geht, nicht anmerken zu lassen. Meine Augen suchen den Raum ab. Drei Kameras, alle auf die Mitte des Wohnzimmers gerichtet. Wer schaut hier wohl zu? Da kommt mir noch ein Gedanke. Was ist, wenn das Live übertragen wird? Was ist, wenn das alles Teil einer abgefuckten Show ist? Ein Zirkus und ich bin der Löwe im Gitterkäfig, der von Dompteur Dante mit einem silbernen Stab permanent in die Hüfte gepikst wird?„Sprechen wir über das Geschäft.“, fährt Dante fort. „Wir haben ja bereits festgestellt, dass Sie die 100‘000 Euro Schweigegeld nicht bezahlen können. Aber da wir sozusagen unter einer Decke stecken, habe ich folgenden Vorschlag. Wir werden Geschäftspartner! Hört sich das nicht phänomenal an?“ Er holt mit seinen Armen aus und erhebt sich vom Sofa. Hasso springt ebenfalls vom Sofa und legt sich vor Emilys Füße.
„Sie“, Dante zeigt mit seinem Finger auf mich „arbeiten Ihre Schulden bei mir ab!“ Seine Mundwinkel ziehen sich nach oben, während meine nervös anfangen zu zucken. „Sie fragen sich bestimmt wie? Habe ich recht?“ Im Laufschritt hastet er hinter das Sofa auf dem ich sitze und lehnt sich mit den Ellbogen auf der Rückenlehne ab. „Sie drehen noch einen Film für mich nach meinem Drehbuch, die Leute aus dem Deepweb lieben ihren, wie soll ich sagen, Fickstil“, flüstert er in mein Ohr und seine Lippen berühren mein Ohrläppchen. Ich zucke zusammen und ein eiskalter Schauder läuft mir über den Rücken. Plötzlich fängt Emily an begeistert zu klatschen. Panik, Unglauben und Wut steigen in mir auf und jedes Gefühl versucht die Überhand über meinen Körper zu erlangen. „Emily findet die Idee fantastisch!“ säuselt Dante und taucht hinter dem Sofa wieder auf. „Sie sind ja ganz blass im Gesicht? Geht es Ihnen nicht gut Nathan?“ Er mimt Besorgnis und legt seine Hand auf meine Schulter. „Da ich ja kein Unmensch bin, gebe ich Ihnen etwas Zeit Nathan, gehen Sie nach Hause und denken Sie über mein Angebot nach.“ Aus meiner Kehle kommt nichts außer ein halbherziges und kratziges „Ha, ha, ha…“
„So wortkarg kenne ich Sie ja gar nicht Nathan, wo ist Ihre Power hin? Husch husch, mein nächster Kunde wartet bereits“ Er macht mit seinen Händen eine wegwerfende Bewegung und ich erhebe mich mechanisch vom Sofa. Sein nächster Kunde? Hat der Möchtegernvampir wirklich „nächster Kunde“ gesagt? Das ist ein Anhaltspunkt! Großer Fehler Dante, großer Fehler. Ich erhebe mich vom Sofa und lasse mir meinen Hoffnungsschimmer nicht anmerken. Gespielt geknickt dackle ich auf die Haustür zu und steige in mein Auto. Dante winkt mir zum Abschied nochmals zu. Wiege dich bloß in Sicherheit Arschloch, bald geht es dir an den Kragen. Die Musik dröhnt aus dem Lautsprecher meines Autos, während ich über die Autobahn rase. Darauf hole ich heute mir einen runter. Jasmin, ich komme.
Kaum zuhause angekommen setze ich mich an den Computer. Jasmin ist schnell einsatzfähig gemacht und meine Finger klicken voller Vorfreude die Favoritenliste meines Internetexplorers durch. Was nehme ich denn zur Feier des Tages? Lesben? SM oder doch lieber meinen Lieblingsporno mit der hübschen Brünette und der Duschbrause? Das Filmchen passt eigentlich immer. Als ich auf den „Play-Button“ drücken will, signalisiert mir Outlook, dass ich eine neue Mail habe. Meine Mundwinkel tun es meiner Erektion gleich. Mit einem Gesicht wie drei-Tage-Regenwetter starre ich auf den Absender der Mail. Sie ist von Dante mit dem Betreff: ‚Fanpost‘. Zögerlich klicke ich auf ‚Öffnen‘.
„Guten Abend Nathan. Ich hoffe Sie sind gut nach Hause gekommen. Um Ihnen mein Angebot noch schmackhafter zu machen, gewähre ich Ihnen einen kleinen Einblick in ihre ‚Fanpost‘. Die Leute lieben Sie und wollen mehr von Ihnen sehen, Nathan. Sie sind ein richtiges Naturtalent! Mein persönlicher Favorit ist selbstverständlich der zweite Kommentar, der riecht nach Geld, ich mag das!“
Unter seinen Zeilen ist ein Screenshot angehängt. Mit weit aufgerissenen Augen lese ich die ersten paar Kommentare.
‚Oh ja, fick sie bis sie blutet!‘ ‚Ramm ihr das Messer in die Fotze!‘ ‚Bring sie um‘ ‚ Schneid ihr die Kehle auf und steck deinen Schwanz rein‘ ‚ich liebe deinen Fickstil!‘ …
Ich schlucke und bemerke wie meine Finger anfangen vor Wut zu zittern. Diese widerlichen Bastarde geilen sich daran auf wie ich ein Kind ficke und feiern es. In was für einer absurden Welt leben wir? Angewidert über Dante und seine Jünger drücke ich auf den ‚Antworten-Button und schreibe:
„ICH FICKE KEINE KINDER, schieben Sie sich Ihr Angebot sonst wohin“.
Ich werfe einen Blick zu Jasmin und schüttle den Kopf. Wird heute nichts mit uns beiden, Süße. Keine zwei Minuten später erhalte ich die Antwort von Dante auf mein Mail:
"Sie Scherzkeks, natürlich tun Sie das!"
… Verfluchter Bastard.
Pünktlich um 19 Uhr stehe ich vor Katzen-Jasmins „Hütte“. Warum habe ich eigentlich meine Taschenmuschi nach der besten Freundin meiner Exfrau benannt? Ehe ich mir eine Antwort darauf geben kann, reißt Ralf bereits verschwitzt die Tür auf. „Endlich! Die Muschis rauben mir noch den letzten Nerv. Irgendeine von den Bestien hat nicht ins Katzenklo geschissen und ich finde diesen verfluchten Haufen nicht. Es stinkt bestialisch!“ Ich lache und wir begrüßen uns so wie früher mit einem ordentlichen Händedruck, gefolgt von einer Faust in die Rippe. „Kenne ich, ich habe oft auf Jasmins Katzen aufpassen müssen, wenn sie mal wieder mit einem ihrer Lover auf Kreuzfahrt war. Hast du bereits unter dem Bett gesucht?“ „Unter dem Bett? Du bist meine Rettung. Los, komm rein, Bier ist bereits kaltgestellt.
Sport läuft.“Als wir den Scheisshaufen beseitigt und bereits ein paar Bier intus haben, erzähle ich Ralf von dem Treffen mit Dante und seiner gruseligen Schwester. Er hört mir gebannt zu. „Alter,… und die hast du gefickt?“ er nimmt nochmals ein Schluck von seinem Bier. Ich nicke. „Heftig. Aber hey, immerhin wissen wir jetzt, dass du nicht der einzige Vollidiot bist, der auf Vlad-Teenculas miese Intrigen reingefallen ist.“ „Toller Trost, aber du hast Recht. Wie nutzen wir das? Hast du einen Vorschlag?“ Ralf kratzt sich über die Stirn. „Du hast dich doch auf so einem Dating-Portal angemeldet oder? Was ist, wenn ich mich ebenfalls auf dem Dating-Portal anmelde und diese Bibi anschreibe? “ „Daran habe ich auch schon gedacht. So können wir dem Mistkerl eine Falle stellen! Hast du deinen Laptop dabei?“ Euphorisch kippe ich den Rest von meinem Bier herunter und schaue Ralf erwartungsvoll an. „Alter, wer braucht schon Laptops, wenn es Smartphones gibt?“ Ich zeige mit dem Finger auf Ralf und nicke eifrig. „Stimmt du hast Recht!“ „Nathan, du bist ein Idiot! Schön, dass wir wieder zusammen abhängen können, auf die gute alte Zeit!“, lacht er und ich lache mit ihm.
Er kramt sein Handy aus seiner Lederjacke hervor und wir erstellen ein ähnliches Profil, wie das, was ich damals erstellt habe. Sobald alle Katzen versorgt sind, fahren wir ziemlich angetrunken zu mir und holen uns auf dem Weg Tortillas und Chili vom Mexikaner gegenüber. Männerabend. Bier, Chili und Fußball. „Gute alte Zeit“. Als Ralf neben mir auf der Couch ins Delirium fällt, schalte ich den Fernseher aus und lehne mich zurück. Dabei stelle ich fest, dass ich schon lange nicht mehr auf mein Handy geschaut habe. Ich checke Facebook, lese ein paar Tweets auf Twitter und lade meine Mailbox. Prompt taucht eine neue Mail von Dante mit dem Betreff „du Schlingel“ auf. Schwer schluckend öffne ich die Mail und sehe den altbekannten Schwanz, der vom Hammer attackiert wird. Darunter steht in roter Comic-Sans-Schrift: „Netter Versuch Nathan. Haben Sie Ihre Power wieder gefunden? Das freut mich sehr für Sie! Erinnern Sie sich, was ich Ihnen über das Internet gesagt habe? Es hat mir ALLES über Sie erzählt. Bitte überweisen Sie mir als wieder Gutmachung weitere 3‘000 Euro auf mein Konto.“ Darunter ist ein Screenshot von Ralfs Dating Profil eingefügt.
Fuck, dieser Bastard hat uns erwischt. Angepisst und mit ordentlich Alkohol im Blut erhebe ich mich schwankend vom Sofa und werfe mein Handy gegen die Wand. Ralf wacht auf und reibt sich die Augen. „Alter bist du wahnsinnig? Was ist los?“ Das Handy zerspringt in seine Einzelteile. Ralfs Augen verfolgen mich, als ich auf die Überreste meines Handys zusteuere und anfange hysterisch darauf rumzutrampeln. „Ey, hör doch auf!“, lallt er, steht auf, packt mich an der Schulter und zieht mich von meinem Handy runter. „Erzähl mir mal was los ist Nath.“ Er klopft mir auf die Schulter und ich breche wie ein kleines Mädchen in Tränen aus. Dass mir die ganze Sache so nahe geht, überrascht mich in diesem Augenblick sogar selbst. „Er hat uns erwischt, Mann, er weiß, dass wir noch ein Dating Profil erstellt haben. Er weiß alles. Er kennt sogar dich!“ schluchze ich und wische meine Tränen an seinem Hemd ab. „Der Ficker kennt mich? Wie?“ Ich schaue ihm in die Augen, schüttle den Kopf und murmle: „ Internet...“ „Internet? Ist das etwa ein Hacker? Davon habe ich mal was im Fernsehen gehört. Letizia schaut doch so gerne Krimis.“ Als ihr Name fällt, flenne ich wieder los und sacke in die Knie. „Sorry Alter. Hey, Kopf hoch, wir finden eine andere und bessere Lösung.“ Er geht neben mir in die Hocke und streicht mir mit seinen Pranken zögerlich über den Rücken. Raue Männerhände. In diesem Moment fühle ich mich schwach, schwach und etwas schwul.
Wir verharren so für eine Weile als plötzlich Ralfs Worte ‚Letizia schaut doch so gerne Krimis‘ wieder durch meinen Kopf hallen und da kommt mir eine Idee. Hastig stehe ich auf, verpasse Ralf ausversehen einen Kinnhaken und balle meine Fäuste. „Ich hab’s!“ Ralf reibt sich grimmig die Nase und wirft einen Blick auf seine Hände, um zu überprüfen, ob Blut an ihnen klebt. „Wir observieren diesen Wichser!“ fahre ich energisch fort. „Wir besorgen uns ein Auto, das Dante bestimmt nicht kennt und patrouillieren unauffällig vor seinem Haus, bis der Penner einen Fehler macht! Und jeder macht einmal einen Fehler! Habe ich Recht?“ Ralf nickt und kommt ins Schwanken. „Alter, mir geht’s gar nicht gut, ich glaube ich habe zu viel gesoffen. Ich gehe nach Hause.“ Gemeinsam torkeln wir zur Tür und verabschieden uns. Ein Blick zur Uhr verrät mir, dass es bereits 2 Uhr morgens ist. Fuck. Kurz Zähneputzen und ab ins Bett Rausch ausschlafen. Nathan Over and Out.Mein Wecker klingelt und fliegt nach dem dritten Mal Wecken gegen die Wand. Stirb, du Ausgeburt der Hölle! Dämlicher Apparat. Ich drehe mich nochmals im Bett um und ziehe mir die Decke übers Gesicht. Ralf meint Dante könnte ein Hacker sein.
Die Idee ist gar nicht so abwegig. Letizias Cousin hat sich vor 5 Jahren einmal in die Datenbank seiner Schule gehackt um Lösungen für die Abschlussprüfungen zu stehlen und diese dann auf dem Schulhof zu verkaufen. Raffinierter Bursche. Ob Larry sich auch in Dantes Computer hacken kann? Er könnte das Video löschen und Dante hätte kein Druckmittel mehr gegen mich. Das ist die Idee! Ich werfe die Decke von Bett, stehe auf und renne mangels Handy zum Haustelefon. Gott sei Dank habe ich das Teil nach Letizias Auszug noch nicht abbestellt. Beim Telefon angekommen, stelle ich fest, dass ich seine Nummer gar nicht auswendig kenne. Verdammt! Vielleicht steht sie im Adressbuch. Ich hole das alte Ding aus der Schublade und finde auf Anhieb die Nummer seiner Eltern und rufe dort an.
Nach dem dritten Klingeln geht seine Mutter ran. Zu meinem Glück wohnt er sogar noch zuhause. „Hallo, Larry hier?“ Seine Stimme klingt müde und etwas gelangweilt. „Hi Larry, hier ist Nathan.“ „Nathan?“ „Der Freund, äh, Exfreund von deiner Cousine Letizia“ „Oh, hallo Nath, na wie geht’s?“ „Ganz gut, hey, kann ich dich um einen Gefallen bitten? Kannst du dich in einen Computer für mich hacken? Ich brauche ein paar … ähh… Daten für die Arbeit “ lüge ich und kaue nervös auf meinem Daumen rum. „Für die Arbeit? Arbeitest du immer noch bei den Bullen? Habt ihr dort nicht selbst Leute, die das können?“ Oh shit, ich kann ihm nicht die Wahrheit erzählen, geschweige denn arbeite ich schon lange nicht mehr bei der Polizei. „Ähm, doch selbstverständlich. Aber es ist aktuell noch ein Undercover-Fall“ Bitte stell keine Fragen, bitte stell keine Fragen. „Undercover-Fall? Hast du die IP von der Person oder irgendwas anderes für mich, einen Mailverkehr vielleicht? Am besten ich komm kurz vorbei.“ Vorbeikommen? Nein! Die Mails von Dante kann ich ihm nicht zeigen, sonst verrate ich mich und liefere ich mich Larry ans Messer.
Da kommt mir eine andere Idee. Wenn ich das Video nicht löschen kann, dann brauche ich ein Druckmittel gegen Dante, am besten etwas, womit ich ihn erpressen oder noch besser ihn an die Polizei ausliefern kann. „Ähh nein du kannst nicht vorbeikommen, ich habe … ähh… Schimmel in der Wohnung. Ausserdem ist mein Computer in der Reparatur. Hey kennst du dieses Deepweb?“ „Klar, kenne ich das Deepweb“ „Kannst du dort etwas für mich suchen?“ Er lacht. „Klar“ „Das muss aber unter uns bleiben. Verstanden?“ „Klar, 500 Euro und ich schweige wie ein Grab.“ Warum wollen eigentlich alle mein Geld? „Schick mir alles was du dort über einen gewissen Dante alias ‚Dante Investigations‘ findest“ „Klar, wohnst du immer noch an der gleichen Adresse wie früher?“ „Ja, hast was gut bei mir Larry!“ Jackpot. Hoffentlich findet er was.
Gegen 12 Uhr mittags fahren Ralf und ich bei seiner Oma vorbei, essen Braten und trinken ein Bier. Wir tauschen Ralfs Auto gegen ihre alte Klapperkiste aus und machen uns damit auf den Weg in den Kostümladen um die Ecke. Ralf besteht darauf, dass wir uns Fake-Schnauzer, Perücken und Sonnenbrillen besorgen. Er ist der Meinung desto mehr wir aussehen wie schäbige Drogendealer, desto weniger fallen wir auf, wenn wir permanent mit dem Auto auf dem gleichen Fleck parken. Immer mehr habe ich die Vermutung, dass Ralf die Sache nicht ernst nimmt. Aber traue mich nicht, ihn darauf anzusprechen. Ohne ich bin ich allein gegen Dantes Imperium. Ralf, mein letzter Strohhalm. Ein stilles Gebet zu Gott. Bitte, lass es kein Fehler sein, ihm zu vertrauen.Ralf zupft fröhlich an seinem neuen Schnauzer rum und begutachtet sich im Rückspiegel vom Auto, während er den Motor startet. Ich verdrehe die Augen und gebe Dantes Adresse in das Navi ein. Ein Wunder, dass das Navi überhaupt kompatibel ist mit der Schrottkiste von Ralfs Oma. Aber Feueranzünder bleibt Feueranzünder, egal welcher Jahrgang das Auto hat.
Wir sind schon einige Kilometer unterwegs als Ralfs Stimme die Stille durchbricht. „Ey, die Bullen sind hinter uns.“ Er zupft sich den Bart zurecht. „Ernsthaft? Wo?“ Schockiert drehe ich mich um und erblicke ebenfalls das Polizeiauto. „Shit! Und wir sehen aus wie verdammte Drogendealer, tolle Idee Kumpel“ Nervös rutsche ich auf dem Autositz hin und her und werfe immer wieder einen panischen Blick in den Rückspiegel „Keine Panik, falls sie uns anhalten, gehen wir an eine Kostümparty zu einem Kumpel“, versucht Ralf mich zu beruhigen. Ich atme langsam ein und seufze. Beruhig dich Nathan. Alles wird gut. Soviel Unglück kann eine Person allein doch nicht haben. „Wie lange fahren die schon hinter uns her?“ „Bereits eine Weile.“ Sein Tonfall ist ruhig und ich fühle mich in meiner Vermutung bestätigt, dass er die Sache überhaupt nicht ernst nimmt. „Und das sagst du mir erst jetzt?!“ brülle ich ihn an und er zuckt lediglich mit den Schultern. Das ist alles nur ein Spiel für ihn. Ich bin sowas von gearscht.Die Bullen schalten den Blinker an und fahren langsam an uns vorbei. Beim Vorbeifahren mustert uns der dickere von beiden abschätzend und schiebt sich in Slow-Motion den Donut weiter in den Mund. Ralf nickt ihm zu und ich zwinge mich ebenfalls zu einem Lächeln. Der Kopf des Beamten dreht sich wieder in Richtung der Straße und ich seufze erleichtert auf. „Siehst du, alles in Ordnung. Ein Kinderspiel!“, grinst Ralf und ich verberge meine zuckende Faust unter meinem Oberschenkel.
Nach knapp einer Stunde kommen wir vor Dantes Haus an und suchen uns einen geeigneten Ort zum „Parken und Beobachten“. Ralf entscheidet sich für einen Parkplatz hinter einer Buschreihe direkt beim Nachbarshaus. Ich reiche Ralf eine Cola und wir lehnen uns beide in den Stuhl zurück und starren auf Dantes Villa-der-Qualen.Zwei Stunden vergehen ohne ein Ereignis. Ralf holt eine Packung Zigaretten aus seiner Jackentasche, lässt das Fenster herunter und zündet sich einen Glimmstängel an. „Ich dachte du hast aufgehört zu rauchen?“
„Ich habe aufgehört, aufzuhören mit dem Rauchen“ brummelt er und streckt mir die Packung entgegen. Ich nehme mir ebenfalls eine, halte sie unter die Flamme seines Feuerzeugs und stecke sie mir in den Mund. Eine Joggerin in engen pinken Shorts und einem noch engeren weißen Top joggt an uns vorbei. Ralf lässt seine Sonnenbrille auf die Nasenspitze fallen und meine Augen weiten sich ebenfalls bei dem Anblick dieses Prachthinterteils. „Wow, scharfe Nachbarn hat Vlad Teencula hier, ehm willst du eventuell deine Frau wieder zurück?“, er lacht und kassiert prompt einen Seitenhieb von mir. „Fick dich, Ralf.“ „ich mache doch nur Spaß Kumpel!“ Plötzlich geht die Haustür auf und Dante spaziert aus der Eingangstür und bleibt vor dem Haus stehen. „Das ist er! Das ist Dante!“ flüstere ich Ralf zu. „Ganz schön hässlich der Bursche.“, witzelt er. Dante streckt sich und zündet sich eine Zigarette an. „Hah, einer von uns“ Ralf zieht ebenfalls an seiner Zigarette. Mehr als ein Knurren gebe ich nicht von mir. Dante dreht sich in unsere Richtung und winkt. „Fuck hat er uns etwa gesehen?“, fluche ich leise. Ralf und ich sinken gleichzeitig in den Sitz und versuchen uns unter der Armatur vom Auto zu verstecken. „Verdammt, winkt er immer noch?“ „Keine Ahnung ich sehe nichts“ Vorsichtig richte ich mich auf und versuche aus dem Fenster zu schielen.
In dem Moment läuft ein Mann an unserem Auto vorbei und steuert direkt auf Dante zu. Dante verbeugt sich und bittet den Mann ins Haus. „Ey, da ist so ein Kerl zu ihm ins Haus, vielleicht ein weiterer ‚Kunde‘“, teile ich Ralf mit. „Echt? Gott sei Dank, ich dachte schon der winkt uns zu und unsere Tarnung ist aufgeflogen!“ „Ich auch Alter.“Ist dieser Kerl ein weiterer Löwe der zu Dompteur Dante in den Ring steigt? Ein Opfer so wie ich? Die Begrüßung zwischen Dante und dem Kerl war ähnlich wie bei meinem letzten Treffen mit ihm. Was geht in diesem Haus ab? Ist der Kerl auf Dantes Deal eingegangen und fickt gerade die gruselige Emily? So viele offene Fragen und keine Antworten. Ich wollte dieses Arschloch unbedingt auf frischer Tat ertappen ohne selbst im Knast zu landen, will ihn hängen sehen für das was, er mir und anderen antut. Das knallen einer Tür reißt mich aus meinen Gedanken. Der Kerl, der vorhin Dante ins Haus gefolgt ist, stürmt auf die Straße und schreit schmerzerfüllt um Hilfe. „Alter, fehlt dem Typ ein Arm?“ Ralfs Stimme bebt. Ein Arm? Ich starre aus dem Fenster und sehe es. Dort, wo eigentlich ein Arm hätte sein sollen, hängt nur noch ein blutiger Stummel aus dem Shirt des Mannes. Ralf ist kurz davor die Tür des Autos aufzureißen als ein Polizeiauto mit Sirene auf den Hausplatz eintrifft. Zwei Beamte steigen aus und ich erkenne sie sofort. Das sind die gleichen Bullen, die hinter uns auf der Autobahn waren. Der Eine, der den Donut gefressen hat, rennt zu dem panisch mit dem Stummelarm wedelnden Mann und der andere stürmt in das Haus. Ich bleibe wie angewurzelt sitzen und beobachte fassungslos das Geschehen.
Der Polizist, der ins Haus gerannt ist, kommt nach wenigen Minuten mit einem in Handschellen gelegten Dante aus dem Haus und verfrachtet ihn auf die Rückbank des Polizeiautos. Der Idiot wehrt sich nicht, er lässt sich ganz einfach ohne mit der Wimper zu zucken abführen. „Hast du das Hemd gesehen? Blutüberströmt. Dante hat dem Kerl den Arm abgetrennt. Shit, …stell dir vor du wärst der Kerl…“ Ralfs Stimme bricht und ich schlucke. Dante hat nie Anstalten gemacht mich körperlich zu verletzen. Emily stürmt aus dem Haus und rennt auf das Polizeiauto zu. Sie hämmert wie wild an das Fenster und brüllt hysterisch. Was geht hier ab?„Fahr los!“ Ralf reagiert nicht und wirkt wie in Trance. „Ralf, fahr los verdammt! Ich habe genug gesehen!“, schreie ich ihn an, packe ihn am Shirt und schüttle ihn, bis er endlich auf das Gaspedal tritt. Ein letzter Blick in den Rückspiegel und wir rasen davon.
Die ganze Fahrt über verliert keiner von uns ein Wort über das, was wir gerade gesehen haben. Ralf konzentriert sich auf dem Verkehr und ich versuche angestrengt den Stummelarm aus meinem Gedächtnis aus zu radieren. Eigentlich sollte ich mich über den Sieg freuen. Dante ist im Knast und ich muss mich nicht mehr vor ihm fürchten. Aber ich bin wie paralysiert. Es hätte genauso gut mich treffen können. Dante hätte mir den Arm abhacken können…“Wir sind da“ unterbricht Ralf meine Gedanken und ich nicke ihm zu. „Danke Mann, danke für alles.“ Ich lege meine Hand auf seine Schulter und drücke sanft zu. Er schaut mich nicht an aber das ist in Ordnung, ich kann mir ungefähr vorstellen, was in ihm vorgeht. Er hat das alles für ein Spiel gehalten. Du hast dich leider getäuscht mein Freund. „Nichts zu danken, Nath“. Kaum bin ich ausgestiegen, fährt er weiter.
Nachdenklich schlendere ich die Treppen zu meiner Wohnung hinauf. Oben angekommen schliesse ich mechanisch die Tür auf, lasse mich auf das Sofa fallen und fange an hysterisch zu lachen. Die ganze Last fällt innerhalb wenigen Sekunden von mir. Die Folter vorbei ist. Sieg, verdammt! Das Arschloch ist hinter Gitter, ich bin frei! Scheiss auf den Stummelarmkerl, Scheiss auf Dante, Scheiss auf absolut alles. Ich hole mir eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank und tausche das Sofa gegen den Bürostuhl aus. Als mein Computer hochfährt, knipse ich die Lavalampe an. Hallo Freund. Na, schon lange nicht mehr gesehen. - Hallo Nathan, schön, das das Arschloch im Knast ist – aber Hallo, das kannst du laut sagen, Lavalampe!
Am nächsten Morgen klingelt es an der Tür und ich öffne gähnend, mit einem Kaffee in der Hand die Tür. „Guten Morgen Herr King. Ich habe ein eingeschriebenes Paket für Sie.“ Der Postbote lächelt mir freundlich zu und sucht in seiner Tasche nach einem Stift. Ein eingeschriebenes Paket? Merkwürdig. Ich unterschreibe die Empfangsbestätigung und nehme das graue Päckchen entgegen. Mit dem Fuß schließe ich die Tür und marschiere in die Küche. Was wohl in dem Paket drin ist? Ich stelle den Kaffee zur Seite und öffne es vorsichtig. Ein Brief fliegt mir entgegen. Er ist von Larry.
‚Hallo Nath, habe tatsächlich etwas gefunden, schau es dir nicht auf leeren Magen an, hoffe konnte dir weiterhelfen‘
Larry! Stimmt, den habe ich ja beauftragt das Deepweb nach Dante abzusuchen. Neugierig inspiziere ich den Inhalt des Pakets und eine CD kommt zum Vorschein. Will ich wirklich wissen was auf dieser CD ist? Eigentlich ist es doch jetzt vorbei… Egal, scheiss drauf. Ich gehe zu meinem Computer und schiebe die CD in das Laufwerk. Der Windows-Media-Player wird automatisch geöffnet und das Video abgespielt.
Es zeigt einen kleinen schwarzhaarigen Jungen, ungefähr 4 oder 5 Jahre alt. Er ist nur mit einem viel zu großen Männerhemd bekleidet und schaut traurig in die Kamera. Der Raum um ihn herum ist kahl und grau, wenig Licht. Weiter links von ihm im Hintergrund liegt eine Frau. Sie trägt ein weißes Kleid, das ihr bis knapp über die Knie geht mit einem roten Spritzmuster. Warte, ist das Blut? Die Qualität vom Video ist grauenhaft. Eine tiefe Männerstimme ist zu hören. „Hallo Dante.“ Dante? Ist der kleine Junge etwa Dante? Die Kamera ruckelt. Man sieht einen Mann von hinten, nur mit einer Shorts bekleidet. Er geht auf den Jungen zu und bindet ihm eine goldene Kette um den Hals mit einem Anhänger auf dem ‚Dante‘ steht. Der Junge rührt sich nicht. Der Mann verschwindet wieder hinter der Kamera. „Wink mal in die Kamera Dante, sag Hallo“ Der Junge schaut nervös auf den Boden und winkt zögerlich. „Dante, wo ist Mommy?“, fragt die Stimme. Die Augen des Jungen werden ganz feucht und er hebt seine linke Hand und zeigt auf die Frau im Hintergrund. Die Frau ist Dantes Mutter? „Braver Junge.“ Der Mann taucht wieder vor der Kamera auf und geht auf die Frau zu. Dann zieht er an einem Seil und der Körper der Frau richtet sich auf. Ein Strick ist um ihren Hals gebunden. Sie rührt sich nicht. Die Arme und Beine baumeln leblos umher. Der Torso der Frau ist übersät mit blutigen Schnitten. Sie ist definitiv tot. Dantes Mutter ist tot. Oh Gott, … Der kleine Junge steht immer noch wie angewurzelt an der gleichen Stelle und starrt in die Kamera. Der Mann geht auf Dante zu, geht in die Knie und packt ihn an den Schultern. „Hast du Daddy lieb?“, fragt er. Als der Junge nicht reagiert, schlägt er ihm ins Gesicht und stellt seine Frage nochmal. „Hast du Daddy lieb?“ Dante weint und nickt. Dann hört man ein Baby im Hintergrund schreien. Ist das Emily? Der Mann verschwindet. Dante bleibt immer noch mitten im Raum stehen. Das Hemd ist feucht zwischen seinen Beinen und unter ihm bildet sich eine Pfütze. Er hat sich vor Angst … meine Hände ballen sich zu Fäusten. Der Mann kommt wieder, schlägt Dante erneut ins Gesicht und zieht ihm das Hemd über den Kopf. „Hast du dich mal wieder bepisst?“ brüllt er und der kleine Dante schüttelt nackt und völlig verängstigt den Kopf. „Lüg mich nicht an, Bengel!“ Der Vater packt Dante an den Haaren und drückt sein Gesicht in die Pisse auf dem Boden. Der Junge schreit erbärmlich, dann zieht der Vater sich die Shorts bis zu den Knien runter und…
Ich kann nicht weiterschauen und drücke das Video weg. Verdammt, jetzt tut mir der Scheisskerl auch noch leid. Wie kann man das seinem eigenen Kind nur antun, kein Wunder ist sein Sohn ein gefühlskaltes Arschloch geworden. Mein Laptop gibt ein schrilles ‚Ding‘ von sich und signalisiert mir, dass ich eine neue Mail erhalten habe. Das ist bestimmt nur Werb… das Bier rutscht aus meiner Hand und die Flasche zersplittert in Tausend Teile auf dem Fußboden. Die Mail ist von Dante mit dem Betreff: ‚Wer anderen eine Grube gräbt…‘ Nervös schaue ich auf das Datum. Die Mail wurde vor einer Minute verschickt. Ist das ein Zufall? Ist die Mail automatisch verschickt worden und will ich wirklich wissen, was darinsteht? Schlussendlich siegt die Neugier doch über die Angst vor einem weiteren Rückschlag.
Anstelle des Gifs mit dem Schwanz und dem Hammer ziert jetzt ein neues Gif Dantes ‚Briefpapier‘. Es zeigt mein Gesicht neben Emilys, darüber eine Sprechblase mit dem Inhalt ‚Jetzt bist du mir ausgeliefert‘. Das Gif blinkt in allen Farben und löst automatisch Brechreiz in mir aus. Ich halte den Atem an und lese Dantes Zeilen.
„Hallo Nathan. Mit Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass ich so eben gerade ihr Konto geplündert habe. Das Geld steht mir schließlich sowieso zu, da Sie ja nicht auf mein Angebot eingehen wollten. Komisch, andere hätten das Angebot Kinder zu ficken mit Handkuss angenommen. Sie sind schon ein merkwürdiger Kauz. Außerdem muss ich Ihnen mitteilen, dass der Schnauzer absolut nicht Ihrer Gesichtsform schmeichelt. Es lässt Sie rundlicher wirken. Unser kleines gemeinsames Video versende ich an all Ihre Freunde, Bekannten und wer gibt es da noch, ach ja selbstverständlich auch an die Polizei. Es gibt für mich keinen Grund mehr, es nicht zu tun *Zwinkersmiley“ Sobald der Countdown abläuft, haben Sie nichts mehr, dass Sie verheimlichen müssen. Es ist mir eine Freude, Sie von dieser Last zu befreien. Leben Sie wohl, Nathan und lassen Sie unter gar keinen Umständen und niemals die Seife fallen. *Zwinkersmiley* PS: Unser ganzer Verkehr (hihi ist das nicht lustig? *Smiley* wird nach dem Lesen dieser Mail vernichtet. Nathan, haben Sie etwa die Pizza im Ofen vergessen?“
Meine Augen starren auf den Countdown und kalter Schweiß läuft mir über den Rücken. Dieses verdammte Arschloch blufft doch nur oder? Das ist ein Scherz, das muss ein Scherz sein. Dante wurde doch von den Polizisten abgeführt… 5, 4, 3, 2, 1…0.
Die Mail verschwindet von meinem Bildschirm. Ich beiße mir auf die Lippen und durchsuche meinen Papierkorb. Nichts. Kein einziges Mail von Dante. Angespannt öffne ich Facebook und überprüfe meinen Nachrichtenverlauf. Jeder meiner Freunde hat das Video von mir zugeschickt bekommen. Ich schreie und werfe meinen Schreibtisch um, trete in die Glassplitter der Bierflasche und brülle vor Schmerz noch lauter. Die Oma gegenüber fängt an zu fluchen und hämmert mit ihrem Besen gegen die Wand. Fick dich, Oma, provozier mich nicht. Wut und Verzweiflung übernehmen meinen Körper und ich stampfe hasserfüllt in die Küche, öffne den Ofen und schreie wieder als ich den abgetrennten Arm von dem Kerl, der in Dantes Haus gegangen ist, darin vorfinde. Dieser verdammte Mistkerl war in meiner Wohnung und will mir nun seinen Mord anhängen. Wahrscheinlich war die Verhaftung nur inszeniert. Und wir Vollidioten fallen auch noch darauf rein. Das Arschloch hat uns bestimmt gefilmt. Zwei mit Schnauzer maskierte Vollidioten, die in einem Schrottwagen wie Wahnsinnige vom Tatort davonrasen.
Hektisch renne ich in mein Schlafzimmer und hole den Revolver aus meinem Nachtisch. Das kann alles nicht wahr sein. Ich muss überprüfen, ob der Mistkerl wirklich nicht hinter Gittern ist, sonst drehe ich noch gänzlich durch.Ich steige in mein Auto und fahre ohne Halt und viel zu schnell los zu Dantes Haus. Die Musik ist so laut, dass meine Ohren anfangen zu schmerzen und ich würde mich nicht wundern, wenn Blut über mein Ohrläppchen tropft.
Vor Dantes Haus lege ich eine Vollbremsung hin, stürme aus dem Auto und… vor dem Hausplatz steht ein Schild mit der Aufschrift ‚zu Verkaufen‘ und darunter ist in roten Buchstaben ‚Dantes Investigations‘ darauf gekritzelt. Das ist nicht sein Ernst. Das Haus steht leer? Das Arschloch hat mich verarscht! Tränen steigen mir in die Augen. Das kann alles nicht wahr sein, das muss alles ein böser Albtraum sein… Ich kicke das Schild um und falle vor der Haustür auf die Knie. Der Lauf des Revolvers fühlt sich kühl in meinem Mund an. Ich bin kurz davor abzudrücken. Meinem Leben ein Ende zu setzen. Alle meine Freunde haben das Video gesehen, gesehen wie ich ein Kind ficke und sogar noch Spass dabei habe. Ich will nicht in den Knast. Warum passiert mir das…
Mein Finger schmiegt sich um den Abzug und,…
da entdecke ich einen Briefumschlag, der unter der Fussmatte heraus schaut. Ich lege den Revolver zur Seite und öffne den Brief.
‚Hallo Nathan, eine letzte Chance gebe ich Ihnen noch. In diesem Umschlag finden Sie ein Flugticket nach Mexico, nehmen Sie den nächsten Flieger und werden Sie mein Geschäftspartner, wir beide gegen den Rest der Welt! Geben Sie zu, Kinderficken ist immer noch besser als im Knast versauern. Nicht wahr?
PS: Winken Sie mal in die Kamera!‘
Ich nehme das Flugticket aus dem Umschlag und schaue direkt in die Kamera, die über der Haustür hängt, und grinse.